Bundesliga

VfL Wolfsburgs Lovro Majer: "Meine Zeit ist jetzt"

Wolfsburgs Zehner über Mbappé, Messi und Ronaldinho

Majer im Interview: "Meine Zeit ist jetzt"

Reflektiert und positiv: Wolfsburgs Neuzugang Lovro Majer.

Reflektiert und positiv: Wolfsburgs Neuzugang Lovro Majer. IMAGO/HMB-Media

Herr Majer, der Urlaub war kurz, für Sie dennoch erlebnisreich. Sie haben am Strand Tennisstar Novak Djokovic, die Nummer 1 der Welt, getroffen.

Das war fantastisch. Ich habe nicht viele Idole im Sport, er gehört definitiv dazu. Novak ist nicht nur als Athlet, sondern auch als Typ und Mensch außergewöhnlich. Wir haben uns zufällig und das erste Mal getroffen, haben uns eine Stunde unterhalten. Ich kenne seinen Trainer Goran Ivanisevic, der wie ich Kroate ist, so hatte ich einen guten Einstieg ins Gespräch. Es war absolut inspirierend.

Was können Sie als Fußballspieler von einem Tennisspieler lernen?

Mentale Stärke zum Beispiel, da ist er der Beste. Darauf kommt es in jedem Sport an.

Wusste Djokovic, wer Sie sind?

Ich weiß es nicht, glaube aber nein. Wir waren am Strand, er konnte sicher sehen, dass ich auch ein Sportler bin. Ich habe ihm dann erzählt, was ich so mache.

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Das mussten Sie 2022 sicher nicht tun, da trafen Sie im Urlaub Kylian Mbappé.

Er kannte mich, weil ich mit Rennes gegen ihn und PSG und in seiner Liga gespielt habe. Ein netter Typ, der auf mich zukam, um zu quatschen. Er war ganz normal, sehr angenehm.

Sie sind mit 25 Millionen Euro der drittteuerste Einkauf der Wolfsburger Vereinsgeschichte, haben mit rund 145 000 Followern bei Instagram die zweitmeisten beim VfL hinter Joakim Maehle mit 157 000. Fühlen Sie sich als Star?

Nein, ganz ehrlich nicht.

Nur weil ich gut Fußball spielen kann, bin ich nicht größer oder wichtiger als jemand anderes.

Lovro Majer

Noch nie?

Es gab sicherlich mal Phasen, etwa nach der WM in Katar, als wir als Dritter zurückgekehrt sind und in Zagreb von den Fans empfangen wurden, da kam vielleicht so ein bisschen das Gefühl auf. Sonst aber wirklich nicht. Nur weil ich gut Fußball spielen kann, bin ich nicht größer oder wichtiger als jemand anderes.

Was bedeutet diese Ablöse von 25 Millionen Euro für Sie? Ein gutes Gefühl, stärkerer Druck?

Da würde ich eher das gute Gefühl nennen. Druck ist natürlich immer da, aber wenn ich mir deswegen selbst noch zusätzlichen Druck machen würde, könnte ich nicht befreit aufspielen. Und nur wenn ich frei bin, kann ich meine Leistung bringen. Ich weiß, dass ich verdammt hart gearbeitet habe, damit ein Klub bereit war, viel Geld für mich zu bezahlen.

Wissen Sie, für welche beiden Spieler der VfL noch mehr investiert hat als für Sie?

Julian Draxler, richtig?

Ja, 36 Millionen Euro.

Beim zweiten bin ich unsicher.

André Schürrle, 32 Millionen.

Okay.

Sowohl er als auch Draxler wurden beide nicht glücklich beim VfL. Draxler prägte den Satz: Das Beste an Wolfsburg sei die Zugverbindung nach Berlin.

Das ist nicht nett.

"Nach Wolfsburg zu wechseln, kann sich auszahlen"

Fühlen Sie sich wohl in der Stadt, im Klub, der für Ihre Vorgänger womöglich nicht groß genug war?

Ich wusste, wo ich hinkomme, mir war klar, dass Wolfsburg nicht wie Berlin oder Frankfurt ist. Der VfL aber gibt einem Spieler die besten Chancen, auf dem höchsten Level zu agieren. Für mich ist das beeindruckend, was ich hier erlebe. Nach Wolfsburg zu wechseln, kann sich auszahlen. Siehe Micky van de Ven oder Felix Nmecha oder vor Jahren auch Kevin De Bruyne. Ich bin aus voller Überzeugung bei diesem Verein.

Wie zufrieden sind Sie mit dem ersten Halbjahr?

Ich kann nicht sagen, dass ich zufrieden bin. Es gab Spiele, da konnte ich zeigen, was ich kann. Ich merke aber, dass ich mich verbessere. Das werde ich noch konstanter zeigen müssen.

Mit zwei Toren und drei Vorlagen sind Sie immerhin zweitbester Scorer der Mannschaft.

Das ist nicht top, aber auch nicht ganz schlecht. Ich weiß aber, dass es locker drei Tore mehr hätten sein können. Nehmen wir meine Großchance gegen Freiburg …

… aus rund sechs Metern schossen Sie den Ball freistehend über das Tor und vergaben das 1:0, am Ende verlor der VfL mit 0:1.

Ich hätte das Spiel in eine andere Richtung lenken können, ja müssen. Aber ich konnte mich davon auch nicht lange runterziehen lassen, schließlich stand das nächste Spiel in Darmstadt an.

Sie schossen den 1:0-Siegtreffer. Womöglich haben Sie Trainer Niko Kovac den Job gerettet …

Es war wichtig für uns alle.

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Sie haben schon in jungen Jahren im Nachwuchs von Dinamo Zagreb gespielt, haben den Klub dann aber als Zwölfjähriger verlassen. Wieso?

Ein Punkt war, dass ich ein bisschen gelangweilt war vom Fußball. Auch wenn das kurios klingen mag. Ich wollte irgendwie nicht mehr, ich konnte es nicht mehr genießen. Parallel begann ich, Handball zu spielen.

"Viele Jugendliche können den Fußball gar nicht mehr genießen"

Wann haben Sie festgestellt, dass der Fußball doch das Richtige ist?

Mit sieben, acht war ich schon ziemlich talentiert, aber in den Jahren wurde der Druck schon größer und größer, es ging sehr streng zu. Ich sehe das auch heute noch als Problem im Nachwuchsfußball. Es sollte Spaß machen, es wird aber schon so früh so ernst. Die Jungs haben Leistungsdruck, es geht schnell ums Geld, die sozialen Medien kommen dazu. Viele Jugendliche können den Fußball gar nicht mehr genießen.

Wann haben Sie Ihre Freude wiederentdeckt?

Das kam dann, als ich weg war. Ich habe bei drei anderen Klubs in Zagreb gespielt und bin dann mit 20 zu Dinamo zurückgekehrt.

Können Sie Ihren Job heute voll und ganz genießen?

Ja. Und doch hat jeder Mensch Phasen, in denen es nicht so viel Spaß macht.

Schürrle beendete 2020 mit nur 29 Jahren seine Karriere. Wäre das für Sie denkbar?

Aktuell denke ich, dass ich so lange wie möglich spielen möchte, gerne bis 38 oder 39. Ich weiß, dass wir Fußballer privilegiert sind, viel Geld verdienen, in den besten Hotels untergebracht werden. Das versuche ich, zu genießen und wertzuschätzen.

Hätten Sie auch Handball-Profi werden können?

(lacht) Nein. Ich war gut, aber nicht so gut wie mit dem Ball am Fuß.

"Einen wirklichen Plan B hatte ich nicht"

Was wäre aus Ihnen geworden, wenn es für den Fußball nicht gereicht hätte?

Vielleicht ein Videogamer, das habe ich als Kind viel, eigentlich viel zu viel gespielt. Einen wirklichen Plan B hatte ich nicht.

Sie hatten in Ihrer Karriere häufig die 10 auf dem Rücken, beim VfL ist es die 19. Haben Sie Lukas Nmecha mal gefragt, ob er die Nummer rausrücken mag?

Natürlich nicht. Klar, ich mag diese Nummer, wenn sie frei wäre, würde ich sie gerne nehmen. Aber es gehört sich nicht, jemanden danach zu fragen.

Welches Trikot haben Sie als Kind getragen?

Mein erstes war von Barcelona, Ronaldinho mit der Nummer 10. Ein großartiger Fußballer.

Sie haben Ihr Trikot mal mit Lionel Messi getauscht.

Ein großer Moment. Ich tausche nur nach besonderen Spielen oder mit besonderen Spielern. Ich habe das Shirt zu Hause in Zagreb, irgendwann hänge ich mal einige an die Wand. Beim Nationalteam habe ich auch mit Luka Modric getauscht, obwohl er mein Mitspieler ist. Er ist der beste kroatische Spieler aller Zeiten, einer der besten der Welt.

Mit Dani Olmo spielt einer Ihrer besten Freunde in Leipzig. Wie eng ist der Kontakt?

Wir schreiben regelmäßig, treffen uns häufig im Sommer in Kroatien. Wir haben zusammen bei Dinamo gespielt, ich bin mir sicher, dass er eines Tages bei einem der großen Klubs in Europa spielt.

Ist das auch Ihr Plan?

Ja, dafür arbeite ich hart. Deswegen bin ich in Wolfsburg, der VfL kann ein perfektes Sprungbrett sein.

Das gilt auch für die EM im Sommer.

Mit Spanien, Italien und Albanien haben wir eine sehr schwere Gruppe, aber ich traue uns zu, dass wir weit kommen können. Zumal viele Kroaten in Deutschland leben und uns sicher eine Heimatmosphäre bieten werden.

Sie haben 27 Länderspiele absolviert, standen aber erst neunmal in der Startelf. Für Spieler wie Modric, Andrej Kramaric oder Marcelo Brozovic könnte die EM das letzte große Turnier sein. Kommt anschließend Ihre große Zeit in der kroatischen Nationalmannschaft?

Ich habe auch in den letzten Spielen schon mit ihnen gespielt, kann auch auf dem rechten Flügel agieren. Ich bin fest überzeugt: Meine Zeit ist jetzt.

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