Bundesliga

"Nicht so einfach": Freiburgs Gregoritsch gewährt tiefe Einblicke

Spektakuläres Ende der Stürmer-Durststrecke gegen Piräus

"Nicht so einfach": Gregoritsch gewährt tiefe Einblicke

Überragte gegen Olympiakos mit drei Toren: Michael Gregoritsch.

Überragte gegen Olympiakos mit drei Toren: Michael Gregoritsch. IMAGO/Langer

Den Ball ließ er nicht aus den Händen. Michael Gregoritsch sicherte sich eins der am Donnerstagabend im Freiburger Stadion eingesetzten Spielgeräte als Souvenir an diesen für ihn sehr besonderen 30. November 2023. Es sei sein erster Hattrick als Profi, einen Dreierpack in der EM-Qualifikation für die österreichischen U-21-Nationalmannschaft wollte er nicht so richtig zählen.

Die letzten Wochen war es nicht so einfach, aber ich habe versucht, nicht zu jammern und zu arbeiten.

Michael Gregoritsch

An mehreren Stationen in den Interviewzonen blieb der Freiburger Stürmer stehen und gab seine Kommentare zum unerwarteten Kantersieg gegen Piräus ab, dem zweiten in der Europa League hintereinander nach dem 5:0 gegen den serbischen Vizemeister Backa Topola vor drei Wochen. Was man eben so macht als Matchwinner, der obendrein noch eine starke Vorlage zum 4:0, dem ersten Profitor von Kiliann Sildillia, im Leitungsnachweis stehen hat.

Die Worte "glücklich", "stolz" und "genießen" fielen häufig, Gregoritsch strahlte mit seinem Hattrick-Ball in der Hand. Aber nicht nur. Es gab im Gespräch mit den Medienvertretern auch ernste Passagen. "Die letzten Wochen war es nicht so einfach, aber ich habe versucht, nicht zu jammern und zu arbeiten. Jeder wusste, dass mir so etwas im Magen liegt und es mir sehr wichtig ist, zu treffen", blickt Gregoritsch zurück auf seine Torlosserie, die sich über seine ersten 14 Pflichtspieleinsätze in dieser Saison für den SC gezogen hatte. Auch "begünstigt" durch eine zweimal auftretende Wadenverletzung.

Einblick in die Gefühlswelt statt Medienkritik

Eine lange Durststrecke für einen Angreifer allgemein. Noch mehr aber für einen Angreifer, für den in der vergangenen Saison, seiner ersten in Freiburg, wettbewerbsübergreifend 15 Tore und sieben Vorlagen notiert sind. Gregoritsch erzählte in seiner erfrischend offenen Art, dass er generell so gut wie alle Berichte über sich lese und ihm das in den vergangenen Wochen zusätzlich zu schaffen gemacht habe.

Völlig nachvollziehbar, dass sich die Freude über öffentliche Bestandsaufnahmen einer schwierigen sportlichen Phase mit nachlassenden Werten auch in anderen Kategorien in engen Grenzen hält. Bemerkenswert fair, dass Gregoritsch in diesem Zug aber keine Medien-Kritik, oder andere Vorwürfe formulierte. Er gewährte stattdessen einen im Profizirkus selten tiefen Einblick in sein Gefühlsleben.

Zuhörer Streich und keine Vorwürfe in der Kabine

Diese Monate ohne Tor im Verein - im September traf er zumindest zweimal für Österreichs Nationalelf - gingen ihm nah. Wohl auch, weil es für den SC nicht mehr so spektakulär gut lief wie in den vergangenen beiden Ausnahmesaisons. Gregoritsch berichtete auch von einem längeren Gespräch mit Christian Streich. Der Trainer wiederum erklärte auf Nachfrage, dass es in solchen Fällen oft mehr aufs Zuhören ankomme, damit der Spieler das loswerden könne, was ihn umtreibt.

Am Donnerstag ist Gregoritsch dann durch seine Tore den "riesengroßen Stein" losgeworden, über den er wochenlang gegrübelt und gesprochen, der sein Herz belastet hatte. "Es tut mir besonders gut zu sehen, wie sich jeder hier im Stadion für mich freut, wie die Truppe nach dem ersten Tor auf mich zugesprungen ist. Das war mal wieder ein Beweis, wie wohl ich mich hier fühle und dass ich am richtigen Platz bin. Ich bin sehr glücklich und sehr stolz hier sein und in dieser Mannschaft spielen zu dürfen", sagte Gregoritsch.

Seinen Kollegen attestierte er nicht nur eine "super Mannschaftsleistung mit hoher Präsenz bei Zweikämpfen und zweiten Bällen", sondern sprach ihnen auch einen besonderen Dank aus. "Ich bin jeden Tag in die Kabine gegangen, keiner böse war oder hat mir Vorwürfe gemacht. Es war so schön und so toll, wie hier jeder zu mir steht, das war mir fast schon unangenehm. Da wollte ich schon irgendwann sagen, lasst mich mal in Ruhe, ich weiß sowieso, dass es irgendwann kommen wird."

Und wie es Donnerstag kam mit drei Toren binnen 36 Minuten, darunter zwei präzise Kopfbälle. Wobei es sogar fünf hätten sein können in dieser Zeitspanne und fast vier hätten sein müssen. Kurz vorm zweiten Tor parierte Olympiakos-Keeper Alexandros Paschalakis einen Distanzschuss Gregoritschs, eher dieser beim Stand von 2:0 aus wenigen Metern am Tor vorbeischoss. "Ja, Wahnsinn", kommentierte der 1,93-Meter-Mann diese Großchance: "Wie auch in den letzten Wochen habe ich es versucht auszublenden und weiterzumachen."

19.01.22 TSG 1899 Hoffenheim - SC Freiburg Deutschland, Sinsheim, 19.01.2022, Fussball, DFB-Pokal, TSG 1899 Hoffenheim - SC Freiburg: v.l. Lucas Höler (SC Freiburg), Christian Streich (Trainer SC Freiburg).

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Aufwind vor schweren Ligaspielen

Diesmal mit weiterem Erfolg. Seinen Lauf will der Angreifer jetzt naturgemäß in der Bundesliga fortsetzten, in der der SC zuletzt viermal sieglos blieb und nun "zwei schwere Auswärtsspiele" in Mainz und Wolfsburg vor sich hat. Wie ist es eigentlich zu erklären, dass dieselbe Mannschaft in fünf Europa-League-Partien satte 17 Treffer erzielt hat und in zwölf Bundesligaspielen nur 15? "Weil der Gregoritsch in der Liga nichts trifft", bewies Freiburgs Nummer 38 einmal mehr Selbstironie und erntete laute Lacher.

Ernst fügte Gregoritsch hinzu: "Fußball ist oft nicht ganz erklärbar, es ist nicht immer nur schwarz und weiß. Wir versuchen es in der Liga jedes Mal, aber solche Abende wie dieser geben uns Aufwind auch für die Liga." Dem Abend verpasste Gregoritsch übrigens das gleiche Prädikat, mit dem Streich sein Lob für das erste Tor des Abends garnierte: "Weltklasse!" Diesen Abend werde er nicht mehr vergessen. Und falls doch, wird ihm sein Souvenir schon auf die Sprünge helfen.

Carsten Schröter-Lorenz