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Einer soll wieder weg: Zwischenbilanz der Barça-Neuzugänge

Von Lewandowski bis Marcos Alonso

Soll der Teuerste schon wieder weg? Eine Zwischenbilanz der Barça-Neuzugänge

Erst seit Sommer in Barcelona: Marcos Alonso, Robert Lewandowski und Raphinha (v.li.).

Erst seit Sommer in Barcelona: Marcos Alonso, Robert Lewandowski und Raphinha (v.li.). imago images (3)

Der FC Barcelona verkauft seine Zukunft, kommentierte kicker-Reporter Jörg Wolfrum im Sommer. Trotz eines Schuldenbergs von 1,35 Milliarden Euro investierten die Katalanen kräftig in ihre Mannschaft. Titel sollen unter Cheftrainer Xavi schnellstmöglich wieder her. In der Liga liegt Barça, das aktuell keine Wintertransfers plant, als Spitzenreiter auf Kurs, international ist maximal noch der Europa-League-Triumph drin. Und wie schlagen sich eigentlich die vielen Neuzugänge?

Robert Lewandowski (34): Ein geplanter Volltreffer

Alle Hebel in Bewegung setzte der FC Barcelona im vergangenen Sommer, um mit Robert Lewandowski (Vertrag bis 2026) einen neuen Torgaranten vom FC Bayern nach Katalonien zu lotsen. Den immensen Erwartungen hinkte "Lewy" in der Vorbereitung noch hinterher - mit Saisonstart war er aber voll da. 17 Scorerpunkte (13 Tore, vier Assists) in 14 La-Liga-Partien sprechen eine klare Sprache. Dazu kommen fünf Tore bei fünf Champions-League-Einsätzen. Der Vollblutstürmer habe ihn "wirklich überrascht", sagte Xavi, die Mischung aus Demut und "unglaublicher Qualität" würden den Polen zu einem "echten Leader" machen.

Wohl auch weil das Champions-League-Achtelfinale verpasst wurde, forderte Lewandowski jüngst im Interview mit "Mundo Deportivo" allerdings eine noch ausgeprägtere "Gewinnermentalität". Die es fraglos braucht, um im "sehr harten" (Zitat Lewandowski) Europa-League-Duell mit Manchester United zu bestehen. Der Druck Real Madrids dürfte in den kommenden Monaten auch nur weiter steigen. Umso härter trifft Barcelona die bestätigte Drei-Spiele-Sperre für Lewandowski, der sich nach einer Ampelkarte eine Extra-Sperre eingehandelt hatte. Dass Xavi gar von einer "Ungerechtigkeit" sprach, unterstreicht den bereits erreichten Stellenwert Lewandowskis.

Raphinha (26): Wie nah ist das Ende wirklich schon?

Verheißungsvoll in das Abenteuer Barcelona gestartet ist Raphinha (Vertrag bis 2027), der nach seinem über 60 Millionen Euro schweren Wechsel von Leeds United die Schlagzeilen der Vorbereitung dominierte. "Raphinha unterscheidet sich von all den Brasilianern, mit denen ich gespielt habe", schwärmte bereits Xavi: "Er tanzt auf dem Flügel wie Neymar, hat aber einen Schuss wie Rivaldo. Er ist ein Spieler, der den Unterschied machen muss."

Tat er ab Pflichtspielstart aber viel zu selten. Nur vier Scorerpunkte sprangen bei 13 La-Liga-Einsätzen (sechs von Beginn an) heraus. In der Königsklasse startete Raphinha viermal bei fünf Einsätzen (zwei Vorlagen). Den hohen und mit den ersten Eindrücken selbst geschürten Erwartungen wurde der Brasilianer bis dato nicht gerecht. Fehlende Konstanz, schlechtes Entscheidungsverhalten im letzten Drittel und schwache Trainingsleistungen riefen teils heftige Kritik - auch aus den eigenen Reihen - hervor. Selbst über einen Verkauf soll bereits diskutiert worden sein. Als potenzieller Ersatz wird in spanischen Medien auch Leverkusens Moussa Diaby gehandelt.

Jules Koundé (24): Fehlstart, Verletzung und "falsche" Spielpraxis

Einen klassischen, wenn auch nicht selbst verschuldeten Fehlstart legte Jules Koundé (Vertrag bis 2027) in Barcelona hin: An den ersten beiden Spieltagen war der Franzose - nicht viel günstiger als Raphinha - wegen fehlender Spielberechtigung zum Zuschauen verdammt. Nach seinem Debüt sagte Xavi dann über den "sehr schnellen, aggressiven, fokussierten" Koundé, dass dieser "eine Ära prägen" könne in Barcelonas Hintermannschaft. Der vorherige Sevilla-Verteidiger erwies sich allerdings als verletzungsanfällig, sodass es nur sieben La-Liga-Einsätze (alle von Beginn an, zwei Assists) und drei in der Königsklasse (eine Vorlage, alle Startelf, bei beiden Niederlagen gegen Bayern 90 Minuten auf dem Platz) wurden.

In Katar absolvierte Koundé (kicker-Notenschnitt 3,20) nun sechs von sieben Spielen für Vizeweltmeister Frankreich, wurde dabei aber nicht auf seiner angestammten und von ihm präferierten Position im Abwehrzentrum eingesetzt. Als Rechtsverteidiger, den er unter Xavi auch schon geben musste, war ihm ein Platz in Didier Deschamps' Anfangsformation sicher.

Vier Weltmeister dabei: Die Top-Elf der WM

Andreas Christensen (26): Die WM soll als Vorbild dienen

Andreas Christensen (Vertrag bis 2026) war derweil einer von vier Profis, die ablösefrei nach Katalonien geholt wurden. Xavi kämpfte früh für diesen Transfer und bekam einen seiner Wunschspieler vom FC Chelsea. Doch auch Christensen hatte in seinen ersten Monaten in Barcelona mit wiederkehrenden Verletzungsproblemen zu kämpfen, ihm machte vor allem der Knöchel zu schaffen. Das "Ergebnis": fünf Einsätze in La Liga (viermal von Beginn an) und drei in der Champions League (immer Startelf).

In Katar sammelte er nun wichtige Spielpraxis als dänischer Fels in der Brandung: "Danish Dynamite" schied zwar nach der Gruppenphase aus, doch Christensen (kicker-Notenschnitt 3,17) machte alle drei Spiele über die volle Distanz und erzielte dabei sogar ein WM-Tor. Diesen Eindruck will der Ex-Gladbacher in Barcelona bestätigen.

Franck Kessié (26): Kein Wechsel zu den Spurs

Auch Franck Kessié (Vertrag bis 2026) kostete die Katalanen im Sommer keine Ablöse. Zum Vergleich: Ex-Klub Milan hatte für den zentralen Mittelfeldspieler 2019 noch über 30 Millionen Euro an Atalanta Bergamo überweisen müssen. Doch über eine Rolle als Ergänzungsspieler kam der Ivorer in Barcelona bislang nicht hinaus. Den sieben La-Liga-Einsätzen (ohne Torbeteiligung, nur zwei in Startelf) stehen sechs in der Champions League (ein Treffer, dreimal in der Startelf) gegenüber. Kessié hatte mitunter auch mit Adduktoren- und muskulären Problemen zu kämpfen.

"Wir haben viele Spieler auf dieser Position, er kann wichtig sein", sagte Xavi über Kessié und ergänzte vielsagend: "Ich bin sicher, er wird sich einfügen." Interessenten gibt es bereits aus der Premier League, allen voran Tottenham und Coach Antonio Conte sollen sich um eine Verpflichtung bemühen. Barça-Sportdirektor Jordi Cruyff erklärte aber, dass Verein und Spieler keinen Wechsel anstreben. Auch Xavi soll jüngst das Gespräch mit Kessié gesucht haben.

Hector Bellerin (27): Nur die Nummer vier rechts hinten

Lediglich mit einem Vertrag bis Saisonende wurde im Sommer Hector Bellerin ausgestattet. Der Back-up für rechts hinten steht in der Rangfolge hinter Sergi Roberto, Koundé und auch Linksfuß Balde. Drei La-Liga-Einsätze (einmal begonnen) und zwei in der Königsklasse (je 90 Minuten) zeugen von Bellerins Stellung im Kader. Eine Muskelverletzung bremste den Spanier zusätzlich aus, die letzten vier La-Liga-Siege vor der WM-Pause verfolgte er allesamt 90 Minuten von der Bank aus. Einen vorzeitigen Winter-Abgang - speziell Ex-Klub Real Betis soll die Ohren spitzen - schließen sie in Barcelona bislang aus.

Marcos Alonso (31): Verlängerung bereits in Sicht

Eine Geschichte für sich ist die von Marcos Alonso, der dank eines Kniffs vom FC Chelsea geholt werden konnte und ebenfalls mit einem Einjahresvertrag ausgestattet wurde. Der in der Defensive vielseitig einsetzbare Linksfuß hinterließ in seinen ersten Monaten in Katalonien aber so nachhaltig Eindruck, dass aktuell über einen neuen Zweijahresvertrag verhandelt werden soll. Die Gespräche seien bereits weit fortgeschritten, so die vereinsnahe "Mundo Deportivo".

Bis dato sprangen sieben La-Liga-Spiele (vier als Innenverteidiger) und fünf in der Königsklasse (ein Tor, als Links- und als Innenverteidiger eingesetzt) heraus. Für die restliche Saison soll Xavi seinen Routinier noch stärker im Abwehrzentrum einbauen wollen.

Maximilian Schmidt

1,5 Milliarden Euro Differenz: Die Transferbilanz von Europas Topklubs seit 2011