Bundesliga

Unions Einwände gegen Investoren-Entscheidung

Plädoyer für 50+1 und den deutschen Sonderweg

Falscher Zeitpunkt, schlechter Deal? Unions Einwände gegen Investoren-Entscheidung

Hat eine klare Meinung in der DFL-Investorendebatte: Unions Präsident Dirk Zingler.

Hat eine klare Meinung in der DFL-Investorendebatte: Unions Präsident Dirk Zingler. IMAGO/Matthias Koch

Die DFL möchte einen strategischen Partner ins Boot holen, in anderen Worten einen Investor. Ein erstes Konzept erreichte im nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit, doch die Debatte blieb - und nun wird ein neuer Versuch gestartet. Am Montag kommt es zu einer weiteren Abstimmung, diesmal mit dem Ziel, den beiden DFL-Geschäftsführern Dr. Marc Lenz und Dr. Steffen Merkel ein sogenanntes Verhandlungs- und Abschlussmandat für eine strategische Partnerschaft mit einem von vier Interessenten aus dem Private-Equity-Bereich (Advent, Blackstone, CVC, EQT) zu erteilen.

Damit der Plan aufgeht, braucht es 24 Ja-Stimmen. Einer kicker-Umfrage zufolge zeichnet sich ab, dass eine Mehrheit der Klubs das Vorhaben bejahen könnte, allerdings gibt es ein "Aber". Es gab aber noch sehr viele Vereine, die sich nicht äußerten - einer davon war Union Berlin. Das holten die Köpenicker nun nach - und sprechen sich nun durchaus überraschend dagegen aus. Im Mai hatten sich die Berliner noch für das Projekt votiert, Präsident Dirk Zingler hatte sogar kräftig die Werbetrommel gerührt. 

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In einem offiziellen, von Präsident Dirk Zingler unterzeichneten Statement, das die Berliner an die DFL und alle Vereine der ersten und zweiten Liga geschickt haben und dem kicker vorliegt, verweisen die Unioner gleich zu Beginn auf den gescheiterten Versuch im Mai und erklären, dass der neue Versuch und "die damit demonstrierte Missachtung des Abstimmungsergebnisses ein mindestens ungewöhnlicher Vorgang" sei, den man "durchaus noch einmal thematisieren" sollte. 

"Falscher Zeitpunkt"

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Primär legt der Hauptstadtklub in dem Schreiben aber seine eigenen Positionen dar - und betont, dass man der Meinung sei, dass die Abstimmung am Montag "zum falschen Zeitpunkt" erfolgt. Warum? Der Vertrag sei "unmittelbar nach Ablehnung im Frühjahr und unter zeitlichem Druck eines Abschlusses vor Beginn der nächsten Rechteausschreibung 2024 verhandelt worden" und bedeutet daher deutlich weniger Einnahmen für die Liga. "Heute 'kostet' ein Prozent Ertragsbeteiligung an unseren medialen Rechten für 20 Jahre einen möglichen Partner ca. 112 Mio. Euro. Im Frühjahr lag der Wert noch bei bis zu 176 Mio. Euro", rechnen die Eisernen vor. 

Union beklagt in der Debatte einen falschen Fokus. "Anstatt einen breiten und transparenten Diskurs über die Notwendigkeit von Investitionen und deren richtige Verwendung und Aufteilung zwischen der DFL und den Vereinen auf breiter Basis zu führen, wurde das schwierige Thema der Investitionen in die Vereine nun ausgeklammert", heißt es und stellt fest: "Was im Mai noch mit voller Überzeugung als richtig und notwendig dargestellt wurde, scheint im Dezember plötzlich entbehrlich."

Renditeorientierten Investorenmodelle sind eine Gefahr

Die Berliner verweisen auch auf die großen Gefahren von "Multi-Club-Ownerships und rein renditeorientierten Investorenmodelle" hin, in deren Rahmen "die kulturelle Bedeutung und die soziale Verankerung des Fußballs immer weniger Beachtung erhalten. Das darf nicht unser Weg sein!" In diesem Kontext verweist man auch auf 50+1 als Erfolgsmodell. Ein Modell, das aber seinen Preis hat.

"50+1 und mitgliedergeführte Vereine bedeuten, dass andere Ligen und andere Vereine durch Investoren oder vermögende Eigentümer auf Dauer über mehr finanzielle Mittel verfügen werden. Es bedeutet, dass die besten und somit teuersten Spieler nicht in Deutschland spielen; dass die Ligen, in denen die besten und teuersten Spieler spielen, auch die höchstdotierten Verträge bei der Vermarktung ihrer Rechte abschließen. Uns durch unser Handeln letztlich doch in den Wettbewerb zu diesen Modellen zu stellen, wird uns immer verlieren lassen."

Die Berliner betonen, dass sie "Investitionen in den deutschen Profifußball, auch in die Vereine, wie im Frühjahr vorgestellt, weiterhin für richtig" halten. Auch müsse man weiterhin auf die historisch entstandene und "sehr erfolgreiche Art und Weise des auf Gemeinnützigkeit basierenden Fußballs" setzen, "andernfalls riskieren wir, unsere ureigene Stärke zu verlieren, ohne dass wir eine neue gewinnen."

"Kleingeistigkeit und gegenseitiger Neid"

Als großes Problem dabei sieht man "Kleingeistigkeit und gegenseitigen Neid. Weil andere vermeintlich zu Unrecht mehr bekommen als mein Verein, stimme ich lieber ganz dagegen. Mit diesem Verhalten nehmen wir in Kauf, dass alle verlieren, wir uns selbst und unseren eigenen Weg schwächen, Unterschiede vertieft werden, statt sie abzubauen." Dabei hätten gerade "kleinere und mittelgroße Vereine einen Bedarf an zentralen Investitionsmitteln und sollten diesen Weg unterstützen".

Fakt sei, dass die ohnehin erfolgreichen Klubs wie der FC Bayern München oder Borussia Dortmund ohnehin schon in der Lage sind, "notwendige Investitionen aus eigenen Mitteln zu tätigen, und bestehende Unterschiede somit sogar noch zu vergrößern. Die Vorschläge aus dem Frühjahr waren daher eher für diejenigen von uns sinnvoll, die sie abgelehnt haben."

"Heute 'kostet' ein Prozent Ertragsbeteiligung ca. 112 Mio. Euro, im Frühjahr lag der Wert noch bei bis zu 176 Mio. Euro.

Union Berlin

Weiter heißt es, dass eine reine Umverteilung nicht funktionieren würde. "(Vermeintliche) Gerechtigkeit stellen wir nicht her, indem wir versuchen, Realitäten und bestehende Unterschiede durch leistungsunabhängige Umverteilung zu verändern. Das funktioniert weder im eigenen Leben noch in unserer eigenen Liga und genauso wenig im globalen Fußball-Wettbewerb. Jeder Versuch über bereits bestehende Regeln hinaus, unterschiedliche Entwicklungen anzugleichen, Erfolge zu sozialisieren, um Misserfolge abzufedern, wird unseren Fußball und seinen Wettbewerb stärker gefährden, als es die globalen Veränderungen bereits tun."

Stärke durch Einigkeit und Solidarität

Letztlich liegt es in der Verantwortung eines jeden einzelnen Vereins, seinen eigenen Weg zu bestimmen und zu entscheiden, "was für den eigenen Klub wichtig ist". Das heißt aber nicht, dass jeder sein eigenes Süppchen kochen sollte, denn "ein geeinter und starker deutscher Profifußball, der sich zentral vermarktet, sich solidarisch verhält, aber unterschiedliche Herangehensweisen und Entwicklungen unter seinen 36 Vereinen akzeptiert, ist viel besser in der Lage, sich international für wirksamere Financial-Fairplay-Regeln, für eine Obergrenze von Ausgaben und gegen Multi-Ownerships im Fußball einzusetzen."

Abschließend bitten die Unioner "das DFL-Präsidium, den für Montag geplanten Antrag nicht zu stellen". Dieser sei nämlich lediglich das Ergebnis, dass man "auf Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners erstmals einen Investor" zulassen würde und er wäre "der grundlegenden Bedeutung dieses Vorganges unangemessen. Stattdessen sollten wir Zeit und Mühe dafür aufwenden, Einigkeit zu erzielen, einen breiten Konsens unter allen Beteiligten herzustellen, eine Position der Stärke zu entwickeln." So könnten "Voraussetzungen für ein bedeutend besseres wirtschaftliches Ergebnis" geschafft werden als das aktuell vorliegende.

drm

    Thema
    Die Liga und der "strategische Partner"

    Die Diskussion um einen DFL-Investor

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    • Für Investitionen u.a. in Digitalisierung wollte die DFL-Führung Kapital von einen Investor einholen.
    • Die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit wurde bei der geheimen Abstimmung auf die Stimme genau erreicht.
    • Nach einer außerordentlichen Sitzung hat die DFL beschlossen, den Partnerprozess nicht weiterzuführen.