Bayerns Coach Thomas Tuchel musste nach der 1:3-Pleite beim FSV Mainz 05, dem vierten sieglosen Spiel nacheinander, auf Upamecano (Muskelfaserriss) sowie Davies (Muskelverletzung) verzichten und ließ zudem Müller und Stanisic auf der Bank. Neu dabei: Pavard, Mazraoui, Gnabry und Coman, der sich laut Trainer unter der Woche im Training in Topform gezeigt hatte.
Hertha-Trainer Pal Dardai tauschte im Vergleich zum 2:4 gegen Werder Bremen gar sechsmal: Kenny, Uremovic, Rogel, Boetius, Mittelstädt und Niederlechner ersetzten Kempf (Gelb-Sperre), Dardai, Richter (beide angeschlagen), Pekarik, Cigerci und Scherhant (alle Bank).
Wohl auch aufgrund der personell angespannten Situation ließ Dardai sein Team lediglich mit vier Mann im Zentrum auflaufen und bot dafür gleich zwei Angreifer auf. Wenngleich die Berliner nominell offensiver ausgerichtet waren als in Bremen, so lag ihr Augenmerk voll auf der Defensive. Hertha war um Stabilität bemüht und stellte sich recht geschickt an. Nach vorne hofften die Gäste auf Konter.
Bundesliga, 30. Spieltag
Bayern ohne Durchschlagskraft
Und die Bayern? Sie hatten wenig überraschend vom Fleck weg mehr Spielanteile, doch entfachten sie zu wenig Gefahr. Der Rekordmeister setzte verstärkt aufs Flügelspiel - immer wieder segelten Flanken in den Berliner Strafraum, nur fand sich so gut wie nie ein Abnehmer im Zentrum. Herthas Hünen hatten die Lufthoheit.
Aufregung kam nach 27 Minuten auf, als Coman bei einem der seltenen Bayern-Konter im Strafraum im Duell mit Mittelstädt ins Straucheln kam und zu Boden ging. Schiedsrichter Patrick Ittrich machte zum Unmut der Hausherren sofort klar, dass das für ihn kein Strafstoß war. Die Bayern hatten phasenweise bis zu 80 Prozent (!) Ballbesitz, spielten aber auch zu statisch und mit zu wenig Tempo, sodass sie aus ihren Vorteilen kein Kapital schlagen konnten.
Erst zum Ende des ersten Durchgangs sah Tuchel nennenswerte Abschlüsse seiner Elf: Coman scheiterte an Christensen (35.), Pavards Distanzversuch sauste drüber (39.), ehe wiederum Christensen mit einem Riesenreflex gegen Gnabry glänzte (40.) und Mané eine Top-Kopfballchance aus fünf Metern verstreichen ließ (45.+2).
14:1-Torschüsse, 5:0-Ecken, 90 Prozent Passquote, 79 Prozent Ballbesitz, 57 Prozent Zweikampfquote: Ganz viele Faktoren sprachen in Hälfte eins für den FCB, lediglich in puncto Laufleistung waren die Herthaner etwas besser - und dennoch ging es mit einem nicht unverdienten 0:0 in die Pause. Nicht unverdient, weil die Berliner mit Herz und Leidenschaft spielten - und risikoscheuen Münchnern so Paroli boten. Die Frage war: Konnten sie das über 90 Minuten durchhalten?
Einbahnstraßenfußball in München
Tuchel brachte Sané für Goretzka zum Seitenwechsel - und sah dann ein Spiel, das fast nur in eine Richtung ging: Die Bayern übten enormen Druck aus und schnürten die Berliner in deren Hälfte ein. Hertha kam kaum zu Entlastung, ließ aber auch nicht viel zu - auch zahlreiche Ecken für den FCB änderten daran nichts, wenngleich Mané (48.) und de Ligt (50., 56.) immerhin Abschlüsse verbuchten.
Die Vorentscheidung: Kingsley Coman (li.) bejubelt das 2:0. IMAGO/Matthias Koch
Dennoch schien es nur eine Frage der Zeit, ehe ein Treffer fallen würde, zu drückend waren die Münchner. Die Erlösung folgte aus Bayern-Sicht schließlich in der 69. Minute, als Gnabry einen Kimmich-Chipball per Kopf zum vielumjubelten 1:0 veredelte.
Damit war den Bann gebrochen - und die Würfel zugleich gefallen. Hertha änderte trotz Rückstand nichts an seiner defensiven Grundausrichtung, während die Bayern fortan befreiter aufspielten und in der Schlussphase noch einmal zuschlagen: Wieder glänzte Kimmich mit einem feinen Ball in die Tiefe, diesmal auf Coman, der sich bedankte und flach zum 2:0-Endstand einschob (79.).
In der kommenden Woche gastiert der Rekordmeister am Samstagabend (18.30 Uhr) bei Werder Bremen. Hertha, wo mit Maza (17 Jahre) und Stange (19) im Laufe des Spiels gleich zwei Teenager ihr Bundesliga-Debüt feierten, empfängt zuvor (15.30 Uhr) den VfB Stuttgart zum Abstiegsgipfel und hofft dabei, die nunmehr acht Spiele währende Sieglosserie endlich zu beenden.