Bundesliga

Baumanns letzte Rede: "Ich werde in Ruhe meine Frikadelle genießen"

Bei Werder-Mitgliederversammlung: Plädoyers, Kritik, Abschied

Baumanns letzte Rede: "Ich werde in Ruhe meine Frikadelle genießen"

Für immer Fan und Mitglied: Frank Baumann auf der Werder-Mitgliederversammlung.

Für immer Fan und Mitglied: Frank Baumann auf der Werder-Mitgliederversammlung. IMAGO/Nordphoto

Als Frank Baumann nach 19 Minuten wieder auf seinem Sitz auf dem Podium Platz genommen hatte, gestattete sich Hubertus Hess-Grunewald zumindest folgende Bemerkung: "Emotional und ein bisschen sentimental", empfand der Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende des SV Werder Bremen den letzten Auftritt des am Saisonende scheidenden Geschäftsführers Fußball bei der Mitgliederversammlung am Sonntag.

Die letzten 60 Sekunden seiner Rede hatte Baumann seinem baldigen Abschied gewidmet, er sprach von "Ehre und Privileg", in all den Jahren bei dieser Veranstaltung reden zu dürfen: "Ich weiß es sehr zu schätzen, dass ich aus diesem Kreis der Mitglieder in den acht Jahren meiner Amtszeit - auch in den zwei schwierigen Jahren - immer sehr viel Unterstützung und Rückendeckung bekommen habe." Rund um den Bremer Abstieg im Jahr 2021 sah sich der 48-Jährige bekanntlich zunehmender Kritik ausgesetzt.

Baumann: Werder lebenslang

Als Fan und als Mitglied werde Baumann Werder jedoch auch über sein Aus als Geschäftsführer hinaus erhalten bleiben, kündigte er an: "Und beides lebenslang." Applaus brandete auf am Sonntagnachmittag in der "Werder-Halle". Dann beendete er seinen Auftritt mit den Worten: "Auch deswegen werde ich sicherlich in den nächsten Jahren mal bei einer Mitgliederversammlung vorbeischauen und hinten in der Ecke in Ruhe meine Frikadelle genießen." Kulinarisch gehört die zu diesem Anlass in Bremen traditionell dazu.

Die 18 Minuten zuvor indes hatte Baumann sich auf den Status quo des Vereins bezogen und damit den voraussichtlich ungefähren Zustand, in dem er den Klub also in rund einem halben Jahr aus seinen Händen geben wird - womöglich in jene des aktuellen Leiter Profifußballs Clemens Fritz. "Er ist die naheliegendste Lösung", bekräftigte der aktuelle Sportchef nun noch einmal.

Werner-Plädoyer: "Wenn wir aktuell auf Trainersuche wären, …"

Baumann erklärte etwa den holprigen Bremer Saisonstart, mit der spät finalisierten Kaderplanung und den Auswirkungen auf den andauernden Teambuildingprozess. Er betonte, dass es Werder nicht allein um die Bundesliga-Zugehörigkeit geht, sondern auch um die Art des Fußballs: "Wenn man wie wir mutigen Offensivfußball spielen will, ist das Einstudieren von Abläufen und Automatismen deutlich anspruchsvoller, als wenn man den Fokus aufs reine Verteidigen legt. Lösungen im Spiel mit Ball aufzuzeigen, zu vermitteln und mit der Mannschaft umzusetzen, ist eine große Herausforderung."

In diesem Zusammenhang hielt der Geschäftsführer ein besonders energisches Plädoyer für Werder-Chefcoach Ole Werner, der sich von den Rückschlägen zu Saisonbeginn samt Pokal-Ausscheiden, Verletzungen und "zum Teil deutlicher Kritik" nicht aus der Ruhe habe bringen lassen, so Baumann: "Wenn wir aktuell auf Trainersuche wären, dann würden wir uns auch jetzt wieder aus voller Überzeugung für Ole entscheiden. Neben seinen fachlichen Qualitäten, seiner Anpassungsfähigkeit und seinem Willen, sich und die Mannschaft immer weiterzuentwickeln, passt er auch menschlich zu 100 Prozent zu Werder."

Hässliche Vögel und wunderschöne Adler

Der Sportchef verwies dabei auch auf die Entwicklungen einzelner Spieler, beispielsweise von Romano Schmid, der österreichischer A-Nationalspieler wurde - oder auf den deutschen Neu-Nationalspieler Marvin Ducksch sowie den Ex-Bremer Niclas Füllkrug: "Wohl kaum jemand hätte es wohl für möglich gehalten, dass sich zwei hässliche Vögel in zwei wunderschöne Adler verwandeln können." Wieder Applaus. "Für mich ist es nicht hoch genug zu bewerten, dass es unserem Trainerteam innerhalb von zwölf Monaten gelungen ist, gleich zwei deutsche Nationalspieler entwickelt zu haben", sagte Baumann weiter.

Der 48-Jährige betonte ebenfalls, dass Werder trotz des sportlichen Tiefs rund um den Abstieg über die letzten drei Jahre knapp 50 Millionen Euro an Transferüberschüssen erzielt habe: "Und das mit Spielern, denen extern sehr regelmäßig die Qualität abgesprochen wurde." 14 dieser Spieler seien bereits in den Bremer U-Teams zum Einsatz gekommen, womit Baumann auch etwaiger Kritik an der Werder-Nachwuchsarbeit entschieden entgegentrat.

Baumann will "beruhigt nach Hause gehen"

Auf diesen Potenzialspielern soll künftig ein noch größerer Fokus legen, kündigte der Geschäftsführer an. Dabei seien Positiv-Beispiele von Spielern, die diesen Weg in dem Klub bereits gegangen sind, vonnöten: etwa Serge Gnabry, Maximilian Eggestein, Florian Grillitsch oder aktuell Marco Friedl, Romano Schmid, Nick Woltemade und Justin Njinmah. Außerdem sollen in Zukunft auch Ablösesummen in derlei junge Spieler investiert werden, was bislang nur äußerst selten der Fall war.

Spielpraxis auf hohem Niveau sei laut Baumann "der wichtigste Baustein" bei der Entwicklung neuer Talente. "Das hat sich auch durch den bitteren Abstieg unserer U 23 nicht verändert. Ich habe lieber für ein Jahr eine U 23 in der Bremen-Liga als gar keine U 23." Am Saisonende soll der Wiederaufstieg in die Regionalliga stehen, damit Baumann auch in dieser Hinsicht dann nach acht Jahren bei Werder "beruhigt nach Hause gehen kann".

Tim Lüddecke

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