Bundesliga

Freiburg-Verteidiger Siquet über seine Rolle unter Streich

Der Freiburger Winterzugang über ein "hartes" Halbjahr, Konkurrenz und Ziele

Siquet: "Ohne diese Leute hätte ich den Fokus nicht behalten"

Komplizierter Konkurrenzkampf: Der belgische Rechtsverteidiger Hugo Siquet will sich im Freiburg-Trainingslager in Österreich aufdrängen.

Komplizierter Konkurrenzkampf: Der belgische Rechtsverteidiger Hugo Siquet will sich im Freiburg-Trainingslager in Österreich aufdrängen. IMAGO/Eibner

Aus dem Freiburger Trainingslager in Schruns berichtet Carsten Schröter-Lorenz

In der abgelaufenen Saison verfügte der Sport-Club in der Breite gesehen über die bislang höchste Kaderqualität. Die wurde durch die Verpflichtungen von Daniel-Kofi Kyereh, Ritsu Doan und Michael Gregoritsch in der Offensive nochmals erhöht. Ein besonderes Gedränge herrscht aber schon seit einem halben Jahr rechts hinten.

Über Jahre teilten sich dort der frühere Flügelstürmer Jonathan Schmid (32) und der schnelle und defensivstarke Lukas Kübler (29) die Arbeitszeit. Auch durch Schmids lange coronabedingte Ausfallzeit ist der im Angriffsspiel verbesserte Kübler zum Platzhirsch aufgestiegen. Das Duo bot bisher kaum ein Schlupfloch für Siquet. Im Januar verließ er erstmals überhaupt seine belgische Heimat und seinen Ausbildungsklub Standard Lüttich, bei dem er zuvor einige Mal in der 1. Liga zur Stammelf gezählt hatte.

Gegen die Bayern zahlte Siquet Lehrgeld

"Es war hart für mich, von Belgien nach Deutschland zu wechseln", sagt Siquet nach der über zweitstündigen Vormittagseinheit am Dienstag im Gespräch mit dem kicker: "Über sechs Monate ging es viel um Anpassung, ich habe viel gelernt und versucht, viel Krafttraining zu machen und meine Verteidigungsarbeit zu verbessern." Gespielt hat er wenig. Viermal bei der U 23 in der 3. Liga. Zunächst zweimal auf Wunsch des Trainerteams, um Material für Videoanalysen zu bekommen. Gegen Ende der Saison lief Siquet auf eigenen Wunsch für die Zweite auf, um Wettkampf zu haben.

Bei den Profis blieben ihm Training, Testspiele und gut zwanzig Minuten Bundesliga-Premiere beim 1:4 gegen die Bayern, als er zwar mutig auftrat, gegen das Starensemble aber auch Lehrgeld zahlte. "Es war hart, weil ich es nicht gewohnt war, jede Woche auf der Bank zu sitzen oder gar nicht im Kader zu sein", räumt Siquet ein: "Ich habe viele Menschen wie meine Familie, meine Freundin und meinen Berater um mich herum, die mir helfen. Ohne diese Leute hätte ich den Fokus nicht behalten und weiterkämpfen können."

Flanken: In Belgien als seine Stärke bekannt

Er ist sich darüber im Klaren, dass es im Profifußball für Einzelne immer Dürrephasen gibt, kürzere und längere. Dann gelte es noch härter zu arbeiten. Das beherzige er, findet Siquet, sagt aber auch: "Als ich kam, war es nicht der Plan, ein Jahr oder eineinhalb Jahre auf der Bank zu bleiben." Für die Position von Trainer Christian Streich und Co. habe er einerseits Verständnis: "Ich verstehe, wenn sie sagen, ich soll geduldig bleiben, weil sie mich geholt haben und mir vertrauen." Andererseits gelte für ihn - wie für jeden anderen Profi auch: "Natürlich will ich spielen." Am liebsten gestern als morgen.

Siquet ist der Meinung, dass er dieser zuletzt so erfolgreichen Freiburger Mannschaft "in gewissen Momenten auf dem Feld etwas bringen kann". Was genau? "Meine offensive Art und Weise und meine Flanken. In Belgien bin ich für meine Flanken bekannt und die kann ich auch in der Bundesliga bringen. Ich habe viel daran gearbeitet, von überall gut zu flanken. Die besten bringe ich 20 Meter vor der Grundlinie entfernt in den Rücken der Abwehr." Auch das direkte Spiel liege ihm.

Individuelle Förderung oder ein bewährtes Duo?

Klingt attraktiv. Aber wie steht’s um die defensiven Fähigkeiten des eher schmächtigen 1,80-Meter-Mannes? "Ich bin besser geworden, aber ich kann es noch nicht richtig beurteilen, weil ich noch nicht wirklich gegen andere Bundesligaspieler im Wettkampf gespielt habe. Meine Mitspieler im Training kenne ich gut, das ist nicht Dasselbe. Ich muss auf dem Feld Erfahrungen sammeln, um es beurteilen zu können."

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Nachvollziehbar. Aber Streich wird knallhart abwägen, wann er diese risikobehaftete, individuelle Fördermaßnahme im Sinne des Mannschaftserfolgs verantworten kann. Bei Kübler und Schmid weiß er, was er bekommt. "Es ist schwierig, weil ich zwei Spieler mit viel Erfahrung vor mir habe und ich eben noch keine Erfahrung in der Bundesliga besitze", weiß Siquet. Aber das gebe es in nahezu jedem Team. "Meine Aufgabe ist es, an ihnen vorbeizukommen", betont der U-21-Nationalspieler, der allerdings auch noch einen gleichaltrigen Mitspieler im Auge behalten muss. Der körperlich robuste Franzose Kiliann Sildillia ist zwar etatmäßiger Innenverteidiger, hat in der vergangenen Hinrunde aber auch schon Kübler in der Startelf vertreten und macht im Trainingslager einen guten Eindruck.

Typisch Freiburg: Familiärer Umgang abseits des Rasens

Zumindest muss er - typisch Freiburg - nicht auch noch mit fiesem Verhalten der Rivalen klarkommen. Im Gegenteil. "Sie haben mir in den ersten sechs Monaten geholfen. Mit Johnny habe ich mich oft auf Französisch unterhalten, auch Kübi hat mit mir gesprochen. Neben dem Feld ist es eine große Familie bei uns. Das ist nicht in jedem Klub so. Das ist ein gutes Gefühl", erzählt Siquet, stellt aber auch klar: "Im Training sind wir keine Freunde, da gibt jeder alles dafür zu spielen."

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Vom Profil her passt er als Außenspieler eher ins 3-4-3, die aktuelle Tendenz zum 4-4-2 kommt Siquet nicht entgegen. Davon will er sich aber keineswegs entmutigen lassen. "Wir haben viele Spiele, ich hoffe, dass ich einige Minuten bekomme. Dann muss ich beweisen, dass ich gut genug für die Bundesliga bin und alles geben, um besser zu werden. Man weiß nie, was dann passiert. Im Fußball kann es manchmal schnell gehen."

In diesem Fall scheint allerdings eher weiterhin Geduld gefragt. Auch für die SC-Entscheider, die trotz auch wirtschaftlich deutlich gewachsener Möglichkeiten nicht einfach so 4,5 Millionen in den Wind schießen können. Noch ist freilich alles drin, auch ein letztlich sehr lohnendes Investment. Siquet ist erst 20 - und hat trotzdem schon, anders als viele seiner Kollegen, einmal für Lüttich in der Europa League gespielt. Ob das ein Plus ist, wird sich zeigen.

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