Champions League

Achtung, Atletico: Dieses Inter ist brandgefährlich

Qualität in allen Mannschaftsteilen

Ein neuer Ibrahimovic und Duell unter Freunden: Warum Inter brandgefährlich ist

Ein bärenstarkes italienischen Team im Rampenlicht: Inter Mailand schraubt fleißig an einer Top-Saison.

Ein bärenstarkes italienischen Team im Rampenlicht: Inter Mailand schraubt fleißig an einer Top-Saison. Inter via Getty Images

Robin Gosens auf Romelu Lukaku - und die Verlängerung im Champions-League-Finale 2023 war zum Greifen nah. Der Belgier aber hatte die große Möglichkeit beim Duell mit dem späteren Sieger Manchester City kurz vor Schluss liegenlassen.

Die Folge daraus: enttäuschte Nerazzurri-Mienen, traurigerweise rassistische Beleidigungen gegen eben jenen Lukaku und die sofortige Neuausrichtung des Teams auf die aktuelle Spielzeit 2023/24.

Und was soll man sagen? Die Truppe von Erfolgstrainer Simone Inzaghi, der seit 2021 im Amt ist und bereits bei zwei Coppa-Italia-Triumphen mit den Lombarden steht, hat den Frust aus dem guten Finalauftritt in pure Motivation auf allen Ebenen übertragen.

Der Meistertitel Nummer 20 winkt schon

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Denn abgesehen vom auch selbst verschuldeten Pokal-Aus im Achtelfinale gegen Serie-A-Überraschungsklub Bologna (1:2 nach Verlängerung) läuft es rund. In der Königsklasse nämlich ist souverän die K.-o.-Phase erreicht worden, während im Ligabetrieb der gesamte Rest des Feldes komplett dominiert wird.

Und zwar so sehr, dass dem FC Internanzionale schon jetzt zur ersten Meisterschaft seit 2020/21 - noch unter Coach Antonio Conte - und zum insgesamt 20 Scudetto gratuliert werden kann. Nach 23 absolvierten Ligaspielen stehen die Mailänder als höchst souveräner Tabellenführer bereits bei stolzen 63 Punkten, haben Verfolger Juventus (ein Spiel mehr) schon auf neun Zähler distanziert und sind erst einmal geschlagen worden - am 6. Spieltag beim 1:2 gegen Sassuolo.

Was außerdem auffällt: Wie beim jüngsten 4:0 gegen Schlusslicht Salernitana tritt Inter sehr abgezockt auf, steht immens sicher (erst zwölf Gegentreffer in der Serie A sind der absolute Topwert), geht Aufgaben seriös an und ist vor allem immer für Tore gut. Hakan Calhanoglu mit schon neun Ligatoren in neuer Rolle, Kapitän Lautaro Martinez mit 20 Treffern und Marcus Thuram mit zehn stechen hier besonders hervor.

Thuram ist dabei ein besonderer Charakter: Gekommen von Borussia Mönchengladbach, hat der Franzose den unrühmlichen Abschied von Torgarant Lukaku (keine Inter-Rückkehr, Verhandlungen mit Juventus und letztlich der Leihe von Chelsea zur Roma), der auch seinen kongenialen Partner Lautaro damals mit einem nicht angenommenen Telefonat vor den Kopf gestoßen hat, nahtlos vergessen lassen. Thuram erweist sich als Top-Angriffskraft und versteht sich allen voran ebenfalls herausragend mit Lautaro.

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"Ich habe mich schon vor zwei Jahren in diesem Trikot gesehen", hatte der ehemalige Gladbacher (111 Bundesliga-Spiele, 34 Tore, 23 Vorlagen) in einem Interview mit der "Gazzetta dello Sport" bereits im Oktober 2023 gesagt. Lob hatte es damals auch von Italiens Legende und Weltmeister Fabio Cannavaro gegeben: "Marcus erinnert mich etwas an Zlatan Ibrahimovic in seinen ersten Jahren bei Juventus Turin."

Thurams Antwort darauf: "Ich bin stolz auf den Vergeich, weil es schön ist, mit einem großartigen Fußballer wie 'Ibra' verglichen zu werden. Ich hoffe, dass ich so werden kann wie er." Der "Corriere della Serra" hatte ebenfalls bereits die französisch-argentinische Kombination im Inter-Sturm in den höchsten Tönen gelobt: "Thuram und Lautaro bilden das mächtigste, beste und kompletteste Duo in der Serie A." Und darüber hinaus besticht Mailands Kader mit purer Erfahrung - etwa Oldie Henrikh Mkhitaryan (35), edlen Technikern wie Nicolo Barella (27) und überhaupt mit einer massiven Breite vor dem im Sommer gekommenen und sicheren Rückhalt namens Yann Sommer (35).

Inzaghi kennt das Simeone-Atletico genau

Diese Qualitäten von Thuram und seiner gesamten Einheit weiß allen voran Coach Inzaghi, selbst früher langjähriger Profi bei Piacenza Calcio und Lazio Rom (Meisterschaft 2000), zu schätzen. "Die Jungs waren großartig, wir haben mit der richtigen Herangehensweise erneut ein professionelles Spiel abgeliefert. Wir wussten, dass Salernitana in letzter Zeit vielen Mannschaften große Probleme bereitet hat - darunter Napoli, Juventus und Milan", lobte der 47-Jährige die stets starke Einstellung seiner Schützlinge gegenüber Sky Sport Italia.

"Insgesamt ist das Team reifer geworden", erkennt Inzaghi darüber hinaus in seinen ersten Inter-Jahren. "Wir stellen die Räume gut zu und halten auch fast immer die Balance."

Diego Simeone (Mi.) und Simone Inzaghi (leicht verdeckt halblinks)

Meisterspieler von Lazio Rom im Jahr 2000: Diego Simeone (Mi.) und Simone Inzaghi (leicht verdeckt halblinks). imago/Buzzi

Und genau das soll seine Mannschaft unter der Woche im bevorstehenden Hinspiel im Champions-League-Achtelfinale gegen Atletico Madrid (Dienstag ab 21 Uhr, LIVE! bei kicker) erneut unter Beweis stellen. Also gegen ein Team, das jüngst in der spanischen Liga mit einem 5:0 gegen Las Palmas erfolgreich gewesen ist. Und gegen ein Team, welches Inzaghi bestens zu kennen glaubt.

"Es wird ein großartiges Achtelfinale mit zwei Spitzenteams in zwei wunderschönen Stadien vor ausverkauftem Haus", ist sich der Mailänder Coach sicher. "Atletico hat in den letzten zehn Jahren zwei Endspiele bestritten und kann auf eine großartige Geschichte in diesem Wettbewerb zurückblicken. Unser Verein ist da nicht anders - und wir wollen erneut versuchen zu träumen, um unseren Fans noch mehr Freude bereiten zu können. Wir sind glücklich, weiterhin regelmäßig an großen europäischen Spielen teilnehmen zu können."

Wir waren Teamkollegen, wir sind Freunde. Und ich weiß, wie er sich auf Spiele vorbereitet.

Simone Inzaghi über Diego Simeone

Dass die ebenfalls defensivstarken und offensiv gefährlichen Madrilenen hierbei auf dem Weg in ein erneutes CL-Finale einen schweren Brocken vor der Brust haben, liegt auf der Hand. Doch gerade Atletico-Coach Diego Simeone kann für Inzaghi der Schlüssel sein. Warum? Weil die beiden einst zusammen im Lazio-Dress den Scudetto 2000 errungen haben.

"Diego ist ein großartiger Trainer, mit dem ich eine ausgezeichnete Beziehung pflege", hat Inzaghi im Vorfeld dieses bevorstehenden Kräftemessens gesagt. "Ich habe mit ihm viel gewonnen, unter anderem eben den Meistertitel mit Lazio. Ich kenne ihn also sehr gut, wir waren Teamkollegen, wir sind Freunde. Und ich weiß, wie er sich auf Spiele vorbereitet. Atletico ist eine schwierige Mannschaft. Sie werden schwer zu schlagen sein. Aber wir sind in der Lage, zwei großartige Spiele zu bestreiten. Es werden zwei Fußballschlachten sein - und wir müssen hart arbeiten. Doch wir werden bereit sein."

Simeones Inter-Vergangenheit - und Lautaros Weisheit

Marcus Thuram (li.) und Lautaro Martinez

Das Top-Sturmduo von Inter Mailand: Marcus Thuram (li.) und Argentiniens Weltmeister Lautaro Martinez. Inter via Getty Images

Im Übrigen treffen die beiden Teams erst zum zweiten Mal im Europapokal aufeinander - das erste Duell gab es 2010, als Atletico als amtierender Europa-League-Sieger im UEFA-Supercup den damaligen Triple-Champion Inter mit 2:0 besiegte. Im Stade Louis II in Monaco trafen damals José Antonio Reyes und Sergio Aguero für die Spanier.

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Was außerdem interessant ist: Sowohl Madrid (vier Siege, zwei Remis) als auch Mailand (drei Erfolge, drei Unentschieden) sind in dieser Champions-League-Saison noch gänzlich unbesiegt. Und: Atleti-Trainer Simeone kickte selbst einst von 1997 bis 1999 für Inter und gewann mit den Nerazzurri 1997/98 den UEFA-Pokal.

Für den FC Internazionale darf es derweil gern der erste Triumph in der Königsklasse seit 2010 unter José Mourinho sein. Die Fähigkeit dazu haben die Lombarden allemal, das Team wirkt gefestigt, stabil und ist kreativ genug, um es mit jedem Gegner aufnehmen zu können. Oder in den Worten von Weltmeister Lautaro: "Wie wir damals nach dem Champions-League-Finale bereits gesagt haben, sind wir eine sehr starke Mannschaft - und wir arbeiten daran, die Flagge von Inter weiter hochzuhalten. Wir halten unser Schicksal in der eigenen Hand."

Markus Grillenberger