Bundesliga

"Wäre fahrlässig": Fritz' Replik auf Werners gestellte Qualitätsfrage

Werder-Coach bemängelt "fehlende Substanz"

"Wäre fahrlässig": Fritz' Replik auf Werners gestellte Qualitätsfrage

Auf Ole Werners Kritik reagiert: Clemens Fritz.

Auf Ole Werners Kritik reagiert: Clemens Fritz. IMAGO/Team 2

Lange sah es am Sonntagnachmittag danach aus, dass der SV Werder Bremen - nach mehreren vergebenen Chancen in den vergangenen Wochen - nun endlich den letzten Schritt zum Klassenerhalt machen würde. Die zwischenzeitliche 1:0-Führung im Auswärtsspiel bei RB Leipzig hätte endgültig dazu gereicht, auch der späte 1:1-Ausgleich in der 87. Minute letzte Zweifel daran beseitigt - dann jedoch brach die sechste Minute der Nachspielzeit an, in der Leipzig die Partie doch noch drehte, 1:2, keine Punkte.

Spielbericht

Erneut wurde der Aufsteiger damit um einen Lohn gebracht, der einmal mehr angemessen gewesen wäre: wie in der Vorwoche gegen den FC Bayern (1:2), wie zuvor gegen den SC Freiburg (1:2); auch beim 1:2 auf Schalke wurde bereits eine 1:0-Führung verspielt. Die Ausbeute von nur fünf Punkten aus den vergangenen zehn Ligaspielen entspricht inzwischen eher der eines Absteigers. Dass es wahrscheinlich trotzdem nicht mehr dazu kommen wird, verdankt der Klub insbesondere der vergleichsweise erfolgreichen Hinrunde (21 Punkte) - so viel steht zwei Spieltage vor Saisonende schon jetzt fest: In der Rückrunde kamen bis dato nur noch 14 Zähler dazu.

Werner: "Qualität von der Bank war der Unterschied"

Dafür, dass Werder nun auch in Leipzig noch ein Spiel zu einem späten Zeitpunkt aus der Hand gab, führte Ole Werner jedenfalls eindeutige Gründe an. "Der Gegner hat mehr Substanz, kann mehr nachlegen in der Schlussphase als wir. Da konnten wir nicht gegenhalten", sagte Bremens Cheftrainer: "Uns gelingt es dann nicht, unser Spiel so durchzubringen." Viermal hatte er ab der 76. Minute und beim Stand von 1:0 wechseln müssen, jeweils weil die Spieler auf dem Platz dies signalisiert hatten.

Dass der Bremer Vorsprung wieder nicht reichte, machte Werner somit auch an der "Qualität, die von der Bank kam," fest, "der Unterschied war sichtbar, das hat sich dann auch im Ergebnis widergespiegelt". Und weiter: Dass es Werder zum wiederholten Mal nicht hinbekommen habe, "über 90 Minuten konstant zu spielen und ein Spiel gegen solche Mannschaften über die Zeit zu bringen" sei auch darauf zurückzuführen, dass "uns aktuell die Substanz fehlt", so der 35-Jährige: "Das zeigt sich sehr deutlich."

Fritz: "Da wird viel hineininterpretiert"

Es waren klare Worte von Werner, die dieser nicht zum ersten Mal in der laufenden Saison äußerte. Als zwischenzeitlich mehrere Bremer Profis zeitgleich verletzt fehlten, hatte der Coach ganz ähnliche Töne angeschlagen - dass der Werder-Kader auf Kante genäht sei, und Ausfälle nicht immer zu kompensieren seien, wie nun etwa der des seit Wochen fehlenden Niclas Füllkrug. In Leipzig fehlten zusätzlich die Stammspieler Amos Pieper (Sprunggelenks-OP) und Christian Groß (Kniebeschwerden).

Hinsichtlich der neuen Saison mögen derlei Aussagen vielleicht auch ein Appell an die Kaderplanung an der Weser sein. Clemens Fritz reagierte am Montagmittag jedoch eher gelassen auf dieses Thema: "Da wird ein bisschen zu viel hineininterpretiert." Gerade im Vergleich zum Leipziger für die Champions League ausgelegten Kader müsse man die Voraussetzungen "richtig für uns einordnen", so der Leiter Profifußball bei Werder: "Wir sind aufgestiegen, wir haben einen qualitativ guten Kader - aber wenn mehrere Spieler ausfallen, tut das jeder Mannschaft weh, wenn du die Alternativen nicht hast."

Werder und Werner: "Gibt keine Unstimmigkeiten"

Fritz spielte angesichts der fehlenden qualitativen Breite im Werder-Kader insbesondere auf die wirtschaftlichen Bedingungen und Zwänge des letztjährigen Zweitligisten an: "Wir können nicht sagen, wir nehmen noch mal ein, zwei Spieler dazu - und gehen dadurch mehr ins Risiko. Das wäre von unserer Seite auch ein Stück weit fahrlässig." Der Klub weist nach wie vor Verbindlichkeiten von über 30 Millionen Euro auf.

Auch bei einem möglichen Sommer-Verkauf umworbener Werder-Profis wie etwa der Angreifer Füllkrug oder Marvin Ducksch würde nicht die gesamte generierte Summe in einen Ersatz fließen. Es sei ja "kein Geheimnis", dass Werder Rückstellungen und Rückzahlungen zu beachten habe, erklärte Fritz. Und dieses Verständnis bei der Kaderplanung würde auch Cheftrainer Werner aufbringen, betonte er: "Es gibt keine Unstimmigkeiten zwischen uns."

Fritz: "Es geht nur Entweder-oder"

Um trotzdem für eine bessere Breite in der Mannschaft zu sorgen, müsste man alternativ "ein Stück weit von der Qualität in der Spitze abziehen", sagte der 42-Jährige: "Dann hast du vielleicht eine andere Problematik im Kader: unzufriedene Spieler, die du moderieren musst. Es geht nur Entweder-oder." Noch sei es zu früh, nähere Aussagen über die Bremer Transferstrategie zu treffen - weil man noch nicht weiß, welche Angebote in den nächsten Wochen reinkommen werden. Grundsätzlich ist es jedoch denkbar, dass durch den Erlös eines Abgangs zwei Neuzugänge verpflichtet werden - und die Qualität somit numerisch wachsen könnte.

Tim Lüddecke

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