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Transfererlöse: Muss Werder jedes Jahr Leistungsträger verkaufen?

Mehr Unabhängigkeit als Ziel - und bessere Aussichten?

Transfererlöse: Muss Werder jedes Jahr Leistungsträger verkaufen?

Niclas Füllkrug brachte Werder viel Geld ein.

Niclas Füllkrug brachte Werder viel Geld ein. IMAGO/Sven Simon

Das am Sonntag bei der Mitgliederversammlung präsentierte Geschäftsergebnis der Saison 2022/23 zeigte insbesondere eine Erkenntnis auf: Dass sich der SV Werder Bremen einen im Vergleich zum Vorjahr derart großen Rückgang bei den Transfererlösen (von 28 Millionen Euro auf 5,3) nicht leisten kann, wenn am Ende nicht ein Minus in die Bilanz eingehen soll: diesmal handelte es sich um einen Fehlbetrag von 3,8 Millionen Euro.

Andererseits fehlten wiederum auch nur jene knapp vier Millionen Euro mehr an Netto-Transferüberschüssen, um zumindest ein ausgeglichenes Ergebnis vorgewiesen haben zu können. Für die Zukunft wären das Anforderungen im machbaren Bereich. Die Verkäufe von Niclas Füllkrug nach Dortmund, für eine Ablöse in Höhe von 15 Millionen Euro an Fixablöse (plus 3,25 Millionen Euro erfolgsabhängig), Ilia Gruev (6,5 Millionen Euro, Leeds United) sowie Niklas Schmidt (2,5 Millionen Euro, FC Toulouse) fielen ja bereits ins laufende Geschäftsjahr der Saison 2023/24 - und besaßen zudem ausnahmsweise eine andere Dringlichkeit, wie der kicker seinerzeit berichtete: ein Punktabzug drohte.

22 Millionen Euro beträgt der Unterschied beim TV-Geld

Derart hohe Transfererlöse sind künftig also nicht jährlich zu erwarten. Und die Notwendigkeit, nach jeder Saison mindestens einen Leistungsträger zwingend verkaufen zu müssen, dürfte mit jedem weiteren Jahr der Bundesliga-Zugehörigkeit weiter abnehmen. Weil andere Umsatzerlöse wieder ansteigen, insbesondere die medialen Verwertungsrechte, die Werder nun ein Plus von 15,6 Millionen Euro (von 22,6 Mio. auf 38,2) im Vergleich zur 2. Liga einbrachten.

Damit lag Werder ein Jahr nach dem Wiederaufstieg im ligaweiten Vergleich beim TV-Gelder-Ranking jedoch nur auf Platz 17; vor dem Abstieg kassierte der Traditionsklub auf Platz 12 dieser Tabelle laut Geschäftsführer Klaus Filbry noch rund 60 Millionen Euro - das macht einen Unterschied von 22 Millionen Euro. Etablieren sich die Bremer wieder in der Bundesliga, würden sie diesem Betrag auch wieder näherkommen.

Filbry sieht "Nährboden für Steigerungen"

"Am Ende hängt es in unserer Branche davon ab, wie durch sportlichen Erfolg - letztlich auch in der TV-Tabelle - neue Einnahmeströme ermöglicht werden", sagte Filbry. Der Vorsitzende der Geschäftsführung bezeichnet "die Arbeit, die aktuell im Fußballbereich bei uns geleistet wird" jedenfalls als "guten Nährboden, dass wir dort gewisse Steigerungen sehen können". Wodurch dann - trotz wohl auch steigender Kosten - vergleichsweise weniger Transfererlöse generiert werden müssten. Bedingung dafür bleibt aber mindestens der Klassenerhalt.

Werder will sich unabhängiger von Spielerverkäufen aufstellen

Zumindest in absehbarer Zeit fallen dann ebenso die Aufwendungen durch die laufende Mittelstandsanleihe (18,5 Mio. Euro) und das landesverbürgte Darlehen (20 Mio. Euro) weg, inklusive der finanziellen Belastungen für Banken und Zinsen in Höhe von etwa drei bis vier Millionen Euro jährlich - voraussichtlich ab der Saison 2026/27. Angesichts eines aktuell negativen Eigenkapitals von minus 17,8 Millionen Euro stellt Filbry zumindest "eine gute Chance" in Aussicht, "dass wir 2028 wieder ein positives Eigenkapital schreiben werden."

Bis dahin ist es zwar noch ein langer Weg, der alsbald vielleicht sogar von der Unterstützung durch einen strategischen Partner begleitet wird. So oder so versucht man bei Werder jedenfalls, sich unabhängiger von den Verkäufen seiner Spieler aufzustellen - wenngleich auch am Osterdeich jedem bewusst ist, dass es Veränderungen im Kader als Teil des Geschäftsmodells immer geben wird.

Fritz: "Es ist ein Ziel, die Besten nicht zu verkaufen"

Bei der Zusammenstellung der Bremer Mannschaft will man auf der Zugangsseite indes einen noch stärkeren Fokus auf die Verpflichtung von hochveranlagten "Potenzialspielern" legen. Und dass diese irgendwann einen nächsten Karriereschritt suchen, ist in der Branche letztlich nur der übliche Lauf der Dinge.

"Wir sind ein Verein, der von Transfereinnahmen leben muss. Dass das in den kommenden Jahren der Fall sein wird, davon kann man schon ausgehen", erklärt Leiter Profifußball Clemens Fritz, der als möglicher Kandidat als Nachfolger von Frank Baumann künftig noch stärker dafür verantwortlich sein könnte: "Es ist schwierig zu sagen, was in der Zukunft auf uns zukommt, aber klar ist es ein Ziel, nicht jedes Jahr seine besten Spieler zu verkaufen."

Tim Lüddecke

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