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NFL-Start 2023: Wer Mahomes und die Chiefs stürzen will

Großer Favoritenkreis in der neuen Saison im American Football

Aufstand gegen den König: Wie der Rest der NFL Mahomes und die Chiefs stürzen will

Wenn er kommt, dann raucht es: Patrick Mahomes ist das neue Gesicht der NFL.

Wenn er kommt, dann raucht es: Patrick Mahomes ist das neue Gesicht der NFL. Getty Images

Manchmal kann Small Talk doch so vielsagend sein. "Ich habe die Unterkunft für die Familie schon vor drei Monaten gebucht", sagt Patrick Mahomes zu seinem Kontrahenten und Eagles-Anführer Jalen Hurts in einer in der Netflix-Dokumentation "Quarterback" eingefangenen Sequenz kurz vor dem Super Bowl im vergangenen Februar.

Dass er mit den Kansas City Chiefs dort antreten würde, hatte sich erst gut eine Woche zuvor entschieden. "Die Preise bei 'airbnb' wären explodiert", begründet der Spielmacher der Chiefs. Also der Mann, der 2020 einen Vertrag mit einem Gesamtvolumen von über 500 Millionen US-Dollar unterschrieben hat. Was er nicht sagt: Er war sich schon im November, weit vor Beginn der Play-offs, sicher, das Endspiel zu erreichen. Und niemand könnte ihm diese spekulative Buchung so richtig verdenken.

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#92: Diese Teams haben den NFL-Draft gerockt!
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Mahomes ist der mit Abstand beste Spieler auf der mit Abstand wichtigsten Position im American Football. Allein durch seine Anwesenheit ist Kansas City quasi jede Saison zumindest Mitfavorit. In den Play-offs der vergangenen Saison zog sich Mahomes dann zudem eine Knöchelverletzung zu und gewann selbst stark humpelnd die Spiele gegen die Jacksonville Jaguars (27:20) und die Cincinnati Bengals (23:20). Im Super Bowl lief er wieder rund und holte gegen Hurts und die Philadelphia Eagles seine zweite Vince Lombardi Trophy.

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Draft-System und Salary Cap lassen die Kräfteverhältnisse in der NFL zwar so stark schwanken, dass die Los Angeles Rams, Titelträger von 2022, nun wohl zu den schlechtesten Teams der Liga zählen werden, aber im Fall von Mahomes ist alles anders. Die Chiefs haben nicht nur den besten Quarterback der Liga, sondern in Andy Reid auch einen der profiliertesten Head Coaches - eine Kombination, die häufig mehr wert ist als ein ausgeglichen stark besetzter Kader. In Jahr eins nach Tom Brady (endgültiges Karriereende nach über 20 Jahren) ist es Mahomes, den alle schlagen wollen. Und die Liga investiert kräftig für den Thronsturz der neuen Majestät.

Rodgers hebt die Jets auf eine andere Stufe

Vor allem in der American Football Conference (AFC), also der Conference, in der auch die Chiefs antreten, hat in den vergangenen zwei Jahren ein regelrechtes Wettrüsten eingesetzt, um Mahomes die Krone zu entreißen. Der Wechsel des viermaligen Liga-MVPs Aaron Rodgers vom bisherigen NFC-Mitfavoriten Green Bay Packers zum jahrelang erfolglosen AFC-Team New York Jets (seit 2010 ohne Play-off-Teilnahme) hat die Diskrepanz zwischen den beiden Conferences in dieser Offseason noch weiter vergrößert.

Mit Rodgers wollen wir den Super Bowl gewinnen.

Jets-Receiver Garrett Wilson

"Mit Rodgers wollen wir den Super Bowl gewinnen", stellte Jets-Receiver Garrett Wilson zuletzt klar. Die Qualität dafür hat das Team - aber damit ist es gerade in der AFC nicht alleine. Sowohl die Cincinnati Bengals, zuletzt Mahomes' härtester Gegner, als auch die Buffalo Bills haben ihre Teams zusammengehalten und in Joe Burrow und Josh Allen wohl die beiden Quarterbacks, die Mahomes im MVP-Rennen am gefährlichsten werden könnten.

Jackson, Herbert und Lawrence lauern

Lamar Jackson hat diesen Titel schon gewonnen, der explosive Dual Threat Quarterback hat nach einigem Hin und Her seinen Vertrag bei den Baltimore Ravens verlängert, muss den teuren Kontrakt nach einigen Verletzungsproblemen nun aber auch rechtfertigen.

Mahomes, Young, Rodgers & Co.: Die NFL-Quarterbacks 2023

Gleiches gilt für den wurfgewaltigen Justin Herbert, den die Los Angeles Chargers im Juli sogar zum bestbezahlten Spieler der gesamten NFL machten - obwohl er noch kein einziges Play-off-Spiel gewonnen hat. Die Chargers sind - genau wie die Jacksonville Jaguars mit Ausnahmetalent Trevor Lawrence - ein aufstrebendes Team, das eigentlich alle Bausteine für einen tiefen Play-off-Run hat, wenn der hochveranlagte Quarterback den erwarteten Schritt nach vorne macht und L.A. frei von Verletzungen auf wichtigen Positionen bleibt.

Justin Herbert

Wurde im Juli zum bestbezahlten Spieler der NFL-Geschichte: Chargers-Quarterback Justin Herbert. Getty Images

Als ob diese Konstellation nicht schon reichen würde, gibt es noch zwei Teams, die in der Offseason in den All-in-Modus geschaltet haben: Die Miami Dolphins haben ihren ohnehin schon vielversprechenden Kader um das spektakuläre Receiver-Duo Tyreek Hill und Jaylen Waddle noch weiter ausgebaut und könnten ein ernstzunehmender Chiefs-Herausforderer werden - wenn Quarterback Tua Tagovailoa, der in der vergangenen Saison mindestens zwei Gehirnerschütterungen erlitt, gesund bleiben kann.

Und die New York Jets haben nach verzweifelten Jahrzehnten der Quarterback-Suche alles auf das kurze Zeitfenster ausgerichtet, das ihnen mit dem fast 40 Jahre alten Rodgers (der älteste Starting Quarterback in der gesamten NFL) bleibt. Beide Projekte können fulminant durch die Decke gehen - oder jämmerlich scheitern. Am Ende kann es nur ein einziges AFC-Team in den Super Bowl in Las Vegas schaffen.

Philadelphias Trainer vermeidet große Kampfansage

Die Hindernisse, die in der NFC den Weg ins Endspiel in der Spielermetropole pflastern, sind verglichen damit fast nur Bodenwellen. Rodgers und Brady, die beiden großen Männer der vergangenen 20 NFL-Jahre, sind weg, ihre jeweiligen Teams aus Tampa und Green Bay dadurch aus dem Kreis der Titelaspiranten gefallen. Die Los Angeles Rams, ein weiteres Powerhouse der letzten Jahre, zollen ihrer Strategie, nur auf den kurzfristigen Erfolg gegangen zu sein, Tribut und stellen nun einen der dünnsten Kader der Liga.

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Somit herrscht wenig Konkurrenz für die Philadelphia Eagles, die nach ihrer knappen Super-Bowl-Niederlage bei den Buchmachern erneut hoch gehandelt werden als NFC-Repräsentant in Las Vegas im Februar 2024, wenn Super Bowl LVIII (58) über die Bühne gehen wird. Die Eagles besitzen den vielleicht komplettesten Kader der NFL und ein perfekt auf Quarterback Hurts abgestimmtes Schema. "Unser Ziel ist aktuell nicht, zurück in den Super Bowl zu kommen, sondern als Team besser zu werden", verkniff sich Head Coach Nick Sirianni im Vorfeld der Saison eine Kampfansage, wobei das eine wohl unmittelbar das andere bedingen würde.

Denn beim wohl größten NFC-Herausforderer gibt es ausgerechnet auf der wichtigsten Position ein großes Fragezeichen. Die San Francisco 49ers haben eigentlich alles: eine herausragende Defense um den nun teuer bezahlten Pass Rusher Nick Bosa, offensive Playmaker, in Head Coach Kyle Shanahan das vielleicht größte offensive Mastermind der NFL - aber wohl keinen Quarterback vom Kaliber Mahomes, Rodgers oder Hurts.

Brock Purdy, der sich als letzter Pick des Drafts 2022 offiziell "Mr. Irrelevant" nennen darf, sorgte zwar zum Ende der vergangenen Saison in Shanahans für Quarterback freundlichen Offense für eine Feelgood-Story, verletzte sich aber im Conference Championship Game gegen die Eagles schwer am Ellenbogen und verpasste weite Teile der Vorbereitung - Quarterback-Drama in fünf Akten inklusive.

Brock Purdy

Soll die San Francisco 49ers als zuverlässiger und verletzungsfreier Quarterback anführen: Brock Purdy. IMAGO/USA TODAY Network

Andere Teams wie die Dallas Cowboys um Spielmacher Dak Prescott, die Minnesota Vikings um Kirk Cousins oder die aufstrebenden Detroit Lions mit Quarterback Jared Goff und den deutsch-amerikanischen Nummer-1-Receiver Amon-Ra St. Brown haben zwar das Potenzial und teils auch die Ambition, in den Play-offs weit zu kommen. Das liegt aber maßgeblich daran, dass sie in der NFC und nicht in der AFC spielen. Vielleicht nimmt Hurts also auch Mahomes' Ratschlag an und bucht schon jetzt eine Unterkunft.

Wenn der Super Bowl schon in Las Vegas stattfindet, wird ein bisschen Risiko ja erlaubt sein.

Michael Bächle

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