Bundesliga

Woltemade: "Dieses Gefühl, dass es mit mir einen Plan gibt, war nicht immer da"

Angreifer erklärt Werder-Abgang im kicker

Woltemade: "Dieses Gefühl, dass es mit mir einen Plan gibt, war nicht immer da"

Von der Weser an den Neckar: Nick Woltemade.

Von der Weser an den Neckar: Nick Woltemade. IMAGO/Nico Herbertz

"Ehrlicherweise", das muss Nick Woltemade im Gespräch mit dem kicker zugeben, hätte er nicht damit gerechnet, dass er zuletzt in fünf der jüngsten sechs Bundesligaspiele in der Startelf des SV Werder Bremen stehen würde. Gerade, weil der 22-Jährige zuvor öffentlich gemacht hatte, dass er den Verein nach der Saison verlassen werde; dass er das Angebot zur Verlängerung seines auslaufenden Vertrags nicht annehmen werde. Was klubintern ja durchaus für etwas Verstimmung gesorgt hatte - aber eben keinerlei sportliche Auswirkungen hatte.

"Ich rechne es Ole Werner sehr hoch an", sagt Woltemade, "dass er weiter sehr fair mit mir ist. Und ich habe es dann ja auch bestätigt. Die Einsätze gab es nicht umsonst." Trotzdem berichtet der Ur-Bremer auch von einer schwierigen Situation rund um seinen Abgang, der ihn zum VfB Stuttgart führen wird: "Das Gespräch über meinen Wechsel zu suchen, war ja auch für mich unangenehm - ich bin immer noch ein junger Kerl. Aber als nach ein, zwei Tagen der Hype und die Unruhe weg waren, war alles wieder völlig normal."

Woltemade: "Ich will merken, dass man erwachsen wird"

Hätte man ihn denn noch von einem Verbleib bei Werder überzeugen können, wenn Woltemade jene üppigen Einsatzzeiten schon vorher erhalten hätte? "Es war ja keine Entscheidung, die ich plötzlich so getroffen habe. Das hat sich schon über einen längeren Zeitraum verfestigt", erklärt der U-21-Nationalspieler: "Werder war immer mein Ansprechpartner Nummer eins - doch dadurch, dass ich ablösefrei bin, ist es logisch, dass ich dann auch mit anderen Vereinen gesprochen habe. Und da war dann das richtige Gefühl dabei."

Eine Rolle bei seiner Entscheidung spielte auch die letztjährige Leihe nach Elversberg, die Woltemades Entwicklung nicht nur als Spieler entschieden vorangetrieben hatte. "Es war auch so, dass ich einfach gerne raus wollte aus Bremen und meinem gewohnten Umfeld. Ich lebe seit 20 Jahren hier, kenne alles, die ganze Stadt, jeden Stadtteil. Ich wollte wieder was Neues sehen", so der Werder-Profi: "Ich kann jetzt nicht mal in zehn Minuten zu meinen Eltern fahren, sondern ich weiß: Ich bin auf mich allein gestellt. Ich will merken, dass man älter, dass man erwachsen wird."

Woltemades Wunsch nach "mehr Überzeugung"

Ob ihm trotzdem auch eine Form der persönlichen Anerkennung von Werder fehlte, um seinen Vertrag zu verlängern, dazu sagt Woltemade: "Die Verantwortlichen haben sich um mich bemüht, die Wertschätzung war absolut da. Aber mein Eindruck ist jetzt nicht unbedingt nur durch die aktuelle Saison entstanden, sondern auch durch die Zeit davor. Da hätte man sich vielleicht ab und zu mehr Unterstützung und Überzeugung gewünscht."

Angesichts der schwierigen sportlichen Situation und der Ziele, die Werder in den vergangenen Jahren stets erreichen musste, sowie der Konkurrenzsituation im Angriff habe Woltemade jedoch "nie gefordert, dass ich damals jedes Spiel machen muss", betont er: "Ich wusste die Situation schon selbst einzuschätzen. Aber dieses Gefühl, dass man dem Verein auch sportlich wichtig ist und dass es mit mir einen langfristigen Plan gibt, war zumindest vor dieser Spielzeit nach meinem Empfinden nicht immer da."

Werder und "der schmale Grat" bei den Talenten

Parallelen zum Abgang des nach Heidenheim ausgeliehenen Eren Dinkci, einem weiteren ehemaligen Bremer Nachwuchsstürmer, dessen Weg nach Freiburg führt, sieht Woltemade indes nicht: "Eren war letztes Jahr hier, ich bin dieses Jahr hier - Niclas Füllkrug zum Beispiel ist nicht mehr da, das war für Eren dann auch nicht ganz so einfach. Und das zweite Jahr nach dem Aufstieg ist ebenfalls anders. Wir sind zwar sehr gute Kumpels, haben unsere Entscheidungen zumindest im Vorfeld aber gar nicht so sehr thematisiert."

Es sei für Werder allerdings "auch nicht so einfach, auf viele Talente zu setzen, wenn man gleichzeitig weiß: Wir müssen aufsteigen oder wir müssen in der Liga bleiben. Das ist ein schmaler Grat", findet das Vereins-Eigengewächs. Aktuell sei es die erste Bremer Saison seit langem, die mal sportlich etwas ruhiger verläuft, so Woltemade: "Und so alt ist unsere Truppe jetzt auch nicht - man sieht ja an meinem Beispiel, dass man trotzdem seine Chance bekommt. Am Ende ist es immer auch eine Frage von Überzeugung und Mut."

Im kicker-Interview der Donnerstagausgabe (schon am Mittwochabend digital abrufbar als eMagazine) spricht Nick Woltemade zudem über alte Last und neue Lust, SMS mit Hermann Gerland sowie einen ungewollten Spitznamen. Und er erklärt, warum er trotz 1,98-Meter kein typischer großer Fußballspieler ist.

Tim Lüddecke

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