Bundesliga

Nach dem geplatzten Investoren-Deal: DFL-Bosse im Interview

Merkel und Lenz sprechen über den geplatzten Investoren-Deal

DFL-Bosse im Interview: "Rechtliche Perspektive heilt nicht die moralischen Debatten"

Sprachen über den geplatzten Investoren-Deal: Die DFL-Bosse Dr. Marc Lenz (li.) und Dr. Steffen Merkel (r.).

Sprachen über den geplatzten Investoren-Deal: Die DFL-Bosse Dr. Marc Lenz (li.) und Dr. Steffen Merkel (r.). IMAGO/Steinbrenner

Herr Merkel, Herr Lenz, würden Sie gerne wissen, wie Martin Kind im Dezember wirklich abgestimmt hat?

Marc Lenz: Nein, von niemandem der 36 Klubs, denn es gab im Liga-Verband Konsens für eine geheime Abstimmung. Grundsätzlich sind für die Zukunft der Bundesligen aber breite und akzeptierte Mehrheiten im Liga-Verband zentral, damit wir zukunftsweisende Themen auch umsetzen können.

Das Problem in Hannover ist ein jahrelanger ungelöster klubinterner Konflikt.

Marc Lenz

Ist die DFL sehenden Auges in diese Problematik rund um das Votum von Martin Kind gerannt, die Differenzen in Hannover zwischen e.V. und der Kapitalgesellschaft waren bekannt?

Steffen Merkel: Ich teile diese Meinung nicht. Wer dieser Ansicht ist, verkennt, dass wenige Tage vor der Abstimmung noch von weit mehr als 24 Klubs auszugehen war, die für einen solchen Prozess stimmen. Die Situation kam aber insbesondere deswegen zustande und hat zu so einer Kontroverse geführt, weil wir ein Abstimmungsergebnis mit exakt 24-mal Ja, zehnmal Nein und zwei Enthaltungen hatten.

Wäre es 29 zu sieben oder 28 zu acht ausgegangen, wie man aufgrund der Vorgespräche eher vermuten konnte, hätte niemand über das vermeintlich entscheidende Votum eines einzelnen Klubs diskutiert.

Lenz: Das Problem in Hannover ist ein jahrelanger ungelöster klubinterner Konflikt. Die Regelung gibt es seit 2004, mit einem einvernehmlich bestätigten Vertrag in 2019 und Streitigkeiten insbesondere seit 2022 auf Grundlage unterschiedlicher Auslegungen.

Bei DFL-Mitgliederversammlungen ist - mit Blick auf Hannover 96 genau wie jeden anderen Klub - entscheidend, dass die Lizenznehmer berechtigt vertreten sind und rechtmäßige Beschlüsse gefasst werden können. Das ist erst einmal die juristische Ebene, auf der die Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 11. Dezember auch extern mehrfach bestätigt wurde ...

... was die Fans nicht interessierte, weil es auch eine moralische Ebene gibt.

Lenz: Richtig, die formale und rechtliche Perspektive heilt nicht die Debatten, die sich auf moralischer Ebene und in Bezug auf die Akzeptanz entwickelt haben. Hier muss aber auch die Gesamtperspektive der DFL berücksichtigt werden, und somit auch das parallele Verfahren vor dem Bundeskartellamt, das 2018 infolge eines Ligabeschlusses initiiert wurde.

Damals übrigens mit 18-Ja-Stimmen, also einer deutlich schmaleren Mehrheit als im Dezember 2023 für einen Partnerprozess. Es geht um die kartellrechtliche Rechtssicherheit für die Regel. Daran arbeitet das Präsidium seit Jahren, ein konkreter Vorschlag wurde im März 2023 eingereicht. Ohne die Verzögerungen, die durch einen Befangenheitsantrag gegen das Kartellamt entstanden sind, wäre die 50+1-Regel wohl im September oder Oktober des vergangenen Jahres gestärkt worden.

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  • Für Investitionen u.a. in Digitalisierung wollte die DFL-Führung Kapital von einen Investor einholen.
  • Die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit wurde bei der geheimen Abstimmung auf die Stimme genau erreicht.
  • Nach einer außerordentlichen Sitzung hat die DFL beschlossen, den Partnerprozess nicht weiterzuführen. 

Können Sie die Kritik am Beschluss der DFL-Mitgliederversammlung nachvollziehen?

Merkel: Der Beschluss aus dem Dezember hatte ein Akzeptanzproblem. Aus juristischer Sicht war nach externer Prüfung jedoch auch klar, dass die Entscheidung rechtmäßig gefasst wurde und es eine klare Mehrheit der Klubs dafür gab. Für das DFL-Präsidium und uns als haftende DFL-Geschäftsführer bedeutete das den Auftrag, den Prozess fortzuführen. Diesen Auftrag, den die Klubs erteilt haben, müssen wir schon annehmen und ausführen - insbesondere weil auch aus den Reihen der Klubs in den ersten Wochen nach der Mitgliederversammlung am 11. Dezember lediglich vereinzelte Stimmen für eine Neuabstimmung zu vernehmen waren.

Hans-Joachim Watzke hat in dieser Woche bei einer BVB-Medienrunde verlauten lassen, dass sich Gruppierungen von lediglich 500 bis 800 Fans pro Klub durchgesetzt hätten, Umfragen nennen wesentlich höhere Zahlen an Kritikern. Teilen Sie die Einschätzung des DFL-Präsidiumssprechers?

Merkel: Ich würde sagen, und so habe ich auch Hans-Joachim Watzke verstanden, dass die organisierten Fans, die die Speerspitze des Ganzen waren, eine solche Größenordnung haben und dass die große Mehrheit der Stadionbesucher und Fußballinteressierten dem Ganzen deutlich weniger emotional und entschieden gegenüberstand.

Lenz: Wir haben sehr umfangreich kommuniziert und viele Details dargelegt, um dieses kontroverse und auch komplexe Thema einzuordnen. Auch die Klubs haben sich intensiv damit befasst. Wir hatten in den vergangenen 18 Monaten sehr viele Sitzungen dazu, um die unterschiedlichen Perspektiven innerhalb des Liga-Verbandes einfließen zu lassen. Allein die Arbeitsgruppe tagte 14-mal, wir hatten rund zehn Präsidiums- und Aufsichtsratssitzungen und genauso viele Klub-Treffen.

Da ist nichts in Hinterzimmern oder im Hau-Ruck-Verfahren gelaufen. Aber die Argumente für eine Partnerschaft sind nicht bis in die Fanszenen an den 36 Standorten durchgedrungen und sie sind von anderen Aspekten überlagert worden. Das muss man festhalten.

DFL "hätte den Klubs ein gutes Ergebnis präsentiert"

Wobei zuletzt im Liga-Verband der Kreis der Befürworter immer kleiner wurde …

Lenz: Wir hätten den 36 Klubs nach den Verhandlungen ein sehr gutes Ergebnis präsentiert, davon bin ich überzeugt, innerhalb der roten Linien, mit Sicherung der Mehrwerte, zu guten wirtschaftlichen Konditionen und mit Überraschungen zur Absicherung von Liga und Klubs. In den vergangenen Wochen wurde sehr emotional diskutiert, und das drehte sich fast nur noch um Debatten über Hannover 96 und die 50+1-Regel, weniger um den Kern und die Gestaltung der angestrebten Partnerschaft sowie die Weiterentwicklung.

War es dann Balsam auf Ihre Seele, dass beispielsweise Christian Keller und Axel Hellmann gesagt haben, dass die Kommunikationsprobleme bei den Klubs lagen?

Merkel: Beide haben geäußert, die Führung des eigentlichen Prozesses durch die DFL sei sehr gut gewesen. Das freut uns und das hat unser Team, das diesen Prozess über Monate gestemmt hat, auch verdient. Wir haben nach unserem Empfinden zu jeder Zeit sehr konstruktiv mit den Klubs zusammengearbeitet und wir haben auch nach dem Ende des Prozesses viele gute und offene Gespräche geführt - auch mit denjenigen, die nicht für eine Partnerschaft waren.

Ich finde, mit dem, was Axel Hellmann und Christian Keller gesagt haben, haben sie die Aufgabenteilung zwischen der DFL und den Klubs zutreffend eingeordnet. Es empfiehlt sich in dieser Hinsicht, auch mal einen Schritt zurückgehen: Teilweise wirkt es in der öffentlichen Debatte, als gäbe es auf der einen Seite eine autonome DFL und auf der anderen Seite die Klubs. Da wird die tatsächliche Struktur völlig verkannt.

Die 36 Klubs bilden den Liga-Verband und dessen Mitgliederversammlung als höchstes Organ - und dieser Verband hat eine Liga-Organisation in Frankfurt, die wir seit Juli führen. Unsere Aufgabe ist es, bestmögliche Rahmenbedingungen für den deutschen Profifußball zu schaffen. Alles, was wir tun, machen wir für die Bundesliga und die 2. Bundesliga.

0:1 für alle, die an einer positiven Weiterentwicklung der Zentralvermarktung interessiert sind.

Marc Lenz

Wie schwierig war es, sich zum Abbruch des Investorenprozesses durchzuringen? Und hat man sich damit erpressbar gemacht?

Lenz: Zu Teil eins der Frage: Ich sehe es als ein 0:1 für alle, die an einer positiven Weiterentwicklung der Zentralvermarktung interessiert sind. Eine starke Zentralvermarktung ist die Basis für langfristige Stabilität der Klubs und des Liga-Verbandes. Von daher war es auch keine einfache Entscheidung für das Präsidium, sondern eine notwendige Reaktion auf die geringer werdende Akzeptanz im Liga-Verband. Es gab zunehmend Signale von Klubs, dass sie zwar die Partnerschaft befürworten, aber auf Basis verschiedenster Gründe aktuell nicht daran festhalten können.

Merkel: Und zum zweiten Teil: Nein. Der Liga-Verband und die DFL werden weiter langfristig angelegte und strategisch wichtige Entscheidungen treffen und treffen müssen. Ich glaube nicht, dass der Abbruch des Prozesses eine Blaupause für weitere Probleme ist, sondern dass hier mehrere spezielle Faktoren zusammenkamen: Seit Jahren schwelende unterschiedliche Auffassungen darüber, wo der Fußball hinwill, haben sich im Thema strategische Partnerschaft Bahn gebrochen.

Hinzu kam die Debatte über die moralische Legitimation des Votums, die in der Konsequenz dazu führte, dass selbst weitgehende Protestformen wie lange Spielunterbrechungen bis zuletzt toleriert wurden. Das alles zusammengenommen, haben wir in den vergangenen Wochen eine außergewöhnliche Situation erlebt.

Das darf aber nicht dazu führen, dass künftig bei jedem Thema, das kontrovers ist, Spiele unterbrochen werden und damit massiver Einfluss auf den sportlichen Wettbewerb genommen wird. Daran kann niemand ein Interesse haben. Trotzdem sind Ableitungen aus dem Prozess zu treffen.

Lenz: Beispielsweise müssen im Liga-Verband Absprachen zu weitreichenden Themen intensiv geführt und auch innerhalb der Klubs gestärkt werden, damit eine breite Basis auch nach Abstimmungen und in den Folgeprozessen fortbesteht.

Die 50+1-Regel ist und bleibt klarer Bestandteil, aber wir wissen auch, dass es einige Themen zu regeln gilt.

Marc Lenz

Vergangenes Wochenende protestierten Eintracht-Fans gegen den VfL Wolfsburg und die Ausnahmen bei 50+1, befürchten Sie eine neue Welle?

Lenz: Davon gehen wir aktuell nicht aus und wir appellieren auch da, sich mit den Fakten auseinanderzusetzen. Das Präsidium und wir haben sehr klar gemacht, dass 50+1 für uns ein sehr hohes Gut ist. Wir haben als Geschäftsführung direkt nach unserem Einstieg im Juli die Zielsetzung formuliert, dass wir die Bundesliga und 2. Bundesliga als sportlich attraktive Ligen erhalten wollen, die wirtschaftlich wettbewerbsfähig bleiben - und das mit finanziell stabilen Klubs und mit 50+1.

Die 50+1-Regel ist und bleibt klarer Bestandteil, aber wir wissen auch, dass es einige Themen zu regeln gilt. Angefangen bei der grundlegenden kartellrechtlichen Rechtssicherheit bis hin zu Einzelthemen in der Umsetzung.

Können Sie den Unmut gegen die Alimentierung einiger Klubs nachvollziehen?

Lenz: Ja und nein, denn auch hier muss das Gesamtbild gesehen werden. Es gibt viele Traditionsvereine, die extern subventioniert werden oder Anteilseigner haben, und nicht nur einige wenige ausgewählte Klubs, die gerne als Beispiel genutzt werden. Zudem wird dies sowohl durch das Zusagenangebot der DFL an das Bundeskartellamt adressiert als auch durch neue Regularien zur Stärkung der finanziellen Stabilität, die aktuell erarbeitet und diskutiert werden.

Nach dem Scheitern steht nun die Teil-Autonomie der Bundesliga im Raum. Was würde das konkret bedeuten?

Merkel: Sie spielen auf eine Aussage von Hans-Joachim Watzke an, der aber zugleich betont hat, dass ihm die Einheit der 36 Klubs wichtig ist. Das sehen wir als Geschäftsführung auch so. Bei dem Gedankenmodell Teil-Autonomie könnten die Ligen noch stärker über eigene Geschicke entscheiden.

Beispielsweise insofern, als nach einem Grundsatzbeschluss des Präsidiums zur Aufteilung der Erlöse zwischen den Ligen die dann folgende konkrete Verteilung von Medienerlösen - also dem Fernsehgeld - innerhalb der Ligen jeweils ligaintern durch die entsprechenden Vertreter im Präsidium geregelt werden könnte und nicht wie bisher in einem Beschluss des gesamten Gremiums.

Ein weiteres Beispiel ist, dass die Besetzungen von Präsidium und Aufsichtsrat der DFL getrennt vonstattengehen könnten, die jeweilige Liga würde allein über ihre Vertreter entscheiden. Wichtig ist mir aber: Das ist primär kein Thema der DFL-Geschäftsführung, sondern der Klubs - denn die notwendigen Satzungsänderungen müsste die Mitgliederversammlung beschließen.

Der Investitionsbedarf in die Vermarkung des deutschen Profi-Fußballs wird auch von den Klubs nicht bestritten, kommt jetzt eine abgespeckte Version?

Merkel: Durch eine Partnerschaft mit einem Private-Equity-Unternehmen sicher nicht. Wir machen uns als DFL-Geschäftsführung schon lange und unabhängig von der Suche nach einem strategischen Partner Gedanken, wie wir die Liga im Sinne der 36 Klubs entwickeln können. Wir stellen sicher nicht unsere Arbeit ein, der Partnerprozess war längst nicht das einzige Thema auf unserer Agenda. Alles weitere werden wir in den nächsten Wochen in den Gremien und Regionalkonferenzen diskutieren. Vor der Entscheidung für die Suche nach einem strategischen Partner wurden bereits mögliche Alternativen besprochen.

Binnenfinanzierung oder Fremdfinanzierung als Plan B

Nämlich?

Merkel: Ein Stichwort lautet Binnenfinanzierung, bei der man für eine gewisse Zeit den Abgabensatz an die DFL erhöhen müsste. Oder eine Fremdfinanzierung, um die nötigen Investitionen per Kreditaufnahme zu ermöglichen. Im November haben aber nur rund eine Handvoll Klubs solche Modelle befürwortet. Daher muss man schon sehr genau schauen, ob, nachdem Plan A nicht geklappt hat, ein schon einmal verworfenes Konstrukt das Richtige sein kann, um mindestens zwei Drittel der Klubs hinter sich zu bringen.

Ist die Möglichkeit der Binnenfinanzierung angesichts der wirtschaftlichen Situation mancher Klubs überhaupt realistisch?

Lenz: Nur wenige Klubs haben uns signalisiert, dass dieses Modell für sie eine Option ist - primär wirtschaftlich starke Klubs, mit guter Eigenkapitalposition und sportlich nationalem Fokus auf die Bundesliga. Generell erachten wir die Finanzierung auf Liga-Ebene für bevorzugt, auch zum Schutz der Finanzierungs- und Eigentümerstrukturen von Klubs.

Vielen ist nicht bewusst, dass dies im Ausland anders ist, denn dort wird Investitionskapital auf Basis gering regulierter Eigentümer über die Klubs generiert. In der Premier League wurden über Klub-Eigentümer in den vergangenen zehn Jahren mehr als sechs Milliarden Euro investiert, um die heutige starke Stellung zu schaffen - auch für Investitionen in Infrastruktur und Nachwuchsleistungszentren. Dies ist in der Bundesliga nicht möglich, und daher gilt es Lösungen auf Liga-Ebene für Investitionen in die Zentralvermarktung zu finden.

Christian Heidel sprach bei einer Binnenfinanzierung von sieben bis acht Millionen Euro pro Saison, die Mainz 05 weniger zur Verfügung hätte. Ist das die Hausnummer?

Merkel: Legt man die Investitionspläne aus dem Partnerprozess zugrunde, läge die Größenordnung etwa bei 8 bis 9 Prozent der Medieneinnahmen, die auf den aktuellen Abgabensatz von 7,75 Prozent obendrauf kämen. Zudem wurde aus meiner Sicht in der Debatte bislang eine Sache komplett außer Acht gelassen: Ob die Binnenfinanzierung überhaupt ein Modell sein kann, hängt sicher auch vom finanziellen Ergebnis der Ausschreibung der Medienrechte im deutschsprachigen Raum und den sich daraus ergebenden Spielräumen ab.

Merkel befürchtet keine negativen Auswirkungen auf die Medienrechte

Mit Blick auf die nationalen Medienrechte - das Wiederreichen der Milliardengrenze pro Saison gilt laut Experten als Erfolg: Spüren Sie Auswirkungen auf den Prozess?

Merkel: Ich befürchte keine negativen Auswirkungen, weil wir das Konzept unabhängig von dem Partnerprozess entwickelt haben. Im Dezember hat die DFL-Mitgliederversammlung ohne Gegenstimme entschieden, dass in der Rechteperiode ab 2025 eine noch umfassendere Unterstützung von Medienpartnern durch die Klubs möglich wird. Die Berichterstattung über beide Ligen bei unseren künftigen Medienpartnern wird sowohl unter der Woche als auch am Spieltag verstärkt. Dafür haben wir die notwendigen Mittel vorgesehen.

Eine strategische Vermarktungspartnerschaft wäre langfristig angelegt gewesen, nur gewisse Investitionen hätten schon kurzfristig Relevanz für die Ausschreibung gehabt, etwa die in den Rechteschutz und Kampf gegen illegale Livestreams. Da werden wir sehen müssen, was wir umsetzen können, wobei wir auch da bereits Dinge angeschoben haben.

Dass jeder geworfene Tennisball den Wert der nationalen Medienrechte schmälern soll, wie mancherorts zu lesen war, hat aber wenig mit den Realitäten der Ausschreibung zu tun, auch wenn das Bild der Unterbrechungen keines ist, das wir langfristig abgeben wollen.

Lenz: Eher gilt umgekehrt, dass ein Abschluss mit einem Vermarktungspartner neben dem sehr guten Ausschreibungskonzept ein weiteres positives Signal an Medienpartner gewesen wäre.

Konkret gefragt: Gab es messbare Reichweitenausschläge in die eine oder andere Richtung während der Proteste?

Merkel: Eine positive Entwicklung haben wir nicht feststellen können, ein Geschäftsmodell wird daraus also nicht entstehen (schmunzelt). Aber auch ins Negative gab es keine Ausschläge. Dennoch beschäftigt es unsere Medienpartner, die der Bundesliga und der 2. Bundesliga zum Teil schon seit Jahrzehnten verbunden sind. Wenn fünf Samstagsspiele in der Konferenz unterschiedlich lange unterbrochen sind, haben sie plötzlich keine parallele Halbzeitpause mehr und damit Auswirkungen auf die Vermarktbarkeit von Werbeblöcken. Auch die Verlängerung von Satellitenkapazitäten kostet auf Dauer richtig Geld.

Ohne Stärkung der Zentralvermarktung besteht das Risiko abnehmender Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit.

Marc Lenz

Haben sich die Fans selbst ins Knie geschossen, weil die Klubs womöglich Ticketpreise erhöhen, um Investitionen zu finanzieren?

Lenz: Eine Finanzierung ohne Partner oder externe Lösung könnte die Klub-Finanzen unter Druck setzen. Die Stellschrauben der Klubs, unter anderem Ticketpreise, sind aber ein vereinsinternes Thema. Wir haben stets darauf hingewiesen, dass die Zentralvermarktung eine wirtschaftliche Versicherung für die 50+1-Regel ist. Ohne Stärkung der Zentralvermarktung besteht das Risiko abnehmender Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Bundesligen, und daraus folgend Druck auf die Eigentümerstrukturen von Klubs. Um das Risiko zu lindern, gilt es andere Wege für eine Stärkung der Zentralvermarktung zu finden.

Thomas Kessen (Fanverband Unsere Kurve),

hart aber fair Polittalk, TV, Format, mit Moderator - Louis Klamroth, Thema: Aufstand der Fans - machen Investoren den Fu?ball kaputt , Das Erste,
19.02. 2024, Foto: HMB Media/Uwe Koch

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Klubs könnten auch die Ausgaben drosseln. Ausgegangen von den 8 bis 9 Prozent an Abgaben: Würde das den nationalen Wettbewerb wirklich so sehr treffen?

Lenz: Wären wir eine geschlossene nationale Liga wie die großen US-Ligen, ließe sich das mit nationalen Obergrenzen regeln. Im Gesamtkontext des europäischen Wettbewerbs aber würde die Attraktivität unserer Ligen leiden und ein sportlicher und wirtschaftlicher Abstieg der Bundesligen eingeleitet.

Sie haben aber vollkommen Recht: Kosten, Defizite und Eigentümer müssen international umfänglich reguliert werden. Hieran arbeiten wir seit Jahren intensiv. Mit Gehaltskosten unter 50 Prozent der Umsätze agieren Bundesliga-Klubs schon jetzt sehr rational und wesentlich gesünder als Klubs in anderen Top-Ligen. Es gilt Regularien zu etablieren, die gesund handelnde Ligen und Klubs schützen und die finanzielle Stabilität im europäischen Fußball generell forcieren.

Die DFL hat einen Vorschlag der absoluten Kaderkostenobergrenze eingereicht bei der UEFA. Wie sind da die Entwicklungen?

Merkel: Wir setzen uns klar dafür ein. Allerdings gilt es die rechtlichen Konsequenzen des EuGH-Urteils zur Super League zu berücksichtigen. Das Thema absolute Kostenobergrenze ist eine sehr umfangreiche Diskussion und ist nichts, was in zwei, drei Monaten entschieden sein wird.

Zählen Sie neben UEFA und ECA auch auf die EU-Kommission?

Lenz: Ja. Wir prüfen und arbeiten auf einigen Wegen. Die UEFA zeigte in ihrem Finanzreport zuletzt positive und negative Entwicklungen des europäischen Fußballs auf, und im Hinblick auf negative Entwicklungen gilt es durch verbandsrechtliche Regularien der UEFA zu reagieren und die Werte des europäischen Sportmodells zu schützen. Darüber hinaus gibt es den politischen Weg, sowohl auf Basis des EuGH-Urteils als auch, zum Beispiel, mit der sogenannten Drittstaatensubventionsverordnung, die Investitionen aus Drittstaaten und deren Auswirkungen auf den Wettbewerb in der EU adressiert.

Zwei zentrale Themen: Starke Zentralvermarktung und gute Finanz- und Eigentümerregeln

Das wird dem ECA-Vorsitzenden Nasser Al-Khelaifi, der über sein Engagement beim katarischen Sportfonds auch CEO von Paris St. Germain ist, nicht gefallen.

Lenz: Möglicherweise gefällt das dem ECA-Vizevorsitzenden, Bayerns Vorstandsvorsitzenden Jan-Christian Dreesen, mehr als anderen Klubs (schmunzelt). Wobei auch die ECA und der ECA-Vorstand gesamtheitlich an einem gesunden wirtschaftlichen Fußball interessiert sein werden. Natürlich gibt es Klubs und Verbände, die eher in eine andere Richtung und weniger Regulierung tendieren. Aber wir merken zugleich, dass es zunehmend Ligen und Klubs gibt, die mit uns gemeinsam gegen gewisse Fehlentwicklungen vorgehen. Ich sehe Chancen, dass wir in den kommenden Jahren vorankommen.

Für unser deutsches Modell sind diese beiden Themen zentral. Wir brauchen erstens eine starke Zentralvermarktung, weil sie die Grundlage für attraktive Ligen und solidarisch finanzierter Klubs unter den Bedingungen von 50+1 ist. Und wir brauchen zweitens international gute Finanz- und Eigentümerregeln. Für beides arbeiten wir jeden Tag.

Interview: Michael Ebert, Benni Hofmann

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