Football

Hurts vs. Mahomes: Einstiger Ersatzmann contra Raketen-Arm

Die Quarterbacks der Eagles und Chiefs auf verschiedenen Wegen

Hurts vs. Mahomes: Einstiger Ersatzmann contra Raketen-Arm

Ein Star-Quarterback wird triumphieren: Jalen Hurts und Patrick Mahomes (re.) sehen sich in die Augen.

Ein Star-Quarterback wird triumphieren: Jalen Hurts und Patrick Mahomes (re.) sehen sich in die Augen. IMAGO/USA TODAY Network

Beim Blick auf den jeweiligen Saisonverlauf der Philadelphia Eagles und der Kansas City Chiefs, die sich am Sonntag (Ortszeit) im Super Bowl LVII (57) duellieren, wird schnell klar: Diese Mannschaften stehen verdient im Endspiel der National Football League.

Mit einer jeweiligen Gesamtbilanz von 16:3 Siegen - inklusive Play-offs - stehen die Teams klar an der jeweiligen Spitze der NFC bzw. AFC. Ebenfalls besonders: Sowohl Philly als auch KC haben in all diesen Spielen jeweils insgesamt exakt 546 Punkte erzielt.

Extrem dominant traten die von Nick Sirianni und Andy Reid trainierten Mannschaften auf, nahmen viele Gegner spielend leicht auseinander und waren auch in den Play-offs überragend unterwegs. Schnell sind auch die beiden Protagonisten gefunden: die Quarterbacks.

Hurts am Boden, Hurts über die Luft

Sowohl Eagles-Spielmacher Jalen Hurts (24) als auch Patrick Mahomes (27) drückten der Saison ihren Stempel auf und gelten als Favoriten auf den MVP-Titel, der Auszeichnung für den besten Spieler der Saison 2022/23. Wenngleich hier Mahomes favorisiert wird.

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Und doch sind die Geschichten dieser Führungsspieler unterschiedlicher Natur: Hurts galt früher im College - für Alabama zusammen mit Miamis Profi Tua Tagovailoa und Oklahoma im Einsatz sowie Zweiter hinter Bengals-Star Joe Burrow bei der Wahl zur Heisman Trophy 2019 - als kommender Superstar, baute dann aber ab und wurde letztlich 2020 nur als Ersatzmann von Carson Wentz (30, inzwischen Washington Commanders) nach Philadelphia geholt. Doch der laufstarke Quarterback biss sich durch und spielt nun die Saison seines bisherigen Football-Lebens - 22 Touchdown-Pässe neben 13 erlaufenen Scores sind eine echte Hausnummer.

Mahomes kennt nur Erfolg

Mahomes dagegen war schon immer ein großes Talent, das längere Zeit auch eine Baseball-Karriere anstrebte. Und obwohl er bei keinem Top-College spielen durfte (Texas Tech), stellte er teils absurde Bestmarken auf, ehe er von den Chiefs um Top-Trainer Reid im Draft 2017 (1. Runde, 10. Stelle) als kommender Starter geholt wurde. Nach einem einkalkulierten Jahr als Back-up hinter Routinier Alex Smith trat der Raketen-Arm der NFL schließlich auf den Plan - und übertraf im Grunde alles bisher Dagewesene.

192 Touchdown-Pässe in nur 80 Spielen, fast 25.000 Yards: Rekorde begleiten schon jetzt sein Tun. Ketchup-Fan Mahomes ist ein Meister seines Fachs, ein Künstler der Improvisation, ein von keiner Defense auszulesender Spielmacher - und jemand, der Kansas City zum fünften Mal in Folge ins AFC-Finale sowie nun zum dritten Mal in den Super Bowl geführt hat (ein Titel bisher 2019/20 durch ein 31:20-Comeback gegen die San Francisco 49ers).

"Das Verlierergefühl vergisst man nie"

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Beide eint aber auch viel: Mahomes stammt aus Tyler, Hurts aus Houston, gut 200 Meilen trennen die Städte im Süden der USA. Beide kommen aus Texas, beide spielen nun als Spielmacher im Super Bowl und schreiben Geschichte. Zusammengerechnet sind sie beim Endspiel 51 Jahre und 337 Tage alt, jünger war in der Kombination noch kein Quarterback-Duo im Super Bowl. Und nie zuvor standen sich zwei schwarze Regisseure im "Big Game" der NFL als Starter gegenüber, ein Meilenstein in der sich wandelnden National Football League.

Längst sind die Zeiten vorbei, in denen weiße Footballer auf der Schlüsselposition die Titel unter sich ausmachten. Doch es war ein langer Weg dorthin: Doug Williams gewann 1988 als erster schwarzer Quarterback den Super Bowl, Russell Wilson war 2014 der zweite, Mahomes 2020 der dritte. Insgesamt schafften es bisher acht ins Finale, inklusive Debütant Hurts.

Tom Brady und Patrick Mahomes umarmen sich.

Die Super-Bowl-Niederlage gegen Tom Brady und dessen Bucs geht Patrick Mahomes noch immer nach. IMAGO/USA TODAY Network

"Das gibt der nächsten Generation von Quarterbacks Auftrieb", ist sich Hurts sicher. Er will Champion werden - und er will dabei auch Vorbild sein. "Egal ob du ein vierjähriges, fünfjähriges Kind bist in Houston, in Philly, in Texas, in Louisiana, wo auch immer auf der Welt, egal was jemand sagt oder welche Meinung er über Dich hat: Du kannst es", so Hurts: "Du kannst es auch."

"Ich schätze die Plattform, die ich habe", so das Eagles-Ass weiter. "Ich bin mir sicher, dass es Pat genauso geht. Wir wollen einfach den Nachwuchs inspirieren." Mit Spektakel, für das beide Athleten stehen - auch wenn Mahomes mit seiner größeren Erfahrung und dem besseren individuellen Können sicherlich noch etwas im Vorteil ist. Zudem treibt den teuer bezahlten Chiefs-Star (Zehnjahresvertrag über 450 Millionen US-Dollar Gesamtvolumen) die klare Niederlage im Super Bowl 2020/21 (9:31 gegen die Tampa Bay Buccaneers um Tom Brady) noch immer um. Es sei "unglaublich", den Titel zu gewinnen und "einer der besten Momente deines ganzen Lebens", sagt Mahomes. "Aber die Niederlage, die sitzt tief. Das motiviert dich über Jahre. Das Verlierergefühl vergisst man nie."

"Das habe ich von Kobe gelernt"

Was Mahomes seit jeher antreibt, hat der hochveranlagte und in Texas aufgewachsene afroamerikanische Football-Profi bereits Anfang 2020 verraten: "Ich bin ein dunkelhäutiger Quarterback - habe einen dunkelhäutigen Dad und eine weiße Mum. Und egal was deine Träume sind, ob du Basketballer, Footballer oder was auch immer bist oder sein willst - stecke einfach deine Arbeit da rein und du wirst am Ende des Tages oben stehen." Kritik von außen, Anfeindungen? Sollen so gut es geht ausgeblendet werden.

Idole können dabei laut Mahomes helfen. "Pat" hat selbst immer eines gehabt: Kobe Bryant, die bei einem Helikopterabsturz gestorbene NBA-Legende der Los Angeles Lakers. "Ich schaue mir heute noch Videos auf YouTube am Tag vor den Spielen an, höre ihm nur zu, wie er redet und wie er alles in die richtige Perspektive bringt", so Mahomes damals. Er habe laut eigener Aussage viel vom fünfmaligen NBA-Champion gelernt - obwohl er ihn nie persönlich getroffen hat. Vor allem die Einstellung Bryants zu seiner Arbeit habe ihn selbst immer wieder angetrieben: "Wie hart er arbeitete, wie er sich jeden Tag bemühte, der Beste zu sein. Das habe ich von Kobe gelernt. Das versuche ich jeden Tag auch für mich."

Markus Grillenberger

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