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Völler vor dem Frankreich-Spiel: "Ich fühle mich in der Pflicht, auszuhelfen"

Interimscoach definitiv für nur ein Spiel - Neuer Bundestrainer soll im Oktober mit in die USA

Völler vor dem Frankreich-Spiel: "Ich fühle mich in der Pflicht, auszuhelfen"

Keine langfristige Lösung als Bundestrainer: Rudi Völler.

Keine langfristige Lösung als Bundestrainer: Rudi Völler. IMAGO/Beautiful Sports

Rudi Völler war zunächst gar nicht zu sehen, als er am Montagabend auf das Podium im Presseraum des Dortmunder Stadions stieg. Vor dem Interimsbundestrainer, der am Dienstag (21 Uhr, LIVE! bei kicker) gegen Frankreich auf der Bank der deutschen Elf Platz nehmen wird, hatte sich eine Wand aus Fotografen und Kameramännern aufgebaut, um jede Regung des 63-Jährigen zu dokumentieren.

Erst nach zwei Minuten Blitzlichtgewitter tauchte Völler wieder auf - und blickte in einen nahezu vollbesetzten Saal. Es gab ja auch viel zu klären nur einen Tag, nachdem sich der DFB um das Führungstrio aus Völler (Sportdirektor), Bernd Neuendorf (Präsident) und Hans-Joachim Watzke (Vizepräsident) dazu entschieden hatte, erstmals in der Geschichte des Verbands einen Bundestrainer zu entlassen.

Das 1:4 gegen Japan am Samstag in Wolfsburg war ein Tiefschlag zu viel für Hansi Flick, dem der vor neun Monaten eingesetzte Völler eigentlich den Rücken freihalten wollte. Stattdessen sitzt der frühere Teamchef der Nationalmannschaft (2000 bis 2004) plötzlich wieder in verantwortlicher Position auf der Bank.

Natürlich ist das für mich eine einmalige Sache.

Rudi Völler über seinen aktuellen Status als Interimsbundestrainer

"Ich habe vor dem Japan-Spiel noch daran geglaubt, dass wir es hinbekommen. Aber es ging nicht mehr in dieser Konstellation. Wir mussten in dieser ungewöhnlichen Phase des Doppelspieltags die Reißleine ziehen", schilderte Völler noch einmal, warum sich die DFB-Bosse nur zwei Tage vor dem Prestigeduell mit Frankreich zur sofortigen Trennung von Flick entschieden hatten.

Flick habe einen Rucksack auf dem Rücken getragen seit dem Vorrundenaus bei der WM in Katar. Und dieser erwies sich als zu schwer, um neun Monate vor der Heim-EM noch die Kurve zu bekommen. Eine schnelle Lösung musste her - und wieder war es Völler, der sich wie schon nach der WM, als er von der Task Force zum Sportdirektor auserkoren wurde, plötzlich erneut in einer neuen Rolle wiederfand. "Ich fühle mich in der Pflicht, auszuhelfen", sagte er am Montag zu seiner Interimstätigkeit, die er bis zum Frankreich-Spiel gemeinsam mit U-20-Bundestrainer Hannes Wolf und dessen Assistenten Sandro Wagner ausüben wird. "Aber natürlich ist das für mich eine einmalige Sache."

Neuer Bundestrainer soll bis zur USA-Reise feststehen

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Bis zur USA-Reise Mitte Oktober wollen Völler, Neuendorf und Watzke einen neuen Bundestrainer gefunden haben. Erste Namen wurden bereits diskutiert, verriet Völler, ohne die Namen der potenziellen Kandidaten zu nennen. Wohl aber sprach er über die Kriterien, die der neue starke Mann erfüllen muss: "Es ist wichtig, dass der neue Mann eine neue Idee mitbringt. Wir haben noch ein Dreivierteljahr Zeit, um vor der EM Euphorie zu erzeugen. Das geht mit Ergebnissen, das geht aber auch mit einer neuen Person als Bundestrainer."

Der DFB suche einen Trainer, der "es mit Leib und Seele macht".

Das nötige Potenzial für eine erfolgreiche EM sei vorhanden. Völler: "Auch wenn die Leistungen zuletzt nicht gut waren. Ich bin überzeugt, dass wir, wenn alle dabei sind, ein gutes Turnier spielen können. Was das dann am Ende bedeutet - da kann man nichts versprechen."

Das Duo Wolf/Wagner

Um die beim 1:4 phasenweise auseinanderfallende Mannschaft zu stabilisieren, wollen Völler, Wolf und Wagner bis zum Anpfiff der Partie gegen Frankreich Gespräche führen. Das Duo Wolf/Wagner, das noch mit der U 20 in Polen weilte, als es von Völler zur A-Mannschaft beordert wurde, bringe viele Ideen mit und sorge für neue Impulse. "Hannes war ja auch kurz Trainer bei Bayer Leverkusen. In diesen zehn Wochen konnte ich sehen, welches Feuer in ihm brennt", sagte Völler über Wolf, der beim DFB seinem Job als U-20-Nationaltrainer auch als Direktor Nachwuchs, Training und Entwicklung angestellt ist.

Völler zu Flick-Aus: "Kommen in dieser Konstellation nicht mehr weiter"

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Es sei seine Idee gewesen, das Duo dazuzuholen, sagte Völler und erklärte auch, dass die Aussagen von Watzke, der in der vergangenen Woche auf einem Unternehmertag die von Wolf vorangetriebene Reform des Kinderfußballs kritisiert hatte, kein Problem für die Beteiligten seien: "Aki Watzke weiß, dass das in einer feuchtfröhlichen Runde ein kleines bisschen über das Ziel hinausgeschossen war. Er hat das inzwischen auch eingesehen."

Füllkrug fehlt weiter - Kimmichs Einsatz fraglich

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Welche Änderungen das Interims-Trio konkret plant, darüber hüllteich Völler in Schweigen. Denkbar ist etwa, dass Joshua Kimmich wieder ins Zentrum rückt. Allerdings ist fraglich, ob der Bayern-Profi gegen Frankreich überhaupt dabei sein kann, denn am Montagabend absolvierte er das Mannschaftstraining wegen muskulärer Probleme nur teilweise.

Ebenso offen ist auch der Einsatz von Innenverteidiger Niklas Süle, der aufgrund der bevorstehenden Geburt seines zweiten Kindes am Montag nicht beim DFB-Team weilte.

Niclas Füllkrug, dessen Einsatz in der vergangenen Woche noch offengehalten wurde, fällt dagegen sicher aus - und könnte auch dem BVB am kommenden Wochenende fehlen: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er bis dahin spielen kann", sagte Völler, der moderate Änderungen in der Startelf ankündigte.

Matthias Dersch

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