Bundesliga

Eintracht Frankfurt: Glasner und die Frage der Perspektive

Frankfurts Coach will sich von negativer Stimmung nicht länger anstecken lassen

Glasner und die Frage der Perspektive

Will gegen Gladbach einen Heimsieg einfahren: Oliver Glasner.

Will gegen Gladbach einen Heimsieg einfahren: Oliver Glasner. IMAGO/Norbert Schmidt

Oliver Glasner ärgert sich vor dem Heimspiel gegen Gladbach am Samstag (18.30 Uhr, LIVE! bei kicker) über die schlechte Stimmung rund um die Eintracht. Nach mittlerweile sechs Bundesligaspielen in Folge ohne Sieg ist die SGE in der Rückrundentabelle auf Platz 12 abgestürzt. Frankfurts Trainer spricht trotzdem von "einer Frage der Perspektive" und erläutert: "In Leverkusen ist gerade strahlender Sonnenschein. Sie haben sieben Spiele am Stück gewonnen und stehen im Europa-League-Viertelfinale." Gleichwohl liegt die Werkself in der Tabelle gerade einmal zwei Punkte vor den Hessen.

Zwar ist Frankfurt international nicht mehr vertreten, steht dafür aber im DFB-Pokal-Halbfinale - im Gegensatz zu Bayer 04. Glasner schlussfolgert: "Die Situation ist eigentlich die gleiche, die Stimmungslage aber sowas von verschieden. Wir dürfen uns nicht verrückt machen und herunterziehen lassen. Da nehme ich mich mit ins Boot." Mit seinen dünnhäutigen Auftritten in den vergangenen Wochen und seiner pauschalen Abwehrkritik nach dem 0:2 bei Union Berlin trug er allerdings auch selbst zu dieser negativen Stimmungslage bei.

Glasner sieht Frankfurt "eher im oberen Bereich der Norm"

Insgesamt sieht er den Klub aktuell "eher im oberen Bereich der Norm". Dies begründet er mit den Platzierungen seit dem Fast-Abstieg 2016. Seither beendete die SGE die Spielzeiten auf den Plätzen elf, acht, sieben, neun, fünf und elf. "Es ist immer eine Frage der Perspektive", wiederholt Glasner.

Was er unerwähnt lässt: Der Lizenzspieleretat und die Kaderqualität haben sich seit 2016 sukzessive deutlich verbessert, zudem übernahm er vor zwei Jahren den Tabellenfünften. Platz elf war schon in der vergangenen Saison eine Riesenenttäuschung, wurde aber vom Europa-League-Sieg überstrahlt. Angesichts der Underperformance in der Liga 2021/22 nun zu argumentieren, dass man sich als derzeit Tabellensiebter im oberen Bereich der Norm befände, leuchtet nicht unbedingt ein. Zumal der selbst formulierte Anspruch zur Winterpause ein anderer war. Da lautete das Ziel, Platz vier zu verteidigen. Es ist eben alles eine Frage der Perspektive.

Vor Gladbachs Tempo warnt Glasner

Von außen betrachtet kommt das Heimspiel gegen Gladbach genau zur rechten Zeit. Die Spieler können sich auf ein schönes Traditionsduell vor ausverkauftem Haus freuen. Wer vor so einem attraktiven Abendspiel keine Vorfreude spürt, sollte die Fußballschuhe lieber an den Nagel hängen. Hinzu kommt, dass die Spielweise der Borussia den Frankfurtern entgegenkommen könnte. Gladbach wird keine Mauer um den eigenen Sechzehner herum errichten, sondern will selbst den Ball haben und Fußball spielen.

"Gladbach verfügt mit Thuram, Plea, Hofmann und Stindl über eine sehr variable Offensive", sagt Glasner und warnt vor dem "Tempo" und der "Robustheit" des Gegners. Der Coach wittert aber auch Chancen: "Auf der anderen Seite ist das eine Mannschaft, die immer wieder anfällig ist und dir Räume bietet - die wollen wir gut ausnutzen." Das gelang seiner Elf in der Hinrunde beim 3:1-Erfolg in Gladbach ausgezeichnet.

Wird Ndicka rechtzeitig fit?

Hinter der Aufstellung stehen noch ein paar Fragezeichen. Ob Innenverteidiger Evan Ndicka (muskuläre Probleme) auflaufen kann, entscheidet sich womöglich erst am Spieltag. Fällt der Franzose aus, könnte der etatmäßige Linksverteidiger Christopher Lenz links in der Dreierkette ausfüllen. "Im Europa-League-Finale hat er in der gesamten Verlängerung die Innenverteidigerposition in der Dreierkette gespielt", erinnert Glasner.

Als linker Schienenspieler käme dann wahrscheinlich Rechtsfüßer Ansgar Knauff zum Zug, da Philipp Max wegen einer muskulären Verletzung etwa drei Wochen ausfällt. Ärgerlich: Max zog sich die Verletzung ausgerechnet beim Üben einiger Standards zu, als das Training am Mittwoch offiziell schon beendet war. Beim letzten Schuss habe sich Max‘ Muskel gemeldet, berichtet Glasner. Ansonsten dürfte in der Abwehr Tuta für Kristijan Jakic in die Elf rücken, für den gesperrten Mario Götze (5. Gelbe Karte) kommt wahrscheinlich Daichi Kamada zum Zug.

Glasners Ziel: der erste Bundesligasieg seit Mitte Februar

An der Mentalität seiner Spieler zweifelt Glasner keine Sekunde. "Jeder Einzelne gibt alles, um in die Erfolgsspur zurückzukehren und reißt sich den Arsch auf. Aber es fällt uns gerade nicht so einfach", sagt der 48-Jährige und betont: "An Engagement, Einsatz und Teamgeist darf niemand der Mannschaft und den Spielern irgendetwas vorwerfen." Der Coach spricht gar von einer "unglaublichen Mentalität".

Was Glasner hier so hervorhebt, sind allerdings lediglich die Basics. Viele Zuschauer müssen mittlerweile tief in die Tasche greifen, um ein Spiel im Stadion zu verfolgen. Da ist maximaler Einsatz von der ersten bis zur letzten Sekunde das Minimum, was sie erwarten dürfen. Schafft es das Team, gegen Gladbach zudem auch wieder taktisch disziplinierter zu agieren - Stichwort Kompaktheit -, stehen die Chancen auf den ersten Bundesliga-Heimsieg seit dem 2:0 gegen Werder Bremen am 21. Spieltag ziemlich gut. Wie die Stimmungslage im Waldstadion am Samstagabend nach dem Schlusspfiff ist, haben Glasner und die Spieler selbst in der Hand. Für Trübsal gibt es deshalb tatsächlich keinen Grund.

Julian Franzke

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