2. Bundesliga

VfL Osnabrück steigt ab - und peilt schon die Zweitliga-Rückkehr an

Der Elfte der Ewigen Zweitliga-Tabelle muss zurück in die 3. Liga

VfL Osnabrück steigt ab - und peilt schon die Zweitliga-Rückkehr an

Eine enttäuschende Saison des VfL Osnabrück endet mit dem Abstieg in die 3. Liga.

Eine enttäuschende Saison des VfL Osnabrück endet mit dem Abstieg in die 3. Liga. IMAGO/Noah Wedel

Spektakulär war der VfL Osnabrück im Mai 2023 aufgestiegen. "90+6" ist in der Vereinshistorie verankert als Symbol dafür, dass die Lila-Weißen in der Nachspielzeit des letzten Saisonspiels gegen Borussia Dortmund II aus einem 0:1 ein 2:1 machten und mit eben jenem letzten Treffer von Jannes Wulff in der sechsten Minute der Nachspielzeit gleich drei Konkurrenten in der Tabelle überholten und als Tabellendritter den direkten Aufstieg in die 2. Bundesliga schafften.

Nicht ganz ein Jahr später ist der Saisonausgang des VfL weit weniger spektakulär und auch alles andere als eine Last-Minute-Entscheidung: Schon deutlich vor dem Saisonende steht der Traditionsklub aus Niedersachsen, der gerade erst das 125-jährige Vereinsjubiläum feierte, als erster Absteiger aus der 2. Bundesliga fest.

Fußball: 3. Liga, VfL Osnabrück - Borussia Dortmund II, 38. Spieltag im Stadion an der Bremer Brücke. Osnabrücks Torwart Phillipp Kühn (r) feiert den Aufstieg in die 2. Bundesliga nach Spielende mit den Fans. (re-crop)

Last-Minute-Aufstieg: Dramatisches Osnabrück-Comeback im Video

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Schon der Start misslang

Auf die "schiefe Bahn" gerieten die mit vergleichsweise geringen wirtschaftlichen Möglichkeiten ausgestatteten Osnabrücker in dieser Zweitliga-Saison früh. Schon vor dem Saisonstart zog sich Kapitän und Abwehrorganisator Timo Beermann einen Knöchelbruch zu und sollte im Saisonverlauf nie richtig in Tritt kommen. Im Auftaktspiel gegen Karlsruhe setzte es schon in der 2. Minute das erste Gegentor und trotz guter Moral am Ende eine 2:3-Niederlage.

Diese Tendenz setzte sich fort. Am 6. Spieltag ging der VfL bei Hannover 96 mit 0:7 unter und überraschte doch am Spieltag darauf den Hamburger SV, als mit 2:1 der einzige Hinrundensieg eingefahren wurde. Kein Erfolgserlebnis, das für eine Trendwende sorgte. Nach 13 Spielen (1/4/8) war Schluss für Aufstiegstrainer Tobias Schweinsteiger.

Stabilisierung unter Koschinat

Martin Heck fungierte für ein Spiel als Interimstrainer, ehe Uwe Koschinat übernahm. Der 42-Jährige bemühte sich, der Mannschaft defensive Stabilität zu vermitteln, und feierte auch Achtungserfolge gegen St. Pauli (1:1) und Hertha BSC (0:0), acht Spiele blieb der VfL aber auch unter Koschinat sieglos und verlor noch mehr Anschluss am Tabellenende. So ließen vier Siege in der Rückrunde (Spieltage 23 bis 28) den Hoffnungsfunken in Sachen Klassenerhalt noch einmal erglimmen, am Ende ist aber der sich lange abzeichnende direkte Wiederabstieg frühzeitig besiegelt.

Die letzten drei Saisonspiele hätte der VfL gewinnen müssen, um seine minimalen Chancen zu wahren - schon mit dem Auswärts-Heimspiel der 32. Runde vor leeren Rängen gegen Schalke 04, das aufgrund von Schäden am Stadiondach und begleitet von gegenseitigen Vorwürfen von der DFL ans Hamburger Millerntor verlegt wurde,  waren die letzten Hoffnungen dahin.

zum Spiel

Bei den Gründen für die schlechte sportliche Bilanz verwies Ex-Coach Schweinsteiger u.a. auf die Zusammenstellung des Kaders. "Ich hätte mich für die Verpflichtung von zwei, drei Spielern starkgemacht, mit Führungsqualität und sportlicher Qualität, und dafür gesorgt, dass der Kader verkleinert wird", sagte er nach seiner Entlassung im Interview mit der NOZ mit Blick auf die Wintertransferperiode. Sportdirektor Amir Shapourzadeh hielt dagegen, attestierte dem maßgeblich von ihm zusammengestellten Kader Zweitligatauglichkeit.

VfL Osnabrück

Der VfL verpflichtete im Winter Angreifer Lex Tyger Lobinger (1. FC Kaiserslautern, elf Einwechslungen, kein Tor, ein Assist), Rechtsverteidiger Athanasios Androutsos (Olympiakos Piräus, zwölf Einsätze, fünfmal ein- und viermal ausgewechselt) und Außenbahnspieler Thomas Goiginger (Linzer ASK, sieben Einsätze, fünfmal ein- und zweimal ausgewechselt). Entscheidenden Einfluss auf das Spiel des VfL konnten die drei Spieler im weiteren Saisonverlauf nicht nehmen. Der Mangel an lautstarken Führungsspielern und die fehlende Torgefahr rund um den mit Abstand besten Torschützen Erik Engelhardt (zehn Saisontore) hielten an.

Auch das altehrwürdige und in Teilen in die Jahre gekommene Stadion an der Bremer Brücke wurde nicht zum entscheidenden positiven Faktor. In allen Partien der Saison bis zur Sperrung war der Heimbereich ausverkauft (insgesamt 98 Prozent Auslastung) und die Stimmung blieb trotz der schlechten sportlichen Situation positiv. Dennoch belegt der VfL in der Heimtabelle den letzten Platz - auch weil die Schwächen im Spiel gegen einen tiefstehenden Gegner sich immer wieder bemerkbar machten.

Choreografie zum 125-jährigen Jubiläum des VfL Osnabrück (20.04.2024)

Vollbesetzte Bremer Brücke: Zum Heimspiel gegen Braunschweig wurde eine Choreo anlässlich des 125-jährigen Vereinsjubiläums gezeigt. IMAGO/kolbert-press

Kaufmann und Koschinat stellen den VfL für die 3. Liga auf

Wie Schweinsteiger ist auch Shapourzadeh inzwischen schon nicht mehr beim VfL, bereits Anfang Februar hatte er seine Aufgaben im Tagesgeschäft abgegeben. Anfang März hatte sich der VfL auf der Führungsebene neu aufgestellt und neben dem für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verantwortlichen Dr. Michael Welling den länger gesuchten Geschäftsführer Sport installiert: Der 30-jährige Philipp Kaufmann übernahm die Position, wirkt seitdem im Hintergrund und traf seine erste große Personalentscheidung, indem er den Vertrag mit Trainer Koschinat auch für den Fall des Abstiegs verlängerte.

Die Weichen für die Zukunft sind beim VfL Osnabrück im sportlichen Bereich damit gestellt. Weitere Personalentscheidungen zeichnen sich ab, mit Blick auf das Trainerteam aber natürlich auch auf den Spielerkader. "Wir sind da sehr gut aufgestellt, Kompliment an meine Vorgänger, die da einen sehr guten Job gemacht haben", meinte Kaufmann in einem vom Verein verbreiteten Statement angesichts von auch in der 3. Liga gültiger Verträge, fügte aber an, genau prüfen zu wollen, ob vertraglich gebundene Spieler auch zum VfL passen.

Ein personelles Grundgerüst gebe es, nun gelte es vor allem, Führungsspieler und "Charaktertypen" zu verpflichten, die auch neben dem Platz eine Winner-Mentalität ins Mannschaftsgefüge einbringen, erklärte Kaufmann im NOZ-Podcast "Brückengeflüster". Zudem soll die Durchlässigkeit des Nachwuchsleistungszentrums verbessert werden, zur neuen Saison haben Kevin Wiethaup, Ismail Badjie (beide 18) bereits Profiverträge erhalten.

Das Ziel lautet 2. Liga

All diese Weichenstellungen sind einem sportlichen Ziel untergeordnet. "Wir sind uns bewusst, wie komplex die 3. Liga ist", sagt Kaufmann, formuliert aber auch ein klares Ziel: "Wir möchten uns in drei Jahren in der 2. Liga etablieren." In dem Sinne soll also auch der Aufenthalt in der 3. Liga diesmal nur ein Intermezzo sein.

bru