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Taktik-Analyse: So funktionieren die NFL-Offenses - Teil 2

kicker-Experte Adrian Franke sortiert die AFC-Teams

Taktik-Analyse: So funktionieren die NFL-Offenses - Teil 2

Bilden das gefährlichste Duo der NFL: Patrick Mahomes (li.) und Travis Kelce.

Bilden das gefährlichste Duo der NFL: Patrick Mahomes (li.) und Travis Kelce. Getty Images

Wie bereits in Teil 1 zur NFC starten wir auch hier mit einem rudimentären Überblick über die offensiven Kernphilosophien, welche die NFL heute prägen.

West Coast Offense:

• Fokus auf kurze und mittellange Pässe - primär horizontales statt vertikales Passspiel.

• Rhythmus und Timing sind von zentraler Bedeutung.

• Dropback des Quarterbacks ist präzise mit den Routes des Receivers synchronisiert.

• Spiel soll mit einer Mischung aus (meist Zone) Run Game und Kurzpassspiel kontrolliert werden.

• Viele In-Breaking-Routes, viel Pre-Snap-Motion, Tight Ends und Running Backs intensiv als Receiver eingesetzt.

Einst von Bill Walsh geprägt, gibt es heute keine "reine" West-Coast-Offense mehr. Kaum ein Team nutzt aber nicht zumindest einige Elemente aus dieser offensiven Philosophie. Andy Reid, Doug Pederson, aber auch Sean Payton sind einige Vertreter, deren Offenses im Kern West Coast Offenses sind.

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Air Coryell:

• Fokus auf ein vertikaleres Passspiel, das Downfield Passing Game ist prominenter als in anderen Offenses.

• Spread Offense, die bewusst ein höheres Risiko im Passspiel eingeht.

• Kombiniert in der Regel mit einem Power Run Game.

• Der Tight End übernimmt häufig eine vergleichsweise große Rolle als Receiver.

Erhardt-Perkins Offense:

• Extrem wandelbar, passt sich stark an die Spieler an: Eine EP-Offense kann genauso eine Oldschool-Run-Offense wie eine vertikale Spread-Offensive sein.

• So können aus unterschiedlichsten Formationen die gleichen Konzepte gespielt werden.

• Die Offense ist dementsprechend auch beliebig erweiterbar, etwa mit Option-Plays, Option-Routes und dergleichen.

Air Raid Offense:

• Sehr auf den Pass fokussiert, bis zu dem Grad, dass schnelle, kurze Pässe sogar das Run Game in Teilen ersetzen.

• Die Offense ist in ihrer reinsten Form dementsprechend stark auf Wide Receiver aufgebaut: 4-Receiver-Sets sind keine Seltenheit, Tempo ist Trumpf. Das sorgt bisweilen auch dafür, dass es der Offense an Komplexität fehlen kann.

• Spread-Formationen, auch 5 Wide, und der Quarterback in der Shotgun treten häufiger auf als in anderen Offenses.

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NFL Scheme Analyse 2023: Die AFC

Baltimore Ravens

Stat to Know 2022: Bei First Down spielten die Ravens in der vergangenen Saison lediglich sieben Prozent der Snaps aus 11-Personnel (ein Running Back, ein Tight End, drei Wide Receiver). Auf dem vorletzten Platz lagen die Falcons - mit einer 11-Personnel-Quote in Höhe von 28 Prozent.

Offense-Grundlage 2023: Moderne Air-Raid-Interpretation

Vielleicht kein Team wagt dieses Jahr eine größere Scheme-Veränderung. Seit Lamar Jackson als Starter in Baltimore übernommen hat, lebten die Ravens unter Greg Roman in erster Linie von einem vielseitigen Run Game, das aus engen Formationen, mit Fullback, vielen Tight Ends und dem Quarterback als tragender Säule im Run Game funktionierte. Doch es war nicht nur der klare Fokus, die Balance passte gerade am Ende nicht mehr; das Passing Game wirkte mehr wie ein vernachlässigtes Nebenprodukt.

Jetzt kommt Todd Monken, der Wurzeln in der Air Raid Offense hat, zuletzt bei Georgia aber auch seine Anpassungsfähigkeit unter Beweis stellte. Klar ist, und das haben die Ravens mit ihrer Offseason untermauert: Die Wide-Receiver-Position, die unter Roman in Baltimore eine vergleichsweise geringe Rolle hatte, wird deutlich stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. 3-Receiver-Sets etwa dürften merklich prominenter werden, insgesamt sollte das Passspiel nicht nur schematisch elaborierter werden, sondern auch rein quantitativ mehr im Vordergrund stehen.

Buffalo Bills

Stat to Know 2022: Josh Allen war der einzige Spieler in der vergangenen Saison, der über 500 Rushing Yards (808) und gleichzeitig über 4.300 Passing Yards (4.898) auflegte.

Offense-Grundlage 2023: Flexible Spread Offense

Die Bills-Offense hat sich über die letzten Jahre bereits weiterentwickelt - insbesondere zuletzt hatte ich den Eindruck, dass zu viel auf den Schultern von Josh Allen abgeladen wird. Will sagen: Buffalo täte gut daran, den schematischen Floor anzuheben, um Allen etwas zu entlasten, und ich frage mich, ob wir in dieser Offseason Tendenzen dahingehend gesehen haben: Die Verpflichtungen von O'Cyrus Torrence und Damien Harris könnten Hinweise darauf liefern, dass die Bills ein Power Run Game gezielt in die Offense einbauen wollen.

Erstrunden-Tight-End Dalton Kincaid indes könnte eine Rolle einnehmen, die ohne Cole Beasley gefehlt hat: Der verlässliche Underneath-Receiver, der die Option Routes im Kurzpassspiel läuft und in erster Linie First Downs produziert. Die Bills werden mit Allen vermutlich immer ein Stück weit aus Spread-Formationen agieren und auf Big Plays aus sein, was zu einer gewissen Inkonstanz führen kann. Gut möglich, dass sie jetzt versuchen, dem entgegenzuwirken, ohne dabei Allen in seiner Spielweise zu limitieren.

Cincinnati Bengals

Stat to Know 2022: Unter allen Starting Quarterbacks warf im Schnitt nur Tom Brady (2,28 Sekunden) den Ball letztes Jahr schneller als Joe Burrow (2,35 Sekunden). Dabei hatte Burrow in unter 2,5 Sekunden die dritthöchste durchschnittliche Target-Tiefe.

Offense-Grundlage 2023: Flexible West-Coast-Interpretation

Die Bengals haben in der vergangenen Saison eine eindrucksvolle Transformation an den Tag gelegt: Von der Playmaker-Offense aus der 2021er Saison, die viel zu sehr von Big Plays abhängig war, hin zu einer deutlich stabileren Version. Quarterback Joe Burrow wurde merklich konstanter im Kurzpassspiel und kam mehr und mehr in die Rolle eines Elite-Ballverteilers.

Und das aus der Pocket, ohne die Hilfe etwa von Play Action: Kein Starting-Quarterback hatte eine niedrigere Play-Action-Quote als Burrow, der bei nur 15,4 Prozent seiner Dropbacks einen Play-Action-Pass warf. Hier liegt vielleicht noch die größte strukturelle Kritik: Die Bengals haben noch Luft nach oben, wenn es darum geht, die eigenen Rushing-Designs mit den Passing-Designs zu kombinieren. Das könnte der Offense nochmals eine neue Ebene geben. Mit Burrow als Ballverteiler und den Elite-Receivern kann das Base Passing Game bislang aber die Offense tragen.

Joe Burrow und die Cincinnati Bengals zählen auch in dieser Saison zum engsten Anwärterkreis um die AFC-Krone

Joe Burrow und die Cincinnati Bengals zählen auch in dieser Saison zum engsten Anwärterkreis um die AFC-Krone. IMAGO/Icon Sportswire

Cleveland Browns

Stat to Know 2022: Nur 37 Prozent ihrer First-Down-Snaps verbrachten die Browns in der Shotgun - Platz 21 ligaweit und auf Augenhöhe mit den 49ers. Mit Deshaun Watson als Starter von Anfang an dürfte dieser Wert deutlich nach oben gehen.

Offense-Grundlage 2023: Hybrid aus West Coast und Spread

Vielleicht die wichtigste Storyline rund um die Browns vor der kommenden Saison lautet: Kann Deshaun Watson nochmal seine einstige Elite-Form erreichen? Und inwieweit können er und Coach Kevin Stefanski weiter in Kompromissen leben, um sich gegenseitig nach vorne zu bringen? Stefanskis Offense ist eigentlich mehr in Under-Center-Formationen zuhause, nutzt Play Action und kombiniert das Run Game mit dem Passing Game. Watson auf der anderen Seite glänzt als Shotgun-Spread-Quarterback.

Nicht ganz einfach, das unter einen Hut zu bringen und die sechs Spiele, die Watson letztes Jahr absolvierte, ließen viele Fragen offen. Der 27-Jährige brachte beispielsweise in sechs Spielen lediglich drei tiefe Pässe an - Brissett hatte in den elf Spielen davor 18 solcher Pässe zum Mitspieler gebracht. Lässt sich Stefanski darauf ein, Watson noch mehr aus der Shotgun ins Quick Game gehen zu lassen? Finden sie - basierend darauf - Wege, um strukturell ins vertikale Passspiel zu kommen? Viele offene Fragen, auf welche die Browns in der kommenden Saison Antworten finden müssen.

Denver Broncos

Stat to Know 2022: Nur fünf Quarterbacks warfen den Ball prozentual noch seltener in unter 2,5 Sekunden als Russell Wilson (40,7 Prozent seiner Dropbacks), der den Ball ligaweit im Schnitt am zweitlängsten hielt (2,79 Sekunden). Dennoch kassierte er die meisten Sacks ligaweit in unter 2,5 Sekunden (10).

Offense-Grundlage 2023: Flexible West-Coast-Interpretation

Vor einem Jahr stand an dieser Stelle als Titel noch "Die Russell Wilson Offense". Head Coach Nathaniel Hackett hatte damals klargemacht, dass er Wilson die Zügel in die Hand geben wird - ein Experiment, das krachend gescheitert ist. Hackett wurde noch vor dem Ende seiner ersten Saison entlassen, Wilsons Karriere ist am Scheideweg und Sean Payton soll ihn jetzt wieder in die Spur bringen.

Unter Payton dürfte die Kompetenzverteilung wieder klarer geregelt sein, und auch wenn Drew Brees der logischste Vergleich für Wilson wäre, wird die Offense anders aussehen als in all den Jahren in New Orleans - angefangen damit, dass Wilson deutlich weniger überzeugend darin ist, die Mitte des Feldes zu bedienen. Payton wird ihm die Arbeit mit einer Vielzahl an Formationen und Personnel Groupings erleichtern, und Payton wird in jedem Fall intensiv auf das Run Game setzen. Die Zeiten des Versuchs einer Spread Empty Offense dürften jedenfalls vorbei sein.

Houston Texans

Stat to Know 2022: Nur die Raiders (35 Prozent) kamen bei First Down noch häufiger in der I-Formation aufs Feld als die Texans (25 Prozent). Houston hatte zudem die achthöchste Quote an 21-Personnel-Groupings bei First Downs. Beides dürfte unter dem neuen Regime fortgesetzt werden.

Offense-Grundlage 2023: West Coast mit Heavy Bootleg Play Action

Der neue Head Coach DeMeco Ryans hat unter anderem Bobby Slowik als Offensive Coordinator aus San Francisco mitgebracht. Slowik hat bereits in Washington unter Kyle Shanahan gearbeitet und war dann seit 2017 mit Shanahan bei den 49ers. Zuletzt war er dort als Passing Game Coordinator aktiv, die Vermutung liegt dementsprechend nahe, dass Slowiks Offense in Houston stark an Shanahans Ideen angelehnt sein wird. Sprich: Die West Coast Offense als Baseline, eine Quarterback-freundliche Offense, die intensiv mit Play Action arbeitet, Screens nutzt und Yards nach dem Catch systematisch produzieren will.

Die Texans sollten eine gute Offensive Line haben und Rookie-Quarterback C.J. Stroud würde von einem System, das seine Reads erleichtert und seine Accuracy in maximale Production ummünzen kann, sehr profitieren. Ich vermute, dass es genau in diese Richtung geht.

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Die Draft Grades von Adrian Franke

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  • Zwischen dem 27. und 29. April 2023 ist in Kansas City der 88. Draft der NFL über die Bühne gegangen.
  • Wie gut haben die 32 Teams gepickt? Der neue kicker-Kolumnist Adrian Franke gibt Auskunft.

Indianapolis Colts

Stat to Know 2022: Michael Pittman war die einzige Konstante im Waffenarsenal der Colts. Auf seine 139 Targets folgte teamintern Parris Campbell mit derer 85 - und Campbell hat das Team in der Free Agency verlassen.

Offense-Grundlage 2023: QB-Option-Offense mit West-Coast- und RPO-Basis

Der neue Colts-Coach Shane Steichen hat erst mit Justin Herbert und dann mit Jalen Hurts eindrucksvoll gezeigt, dass er sehr anpassungsfähig ist und die Stärken seines Quarterbacks in den Vordergrund rücken kann. Mit diesem Wissen im Hinterkopf fällt es nicht schwer, sich vorzustellen, wie die Colts-Offense 2023 aussehen könnte: Anthony Richardson ist der athletischste Quarterback, der jemals bei der Combine getestet wurde - das Quarterback Run Game sollte ein erheblicher Teil der Offense werden, genau wie jede Menge Run Pass Options.

Das würde nicht nur die in der vergangenen Saison unerwartet schwächelnde Offensive Line entlasten, es könnte der Offense auch einen Floor geben, der zuletzt gefehlt hat. Mit Isaiah McKenzie und Josh Downs haben die Colts ihre Slot-Optionen vielseitiger gemacht, sodass auch Screens, Jet Sweeps und dergleichen ein regelmäßiger Bestandteil sein sollten. 2023 wird Richardsons Akklimatisierungsprozess in der NFL die oberste Priorität genießen, und Steichen sollte ein guter Coach sein, um diesen möglichst sanft zu gestalten.

Jacksonville Jaguars

Stat to Know 2022: Einzig Tom Brady und Joe Burrow warfen den Ball im Schnitt schneller als Trevor Lawrence (2,4 Sekunden). Lawrences 6,7 Yards pro Pass bei Pässen in unter 2,5 Sekunden sowie seine 19 Touchdowns in diesen Situationen waren beides ligaweite Top-6-Werte.

Offense-Grundlage 2023: Moderne West Coast Offense mit hohem RPO-Anteil

Wie sein einstiger Lehrmeister Andy Reid ist auch Jaguars-Coach Doug Pederson in der West Coast Offense verwurzelt, hat dieser aber über die letzten Jahre sukzessive neue Updates verpasst und sie konstant weiter entwickelt. Trevor Lawrence und die Jaguars-Offense zeichnete letztes Jahr ein sehr gutes Quick Game, sowie eine Vielzahl an Möglichkeiten, um die Mitte des Feldes in der kurzen und mittellangen Distanz zu attackieren, aus.

Hier dürfte Kontinuität im zweiten Jahr unter Pederson Trumpf sein. Der größte X-Faktor für die Offense ist die Frage danach, inwieweit Calvin Ridley die Jaguars womöglich auch schematisch transformieren kann.

Kansas City Chiefs

Stat to Know 2022: Kein Quarterback hatte mehr Screen-Passing-Yards als Mahomes (631), oder mehr Touchdown-Pässe via Screen als der MVP (5). Seine 6,5 Yards pro Screen Pass wurden nur von Jared Goff (7,0) übertroffen. Ein Hinweis darauf, wie gut designed Andy Reids Offense ist und wie sie den besten Quarterback in der NFL entlasten kann.

Gigantische Geldspeicher: Die bestbezahlten NFL-Spieler mit Mahomes, Lamar & Co.

Offense-Grundlage 2023: Hybrid aus West Coast und Air Raid

Die Chiefs sind längst nicht mehr die Air-Raid-ähnliche Spread-Offense, die Kansas City in der Frühphase der Patrick-Mahomes-Ära noch hatte. Letztes Jahr standen die Chiefs in puncto 12-Personnel bei First Down auf dem vierten und bei 13-Personnel auf dem sechsten Platz. Lediglich 51 Prozent ihrer First Down Plays spielten die Chiefs aus 3-Receiver-Sets, Platz 20 in der Liga. Kansas City kombiniert Play Action, Run Pass Options, Screens und eine kräftige Dosis At-Snap-Motion, mit Mahomes als gefährlichem Ballverteiler aus der Pocket - neben all dem, was er außerhalb des Schemes zusätzlich selbst kreieren kann.

Dabei ist es ein Markenzeichen dieser Offense, dass sie sich eben Jahr für Jahr weiterentwickelt. Das gilt nicht nur schematisch und in puncto Personnel-Groupings, sondern auch dahingehend, wo der Fokus in der Offense liegt: Spätestens seit der Super-Bowl-Niederlage gegen Tom Brady und die Tampa Bay Buccaneers liegt das Hauptaugenmerk ganz klar auf der Offensive Line, mit der Idee: Solange Patrick Mahomes gut beschützt ist, kann er auch ein mittelmäßiges Receiving Corps gut aussehen lassen. Und zusätzlich erlaubt es die starke Line den Chiefs, je nachdem, wie eine Defense sie spielt, eben auch mal eine Partie am Boden zu gewinnen.

Las Vegas Raiders

Stat to Know 2022: Lediglich sieben Prozent ihrer First-Down-Snaps spielten die Raiders in der vergangenen Saison aus 12-Personnel, dafür hatten sie eine der höchsten 21-Personnel-Quoten ligaweit (27 Prozent, Platz 4).

Offense-Grundlage 2023: Erhardt-Perkins Offense

Die Raiders haben in dieser Offseason zwar einige personelle Bausteine in Bewegung gesetzt, angefangen mit dem Wechsel von Derek Carr zu Jimmy Garoppolo - doch wurde die Offense wirklich besser? Darren Waller ist weg, Jakobi Meyers kam neu dazu und gibt den Raiders ein gutes Receiver-Trio, mit Davante Adams als Nummer 1 und Hunter Renfrow im Slot. Sehen wir mehr 11-Personnel? Oder können Austin Hooper sowie Rookie Michael Mayer sogar die 12-Personnel-Quote hochschrauben?

Josh McDaniels sollte zumindest ein hohes Maß an Flexibilität an den Tag legen können, und Garoppolo kennt die Terminologie seiner Offense. Mit Josh Jacobs konnten die Raiders letztes Jahr ein sehr gutes Power Run Game aufziehen, welches auch in der kommenden Saison eine tragende Säule sein sollte.

Jimmy Garoppolo übernimmt als neuer Starting Quarterback bei den Raiders

Jimmy Garoppolo übernimmt als neuer Starting Quarterback bei den Raiders. Getty Images

Los Angeles Chargers

Stat to Know 2022: Justin Herbert warf den Ball letztes Jahr im Schnitt nur 6,9 Yards tief. Einzig Daniel Jones und Matt Ryan (beide je 6,5) standen unter Quarterbacks mit mindestens 400 Dropbacks noch darunter.

Offense-Grundlage 2023: West-Coast-Variante mit Fokus auf Formationen und Personnel Groupings

Die Chargers-Offense unter Joe Lombardi hatte ganz klar ihr Ablaufdatum erreicht. Eine sehr unflexible, statische Offense, die den Quarterback zwingt, mit unheimlich hoher Frequenz auf einem sehr hohen Level zu agieren. Ein krasser Fokus auf das Kurzpassspiel, unvorteilhafte Down-und-Distance-Situationen, kurzum: Sehr viel Stress auf den Quarterback.

Mit Kellen Moore, der aus Dallas kommt, erhält keine komplett neue Strategie Einzug, auch Moores Offense verlangt ein hohes Maß an Disziplin und komplexe Reads vom Quarterback. Dem aber sollte Herbert gewachsen sein, und mit einer nochmals verbesserten Receiver-Gruppe ist davon auszugehen, dass Moore für Herbert das ganze Feld öffnen wird - viel mehr, als Lombardi dazu in der Lage war.

Miami Dolphins

Stat to Know 2022: Mit weitem Abstand führten die Dolphins die Liga 2022 in At-Snap-Motion (45,9 Prozent) und Pre-Snap-Motion generell (76,9 Prozent) an.

Offense-Grundlage 2023: Vertikale RPO-Interpretation der Shanahan-Offense

Die Dolphins-Offense im ersten Jahr unter Mike McDaniel war spektakulär. Tua Tagovailoas durchschnittliche Target-Tiefe von 10,1 Yards wurde lediglich von Josh Allen (10,2) übertroffen - vor allem aber warf Tua den Ball in unter 2,5 Sekunden im Schnitt 7,9 Yards tief; kein anderer Quarterback kam hier auf mehr als 6,2 Yards. Die Dolphins nutzten mehr Motion als jedes andere Team, über 43 Prozent von Tagovailoas Pässen erfolgten via Play Action, diese Marke übertraf nur Marcus Mariota bei den Falcons.

Play Action, Run Pass Options, Motion: Die Offense gab Tagovailoa klare Stützräder, und Tagovailoa attackierte die Mitte des Feldes sehr gut, sodass Tyreek Hill und Jaylen Waddle Big Play auf Big Play auflegen konnten. Es wird spannend sein, zu sehen, inwieweit McDaniel die Offense weiterentwickeln kann - etwa mit mehr Antworten im Run Game. Die Dolphins haben aber die Mittel, um abermals eine der explosivsten Offenses in der NFL aufs Feld zu führen.

New England Patriots

Stat to Know 2022: Mit einer Red Zone Conversion Rate über 42,2 Prozent belegten die Patriots in der vergangenen Saison den letzten Platz in der NFL.

Offense-Grundlage 2023: Erhardt-Perkins Offense mit hohem RPO-Anteil

Was auch immer Bill Belichick dazu gebracht hat, seine Offense in die Hände von Matt Patricia zu legen - es hat nur eine Saison gehalten. Mit Bill O'Brien soll ein alter Bekannter die Kehrtwende einleiten; der ehemalige Texans-Head-Coach war bereits von 2007 bis 2011 bei den Patriots, unter anderem als Quarterbacks Coach und Offensive Coordinator. Entsprechend ist O'Brien auch in der Offense zuhause, die Josh McDaniels und Tom Brady in New England so lange geprägt haben: O'Brien, der die letzten beiden Jahre als Offensive Coordinator bei Alabama verbracht hat, lässt seine Variante der Erhardt-Perkins Offense spielen.

Das ist in erster Linie ein Power Run Game kombiniert mit Play Action, aber auch Spread-Formationen und mitunter sogar Air-Raid-Elemente. Es ist im Idealfall eine anpassungsfähige Offense. Außer Frage steht, dass Quarterback Mac Jones wieder eine deutlich bessere Struktur vorfinden sollte. Unter anderem ist vorstellbar, dass Run Pass Options - ein Mittel, welches Jones im College nahe an der Perfektion umgesetzt hat und für das New England mit Gesicki und Smith-Schuster gute Größe in den Underneath-Passing-Optionen hat - einen deutlich prominenteren Platz einnehmen.

New York Jets

Stat to Know 2022: Die Jets hatten gemäß der Zahlen von Pro Football Reference die niedrigste On-Target-Percentage aller 32 Passing-Offenses in der vergangenen Saison. Platz 1 belegten die Packers mit Aaron Rodgers, der in der Offseason nach New York wechselte.

Offense-Grundlage 2023: Flexible West-Coast-Interpretation

Bereits vor seinem desaströsen Intermezzo als Head Coach der Denver Broncos hatte Nathaniel Hackett darüber gesprochen, dass man in der offensiven Gestaltung darauf eingehen muss, wie ein Quarterback wie Aaron Rodgers das Spiel sieht, und dass man die Dinge berücksichtigen muss, die der Quarterback mag, oder eben nicht mag. In Denver scheiterte Hackett an vielen Dingen, eines der gravierenderen Probleme war es, dass er die Offense zu sehr auf Wilson ausrichtete, und Wilson zu wenige strikte Parameter gab.

Jetzt wird er als neuer Offensive Coordinator bei den Jets mit dem ebenfalls neu verpflichteten Rodgers wiedervereint, doch was hat Hackett aus der vergangenen Saison gelernt? Inwieweit kann er mit Rodgers schnell auf einer Wellenlänge funken? Es liegt nahe, eine Offense zu vermuten, die schematisch an das erinnert, was Hackett und Rodgers in Green Bay unter Matt LaFleur gespielt haben. Womöglich aber mit mehr Freiheiten für Rodgers - was unter anderem in weniger Motion und Play Action resultieren könnte.

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Pittsburgh Steelers

Stat to Know 2022: Kenny Pickett hatte eine der niedrigsten Play-Action-Quoten in der NFL letztes Jahr (17,1 Prozent seiner Dropbacks). In totalen Zahlen hatte kein Starting-Quarterback weniger Passing Yards als Pickett (343), oder weniger Yards pro Play Action Pass als Pittsburghs Rookie (5,2).

Offense Grundlage 2023: Spread Offense mit Fokus auf Motion-Elemente

Die oben aufgeführte Statistik unterstreicht, dass Pittsburghs Offense von seinem Quarterback eine konstante Point-Guard-Ballverteiler-Rolle fordert, mit wenig Hilfe. Denn nicht nur in puncto Play Action rangierte Pickett im Liga-Keller, auch hatte er eine der niedrigsten Screen-Quoten (6,1 Prozent).

Hilfe gab es eher noch über Run Pass Options und über Pre-Snap-Motion, doch die Offense verlangt vom Quarterback, dass er den Ball konstant schnell verteilen kann - etwas, womit Pickett in seiner Rookie-Saison wenig überraschend noch einige Probleme hatte. Mit Diontae Johnson, George Pickens sowie dem neuen Tight-End-Duo Pat Freiermuth und Darnell Washington haben die Steelers die individuelle Qualität, um auch schnell im Play zu gewinnen. Gerade die beiden Tight Ends würden aber auch dazu einladen, noch mehr auch aus 12-Personnel zu agieren und zumindest mehr Play Action einzubauen.

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#58: Preview NFC/AFC North - unsere X-Faktoren!
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Tennessee Titans

Stat to Know 2022: Nur die Buccaneers, Texans und Chargers verzeichneten im Schnitt weniger Rushing-Yards vor erstem Gegnerkontakt als die Titans (2,3 Yards).

Offense Grundlage 2023: Erhardt-Perkins Offense mit Fokus auf Run Game und Early Down Shot Plays

Dass die Titans in der vergangenen Saison überhaupt ein funktionales Run Game hatten, lag maßgeblich an Derrick Henry. Unter allen Running Backs mit mindestens 225 Runs führte er einmal mehr die Liga in Yards nach Kontakt pro Run an, 1.257 seiner 1.534 Rushing-Yards kamen nach Kontakt.

Mit Ben Jones und Nate Davis sind die beiden besten Spieler einer schlechten Offensive Line weg, Right Tackle Nicholas Petit-Frere wird die ersten sechs Spiele gesperrt verpassen, und im Waffenarsenal hat sich Tennessee von seinen Veterans Robert Woods und Austin Hooper getrennt, kurzum: Der Umbruch ist, auch mit dem jüngst verpflichteten DeAndre Hopkins jetzt an Bord, hier nicht mehr von der Hand zu weisen.

Dieser Umbruch geht zusätzlich Hand in Hand mit einem neuen Offensive Coordinator, auch wenn Tim Kelly intern befördert wurde. Eine radikale schematische Umstellung ist damit nicht unbedingt zu erwarten - umso mehr, solange Tannehill und Henry die Fixpunkte der Offense sind. Wichtig wird es sein, die jungen Receiver zu entwickeln - und die Offensive Line mit einem ausgeprägten Quick Game zu entlasten.

Nur Chicago und Atlanta waren letztes Jahr bei Early Down noch Run-lastiger als Tennessee, und es ist zunehmend schwer vorstellbar, dass die Titans weiterhin in dieser Welt leben können. Hopkins kann in beiden Punkten helfen. Klar ist aus struktureller Perspektive: Die Terminologie ändert sich unter Kelly von der West Coast Offense hin zum Erhardt-Perkins System.

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