Bundesliga

Fritz' Werder-Vision: "Im Windschatten der internationalen Plätze"

Hess-Grunewald weist "Scheinprozess" zurück

Fritz' Werder-Vision: "Im Windschatten der internationalen Plätze"

Will sich nicht mit Frank Baumann vergleichen: Clemens Fritz.

Will sich nicht mit Frank Baumann vergleichen: Clemens Fritz. Getty Images

Die Entscheidung im Aufsichtsrat sei einstimmig gefallen: Clemens Fritz ist der Mann, "der uns hier in die Zukunft führen kann", erklärte der Vorsitzende des Gremiums Hubertus Hess-Grunewald nur rund eine halbe Stunde, nachdem der SV Werder Bremen am Donnerstagmittag offiziell über die Neubesetzung des Postens "Geschäftsführer Fußball" informiert hatte. Ab Sommer folgt der aktuelle Leiter Profifußball dann auf Frank Baumann, dessen Vertrag nach acht Jahren am Saisonende ausläuft.

Die Frage, mit der sich die Entscheidungsträger in den vergangenen Wochen laut Hess-Grunewald intensiv befasst hatte, lautete: "Ist da draußen ein möglicher Kandidat, der das Anforderungsprofil besser ausfüllt als Clemens?" Sie wurde letztlich klar verneint, obwohl Werder "nicht leichtfertig oder mit geringem Aufwand" den Markt nach Alternativen sondiert hatte, wie der Aufsichtsratsvorsitzende und Vereinspräsident betonte: "Wir haben sogar eine externe Berateragentur beauftragt."

"Benchmark" Fritz als Scheinprozess? "Zu Unrecht"

Der Bundesligist setzte sich dabei mit mehreren "sehr starken Kandidaten" auseinander, Andreas Schicker von SK Sturm Graz gehörte etwa dazu. Der Österreicher galt bis zuletzt als aussichtsreichster Konkurrent, konnte zumindest Teile des Aufsichtsrats von sich überzeugen.  Den Eindruck, "besser zu Werder zu passen und die Themen besser angehen zu können", vermittelte laut Hess-Grunewald jedoch keiner der Mitbewerber von Fritz. Der 43-Jährige, bereits im fünften Jahr in unterschiedlichen Bereichen des Bremer Managements aktiv, genoss gegenüber den Herausforderern somit offensichtlich den Status als Favorit, zumal er inklusive seiner Zeit als Spieler ja noch mal länger "Teil der Werder-Familie" ist, von der der 63-Jährige sprach.

Dass vor diesem Hintergrund in Teilen des Bremer Umfelds gar von einem Scheinprozess die Rede war, entkräftete Hess-Grunewald nun ausdrücklich: "Dieser Vorwurf ist wirklich zu Unrecht erhoben", sagte er und verwies noch einmal auf eine "Shortlist mit fünf Bewerbern" und "strukturierten Interviews", nachdem Fritz mit seiner Vorstellung vor dem Aufsichtsrat zumindest früh für eine "Benchmark" im Auswahlprozess gesorgt hatte: "Dann zu schauen, ob wir jemanden finden, der besser ist", so der Vorsitzende, "das halte ich eher für einen Prozess von Seriosität - und nicht für einen Scheinprozess."

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Fritz: "Mein Leben wäre normal weitergegangen"

Der Werder-Präsident erinnerte auch noch mal an die Inthronisierung Baumanns als Geschäftsführer im Jahr 2016, der nur "rund 36 Stunden später" auf Vorgänger Thomas Eichin folgte: "Also, die Auswahlprozesse für eine solche Position haben in diesen acht Jahren deutlich andere Dimensionen gewonnen", beteuerte Hess-Grunewald: "Heute würde man das sicherlich nicht mehr so machen können."

Dafür sprächen ja einerseits die Besetzung des sieben- und demnächst neunköpfigen Werder-Aufsichtsrats als administrative Instanz sowie der nun mehrere Wochen dauernde Prozess, den ja von vornherein auch Fritz begrüßt hatte, wie er nun noch einmal bekräftigte: "Es geht hier nicht um mich - mein Leben wäre auch ganz normal weitergegangen, wenn diese Entscheidung nicht auf mich getroffen wäre. Die Entscheidung musste wirklich im Sinne von Werder Bremen getroffen werden."

Werder soll "mal wieder in Europa dabei sein"

Dass beim Bundesligisten nun jedenfalls "ein fundamentaler Umbruch" auf die Ära Baumann folgen wird, schloss der künftige Geschäftsführer Fußball schon deshalb aus, weil er als Leiter Profifußball mit dem 48-Jährigen ja bereits in den vergangenen Jahren gemeinsam die strategische Ausrichtung bestimmt hatte. Wirtschaftliche Konsolidierung ist dabei ein Thema, aber auch attraktiver Fußball mit einer entwicklungsfähigen Mannschaft. Diese Arbeit wolle er fortsetzen, so Fritz: "Und weiterentwickeln heißt - da bin ich ganz offen und ehrlich - dass wir eine Rolle einnehmen, wo wir schon im Windschatten der internationalen Plätze dabei sein können."

Wenn sich also das Momentum für Werder bietet, wolle man "eben auch mal wieder in Europa dabei sein", erklärte der Leiter Profifußball. Zumal der Einstieg eines strategischen Partners zumindest dazu führt, "dass wir jetzt eine gewisse Beinfreiheit und Handlungsspielraum haben", wenngleich der Investitionsprozess über mehrere Jahre angelegt sei.

Wer wird Fritz-Nachfolger?

Inwiefern sich Fritz dabei noch Unterstützung in seinem künftigen Verantwortungsbereich holt, wer also womöglich seinen jetzigen Posten übernehmen könnte, ließ er zunächst offen: "Zum einen will ich vermeiden, dass jetzt irgendwelche Spekulationen anfangen. Zum anderen möchte ich die Gedanken und Ideen, die ich dazu schon habe, erstmal mit meinen zukünftigen Geschäftsführerkollegen besprechen." Teil der Überlegungen dürfte sicher auch der Leiter der Scouting-Abteilung Johannes Jahns sein.

Fest steht, dass sich Fritz selbst in der Nachfolger-Rolle seines ehemaligen Werder-Mitspielers künftig "überhaupt nicht mit Frank Baumann vergleichen will", so der 43-Jährige: "Ich bin ihm wirklich sehr dankbar für all das, was er mir mit auf den Weg gegeben hat - aber ich möchte schon auch als Clemens Fritz wahrgenommen werden."

Tim Lüddecke

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