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Buffalos bittere Pleite gegen den Drachen - und wie gut ist Green Bays Perspektive wirklich?

Four Downs: Die NFL-Kolumne von Adrian Franke

Buffalos bittere Pleite gegen den Drachen - und wie gut ist Green Bays Perspektive wirklich?

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FIRST DOWN: Wann erlegen die Bills ihren Drachen?

Als ich versucht habe, diese Bills-Saison einzuordnen, kam ich immer wieder auf diese Frage zurück: Was muss noch passieren, damit Buffalo seinen persönlichen Drachen endlich erlegen kann?

Der persönliche Drache ist in dem Fall natürlich Patrick Mahomes, und die Frage, die nach dem bitteren Aus am Sonntag im Raum steht, ist auch diese: Wann wird es eine bessere Gelegenheit geben?

Eure Meinung ist gefragt

Die Chiefs haben sich in der Mahomes-Ära nie so verwundbar angefühlt wie in dieser Saison. Das Spiel war endlich mal in Buffalo, nachdem die Playoffs 2020 und 2021 für die Bills jeweils in Kansas City geendet hatten. Und Allen hatte ein sehr gutes Spiel am Sonntag, mit einer Mischung aus seiner Dominanz am Boden, dem Quick Game als Ballverteiler, und auch den Shot Plays. Hätten Trent Sherfield und Stefon Diggs die beiden tiefen Pässe spät im Spiel gefangen, wer weiß, wie das ausgegangen wäre.

Buffalo ist eines der wenigen Teams in der NFL, das einen Quarterback hat, der in einem Play-off-Spiel Punch für Punch mit Patrick Mahomes mitgehen kann. Das hat Allen auch am Sonntag wieder getan, wie schon beim dramatischen Aus vor zwei Jahren. Gereicht hat es wieder nicht.

Bills-Saison voller Hindernisse

Gleichzeitig gehört bei den Bills mehr Kontext dazu. Das ist ein Bills-Team, das vor der Saison seinen Defensive Coordinator entlassen und den Posten nicht neu besetzt hat. Head Coach Sean McDermott übernahm die Defense. Es ist ein Team, das seinen Offensive Coordinator nach zehn Spielen entlassen hat. Das zwei seiner wichtigsten Defense-Spieler - Cornerback Tre’Davious White und Matt Milano - früh in der Saison verloren hat, während der mittlerweile 34-jährige Pass-Rusher Von Miller einen rapiden Leistungsabfall hatte.

NFL Championship Games

Ganz konkret in diesem Spiel am Sonntag fielen dann zudem beide Backup-Linebacker aus (Bernard von vornherein, Dodson früh im Spiel), sodass die Mitte des Feldes für Kansas City ein gefundenes Fressen war.

Das sollen keine Ausreden sein, es ist notwendiger Kontext. Als die Bills in Woche 12 ein tolles Spiel mit 34:37 in Overtime bei den Eagles verloren und sich damit in die Bye Week verabschiedeten, stand Buffalo 6-6 und die Play-offs waren weit weg. Es brauchte die fünf Siege zum Abschluss der Regular Season, darunter in Kansas City, in Miami und zuhause gegen Dallas, um am Ende sogar die Division zu gewinnen.

Das gelang, auch weil Allen eine exzellente Saison spielte. Doch die diesjährige Version der Bills fühlte sich zu keinem Zeitpunkt der Saison so dominant, so bereit für den Titel an, wie die 2022er Bills. Jenes Team, das den amtierenden Super-Bowl-Champion Los Angeles im Season Opener deklassierte. Das 12-3 stand mit Siegen gegen die Ravens, Chiefs, Packers und Dolphins. Wer weiß, wie die emotionale Verfassung der Bills letztes Jahr ausgesehen hätte, hätte es in Woche 17 nicht den Damar-Hamlin-Vorfall gegeben.

Josh Allen von den Buffalo Bills

Für Josh Allen und die Bills reichte es auch im dritten Playoff-Anlauf gegen Mahomes und die Chiefs nicht. IMAGO/USA TODAY Network

Es reicht wieder nicht für Buffalo

Und das führt auch irgendwo schon zu einem Punkt, für den dieses Bills-Team repräsentativ steht: Wie schwierig es selbst für Teams mit Elite-Quarterback ist, Titelfenster auch auszunutzen.

2020 stürmten die Bills bis ins Conference Championship Game, wo in Kansas City Endstation war. 2021 hatten sie die Chiefs in Arrowhead in der Divisional Runde am Rande einer Niederlage - es war das 13-Sekunden-Spiel, welches die Chiefs auf absurde Art und Weise ausgleichen und in Overtime gewinnen konnten. Letztes Jahr schließlich verlor jenes spürbar emotional leere Team deutlich in der Divisional Runde gegen die Bengals.

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Und jetzt dieses Aus. Ein keineswegs komplettes Bills-Team gegen ein keineswegs komplettes Chiefs-Team. Allen auf Top-Level. Und es hat wieder nicht gereicht.

Bills: Ein Umbruch steht bevor

Das Warten auf einen Trip zum Super Bowl in der Josh-Allen-Ära geht weiter, was in keinster Weise als Kritik an Allen zu verstehen ist. Unweigerlich aber kommt man in der Aufarbeitung dieser Bills-Saison irgendwann an den "jedes weitere Jahr mit Allen ohne Super-Bowl-Teilnahme ist eine Enttäuschung"-Punkt.

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Das ist drastisch formuliert und natürlich auch überspitzt, aber wenn ein Team so einen Quarterback hat, muss man diesen Punkt diskutieren. Sonst kommt irgendwann die "Warum hatten die Packers mit Aaron Rodgers nicht mehr Postseason-Erfolg?"-Diskussion. Gleiches gilt für die Chargers mit Philip Rivers, oder die Saints mit Drew Brees.

Das Fenster für diese Version der Bills war 2021 und 2022 am ehesten offen. Diese Saison war so etwas wie die letzte Chance, ehe man sich jetzt neu erfinden muss.

Micah Hyde wird Free Agent, genau wie Leonard Floyd, DaQuan Jones, Tim Settle, Jordan Phillips, Poona Ford, A.J. Epenesa und Shaq Lawson - also weite Teile der tiefen Defensive-Line-Rotation, während Von Miller nach seinem Dropoff ein Post-June 1 Cut-Kandidat sein könnte. Offensiv ist Gabe Davis der größte Name, sein Rookie-Vertrag läuft aus und er könnte einen Markt haben, bei dem die Bills nicht bereit sind, mitzugehen.

Plus: Die Bills sind Stand jetzt 43,7 Millionen Dollar über dem Cap. Buffalo wird sich in einigen Bereichen neu aufstellen müssen. Diese Offseason ist eine Weichenstellung.

Dabei geht es einerseits darum, sich die langfristige Zukunft nicht zu verbauen, denn es sollte mit so einem Quarterback das Ziel sein, jährlich oben mitzuspielen. Gleichzeitig muss man aufpassen, dass Allen nicht in die Schiene der "unvollendeten" Quarterbacks rutscht, die trotz ihrer unbestreitbaren Qualität nie die Chance auf den ganz großen Wurf hatten.

Von einem solchen Fazit sind wir hier noch weit entfernt, Allen ist 27 Jahre alt. Und doch wird das jetzt in der Bills-Offseason nachhallen: Was muss passieren, um den Drachen endlich zu besiegen?

SECOND DOWN: QB-Auftritt der Woche - Lamar Jackson gegen Houston

In dieser festen Kategorie soll es um einen Quarterback gehen, der diese Woche eine Partie hatte, die gesondert betrachtet werden muss. Dabei geht es nicht zwangsläufig um den besten Quarterback der Woche - es kann auch mal der schlechteste der Woche hier behandelt werden -, sondern auch um übergreifende Punkte. Diesen Quarterback analysiere ich ausführlich und präsentiere ihn euch hier.

Das Spiel der Ravens gegen die Texans war auch ein Sinnbild für die Transformation der Ravens-Offense in dieser Saison.

Denn bei den bisherigen Play-off-Niederlagen mit Lamar Jackson war es insbesondere die Tatsache, dass Baltimore keinen Plan B hatte. Die Chargers nutzten das in Jacksons erstem Play-off-Spiel gnadenlos aus. In Jacksons MVP-Saison hatten die Titans einen ebenfalls sehr guten Game Plan, um Baltimore in einen Plan B zu zwingen - welchen die Ravens schlicht nicht hatten.

Das ist dieses Jahr anders. Jackson war der beste Intermediate-Passer in der NFL, und wenn die Ravens ein Quick Game gebraucht haben, dann konnten sie sich darauf stützen. Das war in mehreren Matchups in der Regular Season zu beobachten, und es war in der zweiten Hälfte gegen die Texans zu sehen.

Texans stellen Baltimore vor Probleme

Denn Houston hatte Baltimore mit einem extrem Blitz-lastigen Ansatz in der ersten Hälfte vor Probleme gestellt. Bei über 70 Prozent der Dropbacks blitzte Houston in der ersten Hälfte, insgesamt landeten sie bei einer Blitz-Quote von 69 Prozent.

Doch die Ravens fanden Anpassungen: Jackson warf den Ball gegen den Blitz in der ersten Hälfte im Schnitt nach 3,5 Sekunden, in der zweiten Hälfte im Schnitt in 2,25 Sekunden. Eine enorme Umstellung, die auch klar sichtbar war.

Gleich beim ersten Drive nach der Pause waren das die Pässe von Jackson: Ein kurzer Pass zu Agholor für neun Yards, ein kurzer Pass zu Likely für 19 Yards weil der Tight End einiges nach dem Catch machte, und ein In-Breaker bei Zweiter-und-Sieben direkt an die First-Down-Markierung zu Bateman. Den Rest erledigte Jackson bei diesem Drive am Boden, Baltimore stellte auf 17:10 und ließ das Spiel anschließend nie wieder eng werden.

Auf das Spiel gesehen brachte Jackson zehn von zwölf Underneath-Pässe (null bis neun Yards Target-Tiefe) an, wenn er den Ball in unter 2,5 Sekunden warf, war er 9/9 für 77 Yards. Spezifisch gegen den Blitz brachte er zwölf von 17 Pässen für 117 Yards und einen Touchdown an; die drei Sacks, die er in diesem Spiel kassierte - alle drei gegen den Blitz - kamen allesamt in der ersten Hälfte.

Baltimores Reaktion lässt weiteren Optimismus zu

Jackson ist der erste Spieler aller Zeiten mit je zwei Passing- und zwei-Rushing-Touchdowns, sowie je mindestens 100 Passing- und Rushing-Yards in einem Spiel. Auch das ist ein Spiegelbild der Transformation dieser Offense: Es ist die Gefahr für eine Defense, wenn sie versucht, eine Sache weg zu nehmen, durch die andere zu verlieren. Diese Möglichkeiten hatten die Ravens unter Greg Roman nie - dieses Jahr haben sie sie.

Als Houston im zweiten Viertel defensiv einen Zugriff fand und die Ravens über mehrere Drives keine Antworten präsentieren konnten, gab es sicher nicht wenige Ravens-Fans, bei denen die Erinnerungen an die bisherigen Play-off-Erfahrungen mit Lamar Jackson sehr präsent waren. Jackson und auch Coach John Harbaugh haben nach dem Spiel bestätigt, dass es in der Halbzeitpause laut wurde, dass insbesondere Jackson selbst laut wurde.

Sich mental in dem Moment nicht in eine Abwärtsspirale zu bewegen, ist eine positive Erkenntnis. Die vermutlich wichtigere aber ist, dass es mehr als einen guten Plan A braucht, um dieses Ravens-Team in den Play-offs zu schlagen.

THIRD DOWN: Play der Woche - Jahmyr Gibbs’ Touchdown-Run

Es war lange ein merkwürdiges, ein zähes Spiel zwischen den Lions und den Buccaneers. Detroit, als Favorit in die Partie gegangen, konnte sich nicht wie gewohnt auf seine Offensive Line stützen. Das Resultat war ein Spiel mit viel Druck auf beide Quarterbacks, vielen kurzen Drives, offensiven Fehlern - und einem 10:10-Zwischenstand Mitte des dritten Viertels.

Für mich waren es dann maßgeblich drei Plays, die für Detroit als eine Art Sprungbrett fungiert haben, um der Offense Starthilfe zu geben: Es war das "Leak"-Play zu Blocking-Tight-End Brock Wright bei Dritter-und-Eins für 29 Yards. Ein großartig designtes Play, und hätte ich nicht letzte Woche gerade erst über "Leak" geschrieben, dann hätte ich vielleicht dieses Play ausgewählt.

Das war der Dosenöffner auf dem Weg zum ersten Touchdown der zweiten Hälfte. Der dritte Touchdown war der Drive, bei dem Detroit immer wieder den armen Backup-Corner Zyon McCollum attackierte, inklusive bei St. Browns Touchdown.

Der zweite Touchdown war die dringend benötigte Antwort auf den schnellen Ausgleich der Bucs, und es war der Drive, bei dem Detroit seine Explosivität wiederentdeckte - insbesondere in Person von Jahmyr Gibbs.

Gibbs hatte bei jenem Drive Plays über 6, 12, 8 und schließlich 31 Yards, der erste explosive Run der Lions in diesem Spiel. 27 Rushing Yards over expected gelangen Gibbs bei diesem Run, sein 14. Run in dieser Saison mit mindestens zehn Rushing Yards over expected.

Das Play ist bei mir hängen geblieben, nicht nur weil es ein langer Touchdown-Run war, sondern auch weil er Gibbs’ außergewöhnliche Qualität in den Vordergrund rückt: Diese tolle Beschleunigung auch nach Richtungswechseln.

Detroit kam in einer engen Formation inklusive Fullback aufs Feld. Das Design ist darauf ausgelegt, dass Blocker aufs zweite Level der Defense kommen und Gibbs in deren Rücken durchs Zentrum stoßen kann. Das gelingt auch, doch wartet dort der Single High Safety, Antoine Winfield.

Eine kurze Körpertäuschung von Gibbs reicht, damit Winfield eine falsche Bewegung macht. Und ab da ist es nach dem kurzen Trippelschritt die sofortige Beschleunigung von Gibbs wieder, die für den Touchdown sorgt.

Deutsche Spieler in der National Football League

St. Brown, Johnson & Co.: NFL-Profis "Made in Germany"

Gibbs hatte eine Rushing Success Rate von 88,9 Prozent am Sonntag, der drittbeste Wert für einen Running Back mit mindestens neun Carries in einem Spiel seit 2018. Die Lions gehen als klarer Außenseiter in das NFC Championship Game am Sonntag gegen San Francisco, doch die Run-Defense der Niners ist definitiv verwundbar.

Detroit wird diese Big Plays dann brauchen. Genau wie sie am Sonntag gegen die Bucs bereits mitentscheidend waren.

FOURTH DOWN: Was nicht unerwähnt bleiben sollte

Die Zukunft in Green Bay ist rosig - wie rosig, das hängt an LaFleur. Ich habe in den vergangenen Wochen genug über Jordan Love geschrieben, dass meine Meinung und Prognose für ihn klar sein dürfte. Das war ein beeindruckender Leistungssprung im Laufe seiner ersten Saison als Starter, und ich bin sehr zuversichtlich dahingehend, dass die Packers ihren nächsten Franchise-Quarterback gefunden haben.

Und Loves Entwicklung war umso eindrucksvoller, weil er eben keinen bewährten Top-Receiver hatte, auf den er sich stützen konnte - im Gegenteil. Keiner der Wide Receiver dieses Packers-Team wurde vor 2022 gedraftet, genau wie alle Tight Ends. Bis Woche 17 hatte keiner ein 100-Yard-Spiel. Das war eine ausgesprochen junge Offense, die zudem über weite Teile der Saison auf ihren besten Receiver (Christian Watson) oder ihren besten generellen Playmaker (Aaron Jones) verzichten musste. Und die Offensive Line war alles in allem in Ordnung, aber keineswegs der konstant stabilisierende Faktor, den man vor Saisonstart in Green Bay erhofft hatte.

In der Line kann man also fraglos noch investieren, während sich auf den Skill-Positionen Spieler weiterentwickeln und gemeinsam wachsen werden. Und all das unter der Führung von Matt LaFleur, der sich als ein herausragender Head Coach etabliert hat und viel Lob für das verdient, was in Green Bay über die letzten Jahre inklusive dieser Saison passiert ist. Aaron Rodgers auf und abseits des Platzes zu managen ist das eine, eine so junge Offense, die natürlich auch ihre vermeidbaren Fehler machen wird, während der Saison zu führen und weiterentwickeln, eine ganz andere Geschichte. Beide diese Dinge hat LaFleur mit Bravour gemeistert.

Gleichzeitig verlaufen diese Dinge nicht linear. Nur weil es im Big Picture betrachtet konstanten Fortschritt gab, heißt das nicht, dass alle "Kinderkrankheiten" für immer beseitigt sind. Und in Teilen würde ich dieses Spiel gegen San Francisco hier dazu packen. Das war eine Partie, die für Green Bay zu haben gewesen wäre, doch eine Vielzahl an Fehlern, auch mehrere kritische von Love selbst, trugen dazu bei, dass San Francisco trotz einer über drei Viertel überschaubaren Vorstellung die Gelegenheit auf einen Game-Winning-Drive hatte - und Brock Purdy und Co. diese nutzten.

Ich bin trotzdem optimistisch was die mittelfristige Prognose für Green Bays Offense angeht. Bei der Defense fällt das ungleich schwerer. Nicht weil das Talent nicht da wäre, nicht umsonst stehen hier mit Clark, Wyatt, Gary, Van Ness, Walker, Savage und Jaire Alexander sieben eigene Erstrunden-Draft-Picks auf dem Platz.

Diese Unit sollte besser sein als die Nummer-23-Defense nach EPA pro Play und die Nummer-26-Defense nach Success Rate. Das waren Green Bays Defense-Rankings in der Regular Season, nachdem die Packers in der vergangenen Saison entsprechend Platz 27 und Platz 27 belegt haben, 2021 waren es die Plätze 19 und 26.

Seit drei Jahren also nichtmal ein Finish in der oberen Ligahälfte, und das bei all den Ressourcen, die Green Bay in diese Seite des Balls gepumpt hat. Das muss zu Konsequenzen führen. Ich denke, es ist an der Zeit, dass die Packers Defensive Coordinator Joe Barry durch einen Coach ersetzen, der insbesondere der Coverage eine aggressivere Handschrift verleiht. Die Gefahr aber die ich jetzt sehe, ist, dass man sich von zwei zugegebenermaßen guten Auftritten in den Playoffs hier verleiten lässt, weiter auf dem Status Quo aufzubauen.

Wenn sich Head Coach Matt LaFleur in dieser Offseason dazu durchringen kann, die Defense in eine andere Richtung zu schieben, traue ich es Green Bay zu, schon zeitnah wieder die NFC North zu übernehmen. Die Offense jedenfalls ist viel früher dazu bereit als gedacht.

Baker Mayfield hat sich einen neuen Vertrag verdient. Mayfield und dieses Bucs-Team, das passt. Ein Bucs-Team, das nach den Brady-All-In-Jahren noch einen guten Kader hatte, aber eben keinen Quarterback. Ein Bucs-Team, das ganz offensichtlich nicht im Rennen um einen der Top-Quarterbacks in der vergangenen Offseason war, ob im Draft oder in der Free Agency. Und mit Mayfield ein Quarterback, der in seiner Karriere gezeigt hat, dass er in den richtigen Umständen heißlaufen kann.

Genau das ist dieses Jahr passiert. Die Bucs gaben ihm ein Waffenarsenal, welches es Mayfield erlaubte, aggressiv zu spielen, und das liegt ihm. Und, und das sollte dabei nicht untergehen, es war dabei keineswegs alles perfekt. Die Line hatte gerade früh in der Saison einige Tiefs, das Run Game kam nie wirklich ins Rollen - die erste Saisonhälfte war desolat, die zweite zumindest solide - und die Defense ist gut, aber keineswegs mehr auf dem Level, auf dem sie vor zwei Jahren war.

Baker Mayfield von den Buccaneers

Baker Mayfield kann sich erhobenen Hauptes aus dieser Saison verabschieden. Getty Images

Das ist relevant, um festzuhalten, dass Mayfield eine gute Saison spielt, in der er natürlich auch von den Umständen profitiert, aber gleichzeitig auch dazu beigetragen hat, Schwachstellen zu kaschieren.

Gleichzeitig wissen wir genug über Baker Mayfield, um nach dieser Saison nicht einfach sämtliche vorherige Analysen auszuklammern. Mayfield ist ein Quarterback, der zu Hot, aber auch zu Cold Streaks neigen kann. Er ist ein Quarterback, dessen Spiel von einer gewissen Emotionalität geprägt ist. Und auch das ist mal positiv, mal negativ, aber wenn Mayfield mit Selbstvertrauen spielt, dann ist er ein mehr als solider Quarterback.

Dieses Selbstvertrauen haben Dave Canales und der Buccaneers-Coaching-Staff ihm zurückgegeben, er vertraut dem Scheme und das führt zu diesen Plays, wo er an das Ende seine Dropbacks kommt, den Fuß in den Boden haut und den Ball raus feuert. Das ist die beste Version von Baker Mayfield.

Extreme Play-off-Dürrephasen in der NFL: Wer hat am längsten gewartet?

Ich sehe Value darin, diese Zusammenarbeit zu verlängern - abermals für beide Seiten. Die Bucs werden auch in dieser Offseason vermutlich nicht in Position sein, um ein klares Quarterback-Upgrade zu verpflichten. Und Mayfield dürfte kaum eine bessere Situation finden, um woanders zu starten. Wenn sich beide Seiten dieser Situation bewusst sind, könnte ich einen Vertrag vorstellen, der sich in ähnlichen Dimensionen bewegt wie der, den Geno Smith in der vergangenen Offseason in Seattle erhalten hat (3 Jahre, 75 Mio. Dollar, 27,3 Mio. Dollar vollständig garantiert).

Und damit hätte Tampa Bay vermutlich eine echte Chance, die Division in der kommenden Saison abermals zu gewinnen. Ist das eine langfristige Lösung? Nein, und im Vakuum betrachtet gäbe es hier Argumente, um jetzt den radikalen Rebuild einzuleiten. Evans ist Free Agent, Spieler wie Lavonte David und Devin White haben ebenfalls auslaufende Verträge und könnten abgegeben werden. Man könnte jetzt den Neustart einleiten und ich fände das keineswegs schlecht, aber ist das realistisch? Mit Mayfield weiter zu machen wäre nachvollziehbar - solange sich die Bucs weder bei ihm, noch beispielsweise bei einem neuen Evans-Vertrag langfristig alternative Optionen und die Möglichkeit zum Neustart in einem oder zwei Jahren nehmen.

Ich halte es für einen Fehler, dass die Cowboys mit Mike McCarthy weitermachen. Es ist nicht schwer, nachzuvollziehen, wie die Cowboys auch nach dem blamablen Play-off-Aus zu der Entscheidung gekommen sind, an McCarthy festzuhalten. Dallas hat in den letzten drei Jahren unter McCarthy jeweils zwölf Spiele in der Regular Season gewonnen, zwei Mal den Division-Titel und das mit einem Point Differential von 172, 125 und 194 Punkten. Das spricht für Konstanz, und das erste Ziel ist es immer noch, mit gutem Football verdient in die Play-offs zu kommen. Das hat McCarthy in den letzten drei Jahren geschafft. Zusätzlich kann man argumentieren, dass Dak Prescott in dieser Saison seine beste NFL-Saison bis dato hatte.

All das sind legitime Argumente, und deswegen ist es auch mitnichten ein glasklares Urteil. Aber in meinen Augen ist es ein Fehler, noch ein Jahr mit McCarthy weiter zu machen.

Mike McCarthy von den Dallas Cowboys

Mike McCarthy geht 2024 in eine Alles-oder-Nichts-Saison in Dallas. Getty Images

Denn dieses Cowboys-Team sollte nicht an dem gemessen werden, was es in der Regular Season erreicht. Das ist ein Team, das gut genug sein sollte, um einen tiefen Play-off-Run hinzulegen. Und in den Playoffs kann man mal stolpern, jeder kann sich einen Ausrutscher leisten und ein schlechter Tag bedeutet häufig schon das Aus. Aber wir reden hier über eine Franchise, die seit der 1995er Saison kein Conference Championship Game mehr gespielt hat. Zwölf Mal waren die Cowboys seitdem in den Play-offs, acht Mal war man One-and-Done, vier Mal gewann man zumindest das erste Spiel noch.

Das ist der Knackpunkt, um zurück auf McCarthy zu kommen. "Mal" zu stolpern ist völlig legitim, man kann in den Play-offs auf bittere, manchmal unverdiente Art und Weise ausscheiden. Aber die Cowboys waren zwei Mal gegen San Francisco, sowie am vergangenen Wochenende gegen die Packers, das mitunter deutlich schwächere Team. Teilweise als klarer Favorit.

Wir haben Dallas drei Mal unter McCarthy in den Play-offs gesehen, drei Mal wirkten sie mental und emotional nicht bereit dafür und das ist nichts, was ignoriert werden sollte. Deswegen muss man das Statement von Jerry Jones bezüglich McCarthys Verbleib auch aus zwei Blickwinkeln betrachten. Dort heißt es: "Ich glaube, dass dieses Team nah dran ist und in der Lage ist, unser ultimatives Ziel zu erreichen. Der beste nächste Schritt für uns ist mit Mike McCarthy als unserem Head Coach."

Das Team ist vermutlich tatsächlich nah dran, aber das ist irgendwo der Punkt: Alle Anzeichen bisher deuten darauf hin, dass McCarthy es eben nicht schaffen wird, den nächsten Schritt umzusetzen. Und wenn man dann ein Team sieht, das ohnehin mit dem Playoff-Druck zu kämpfen hat, das jetzt in eine Saison geht, in der McCarthy in sein letztes Vertragsjahr geht, und Dak Prescott Stand jetzt in seine letzte Saison gehen würde - was gibt Grund zu der Annahme, dass die Cowboys mit dieser noch erhöhten Drucksituation besser umgehen werden?

Mich wundert die Entscheidung von Jerry Jones gerade angesichts der Tatsache, dass jemand wie Bill Belichick zu haben ist. Oder Jim Harbaugh. Das in Kombination mit dem blamablen Play-off-Aus war für mich der Hinweis darauf, dass Dallas einen anderen Coach suchen wird, um den nächsten Schritt zu machen. Man kann Jones dabei zugute halten, dass er keine emotionale Entscheidung nach einer fraglos extrem bitteren Niederlage getroffen hat. Er hat sich als ein geduldiger Owner erwiesen, auch bei Jason Garrett davor.

Ob das aber auch die richtige Entscheidung ist, oder ob die Art und Weise des erneuten Playoff-Scheiterns nicht eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätte, das wird sich in der kommenden Saison zeigen.

Adrian Franke

Mahomes, Young, Rodgers & Co.: Die NFL-Quarterbacks 2023