Bundesliga

Streich: "Das war europäische Klasse"

Wann Freiburgs Trainer mit einem "komischen Gefühl" rechnet

Streich: "Das war europäische Klasse"

Applaus für die Fans: Freiburgs Trainer Christian Streich bei seinem Heim-Abschied.

Applaus für die Fans: Freiburgs Trainer Christian Streich bei seinem Heim-Abschied. picture alliance / Pressefoto Rudel

Zum Anpfiff der Partie gegen Heidenheim (1:1) am Samstag hatten die Freiburger Fans zu Ehren des 120. Vereinsjubiläums eine vor allem in weiß und rot gehaltene Choreografie im gesamten Rund und mit einer großen Blockfahne in der Fankurve präsentiert, die die Heidenheimer Anhänger in ihrer Gäste-Ecke mit einer eigenen Choreo in blau-weiß-rot komplettierten. "Die Choreo am Anfang war allein farblich unglaublich, das könntest du als T-Shirt tragen, so schön war es", schwärmte Streich.

"Vielen Dank an die Leute, die daran arbeiten und so viel investieren, um dann allen anderen diesen Augenschmaus zu bieten", sagte Streich zu diesem Gesamtkunstwerk, das nach Angaben auf einem Flyer der Synthesia Ultras 79 insgesamt 20.722,66 Euro an Material und Transporter-Miete gekostet hat und in 3267 Arbeitsstunden angefertigt wurde.

Streich lobte auch die Botschaften auf Spruchbändern zum Jubiläum sowie zu seinem Abschied und dem von Co-Trainer Patrick Baier sowie die gesamte, etwa 40-minütige Zeremonie: "Auch das, was sie geschrieben haben, die Heidenheimer und unsere Fans - insgesamt war das im Stadion europäische Klasse. Nicht nationale Klasse, sondern europäische Klasse."

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Entlang der Gegengeraden unterstrichen die Freiburger Fans ihre Haltung pro 50+1-Regel: "Ein Verein gehört nicht einem Menschen - der Verein gehört den Menschen und Mitgliedern, die sich mit ihm identifizieren." Und auf der großen Stehtribüne stand, garniert von zwei Ganzkörper-Portraits der beiden Trainer: "Danke Christian und Patrick für all die Jahre voller Leidenschaft, Haltung & Demut." Auch die Heidenheimer Fans wandten sich per Banner an den SC-Coach: "Loyalität und Ehrlichkeit, leider eine Seltenheit, mach’s gut, Christian!" Auf der Ehrenrunde warf Streich dem applaudierenden Gästeblock Handküsse zu.

Letztes Mal? "Ich wohne ja hier und war nicht Trainer in China"

Wie es sich für Streich angefühlt hat, den eigenen, ihn über die gesamten zwölfeinhalb Jahre als Proficoach stets feiernden Heimfans ein letztes Mal begegnet zu sein? Er empfand gar kein "Letztes-Mal"-Gefühl, entgegnete Streich und erklärte: "Ich begegne denen ja nicht zum letzten Mal, weil ich wohne ja hier. Ich werde irgendwann wieder ins Fußballstadion gehen und ich gehöre ja auch ein kleines bisschen zu diesem Verein, also im Sinne von, dass ich ja da so lange gearbeitet habe."

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Eine Rückkehr ist nicht ausgeschlossen, da Streich seit Wochen betont, er könne gar nichts ausschließen. "Ich habe keine Ahnung, was kommt. Was kommt im halben Jahr? Was kommt in einem Jahr, was kommt in zwei Jahren? Ich hoffe, dass ich noch ein paar Jahre leben kann und daher weiß ich nicht, was passiert. Es ist alles völlig offen", bekräftigte er am Samstag.

"Wenn ich dann Samstagmittag um halb Vier irgendwo rumschlurb …"

Vor diesem Hintergrund spiele eine Form von Endgültigkeit keine Rolle in seinen Gedanken: "Ich habe jetzt nicht das Gefühl, ich gehe jetzt weg, weil ich war nicht Trainer in China und gehe jetzt nach Deutschland und lebe dort weiter. Ich bin ja hier daheim." Ein seltsames Gefühl erwartet Streich zu einem anderen Zeitpunkt: "Wenn ich dann Samstagmittag um halb Vier irgendwo rumschlurb und die kicken hier, dann ist es wahrscheinlich komisch. Jetzt war es nicht komisch. Jetzt war es normal."

"Das kotzt mich an, weil schon gegen Wolfsburg war es ein totaler Scheißtag hinterher"

Und zur Normalität bei Streich gehört eben, dass sich seine Stimmungslage vor allem am sportlichen Geschehen orientiert: "Ich fahre mit dem Gefühl nach Hause, dass wir wieder zwei Punkte liegen gelassen haben. Und das kotzt mich an, weil schon gegen Wolfsburg (1:2, Anm. d. Red.) war es ein totaler Scheißtag hinterher, weil es kann nicht sein, dass wir in diesen beiden Spielen nicht gewinnen."

Weil es sich um Fußball handelte, konnte es doch sein. Mindestens bis zu seiner vorerst letzten Partie am Samstag (15.30 Uhr) bei Union Berlin, wo es noch um die Europacup-Qualifikation geht, wird der Fußball, Streichs große Passion und Sucht, die Gedanken dieses Trainers beherrschen. Mit etwas Abstand wird Streich dann aber vermutlich Zeit haben, all die Dinge Revue passieren und näher an sich heranzulassen. Auch die beeindruckende Abschiedszeremonie vom vergangenen Samstag.

Carsten Schröter-Lorenz

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