Bundesliga

Wann die Hertha-Lizenz wackelt

Die 40-Mio.-Anleihe als Windhorst-Druckmittel

Wann die Hertha-Lizenz wackelt

Hertha BSC steckt weiterhin in finanziellen Schwierigkeiten: Wackelt sogar die Lizenz?

Hertha BSC steckt weiterhin in finanziellen Schwierigkeiten: Wackelt sogar die Lizenz? IMAGO/Nordphoto

Die Zeit drängt für die Hertha-Verantwortlichen um Geschäftsführer Thomas Herrich und e.V.-Präsident Kay Bernstein, um den Deal mit 777-Partners zu finalisieren und so an frisches Geld zu kommen. Denn wie dramatisch die Lage im Berliner Westen wirklich ist, demonstriert ein Blick in den Halbjahresbericht der Kapitalgesellschaft des Bundesligisten, die für den Profisportbetrieb verantwortlich ist. Besonders viel Adrenalin verspricht die Ablösung der 40-Millionen-Euro-Anleihe, die der Klub Ende 2018 aufgelegt hat, um die einst an den US-Investor KKR verkauften Anteile zurückzuholen und den Millionen-Deal mit dem scheidenden Investor Tennor erst zu ermöglichen. Da diese mit 6,5 Prozent verzinst war, müssen die Hauptstädter 54,8 Mio. Euro auslösen. Zu den im Report auf 91 Mio. Euro bezifferten Verbindlichkeiten müssten also noch einmal weitere knapp 15 Mio. Euro an sonstigen Verbindlichkeiten gerechnet werden, die in dem Dokument nicht weiter erwähnt sind.

Bis Ende April muss wohl Klarheit herrschen

Mit Blick auf die am 15. März bei der Deutschen Fußball-Liga DFL einzureichenden Lizenzierungsunterlagen tickt die Uhr. Zwar ist die Anleihe erst im November 2023 fällig. Doch die Liga möchte in aller Regel bis Ende April einen konkreten Plan sehen, dass die kommende Saison durchfinanziert ist. Und wie Hertha die Anleihe zurückzahlen will, davon steht in dem Report kein Wort, weder von der Geschäftsführung noch vom Wirtschaftsprüfer. Ergo: 777-Partners, das in Verhandlungen mit dem scheidenden Investor Lars Windhorst steckt, dessen 374-Mio.-Einschuss augenscheinlich verbrannt wurde, steht unter Druck, sofern es nach wie vor von dem Invest überzeugt ist. Sonst wackelt die Lizenz. Was wiederum Windhorst in den Verhandlungen mit den US-Amerikanern über die Höhe der Ablöse seiner 64,7 Prozent an der KGaA zu seinen Gunsten nutzen kann.

Großer Verlust trotz Transferüberschusses

Für die erste Saisonhälfte 2022/23 hat Hertha einen Verlust von 44,6 Mio. Euro bilanziert. Wie aber kommt es zu derart dramatischen Zahlen? Eigentlich machte die Alte Dame doch im Sommer mit 15,8 Mio. Euro einen Transferüberschuss. Formal richtig, doch das Problem ist: Hierbei handelt es sich um die Brutto-Berechnung. Davon müssen bilanziell bestimmte Werte abgezogen werden wie Transferaufwand (16,9 Mio.), Buchwertabgang (7,2 Mio.) oder Abschreibungen für Spieler (15,6 Mio.). Folglich wird aus dem theoretisch positiven Transferergebnis aus dem Sommer 2022 ein negatives Netto-Transferergebnis von 23,9 Mio. Euro. Hinzukommen auf 51,3 Mio. Euro gestiegene Personalkosten - im Halbjahr, wohlgemerkt. Hertha rechnet mit einem Saisonverlust von 64 Mio. Euro - und da sind Transfereinnahmen bereits einkalkuliert. In der Vorsaison lagen die Personalkosten mit 97,7 Mio. Euro bereits auf Rekordniveau. Die Verluste lagen bei 80 Mio. (2021/22) und 78 Mio. Euro (2020/21).

Mutmaßlich um die Liquidität aufrechtzuerhalten hat der Klub bereits 11 Mio. Euro aus noch zu erbringenden Leistungen bereits vorgezogen: von Nike für die Vertragsverlängerung, von Sportfive in Form einer signing fee, dazu gab es vorgezogene Zahlungen für Werbeverträge und Spieler-Leihen sowie aus dem Ticketing. Das (nächste) gravierende Problem: Eigentlich sollte der Kassenbestand diesen sogenannten passiven Rechnungsabgrenzungsposten übersteigen. Doch liegt der bei aktuell gerade mal 1,3 Mio. Euro.

Vorwürfe gegen Ex-Sportgeschäftsführer Bobic

Aktuell steht ein arbeitsgerichtliches Verfahren gegen Ex-Sportgeschäftsführer Fredi Bobic an, dem der abstiegsbedrohte Bundesligist im Nachgang zur Freistellung fristlos gekündigt hatte. Offenbar wirft man dem 51-Jährigen neben einer Verbalattacke auf einen Fieldreporter, für die sich Bobic im Nachgang entschuldigte, noch weitere Versäumnisse vor. Ob die dramatische Wirtschaftslage, die sich bereits vor dem 374-Mio.-Einschuss durch Windhorst prekär darstellte, dazuzählt, ist derzeit nicht bekannt. Fakt ist: Zwischen Geschäftsführung und dem vom e.V. dominierten Beirat gibt es festgelegte Jahresbudgets und Geschäftspläne. In der Hertha-KGaA beispielsweise muss der Beirat laut Satzung Vereinbarungen absegnen, "die eine Erhöhung der Ausgaben der Gesellschaft zur Folge hat, sodass die im Jahresbudget vorgesehenen jährlichen Ausgaben um mehr als 20 Prozent überstiegen werden". Stellt sich die Frage, bis zu welchen Verlusten die Gremien mit Richtlinienkompetenz um Bernstein & Co. der Geschäftsführung "grünes Licht" gegeben haben.

Benni Hofmann

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