Bundesliga

Toppmöllers Schiedsrichter-Kritik ist zum Teil verständlich

Keine Linie bei Strafstößen sorgt für Frankfurter Frust

Toppmöllers Schiedsrichter-Kritik ist nur zum Teil verständlich

Er nahm Mario Götze in Schutz: SGE-Coach Dino Toppmöller.

Er nahm Mario Götze in Schutz: SGE-Coach Dino Toppmöller. imago images

Die Schiedsrichter-Kritik von Dino Toppmöller nach dem 0:2 in Wolfsburg muss differenziert betrachtet werden. Völlig daneben liegt der Trainer mit seiner Verteidigungsrede für Mario Götze. Unter anderem grantelte der 42-Jährige: "Es ist ein Wahnsinn, wie der Umgang mit Mario von Seiten der Schiedsrichter ist. Das hat er nicht verdient. Er hat mehr Respekt verdient in der Art und Weise, wie er behandelt wird. Er kriegt relativ wenig gegen sich gepfiffen. Die Schiedsrichter warten gefühlt darauf, dass sie ihm direkt eine Gelbe Karte geben können."

Götze muss sich respektvoller verhalten

Objektiv betrachtet ist das Gegenteil richtig: Götze sollte sich endlich respektvoller gegenüber den Schiedsrichtern verhalten. Zudem bekam er - Stand Sonntagmittag - ligaweit die meisten Fouls gepfiffen (17). Dass Toppmöller den Spieß herumdreht, erscheint absurd.

Schon nach dem Spiel in Bochum, wo Götze wegen Meckerns verwarnt wurde, hatte der Coach via "Bild" erklärt: "Ich nehme ihn total in Schutz. Wir wollen Spieler, die Emotionen zeigen. Was er in diesem Spiel gemacht hat, finde ich überragend!" Nun räumte er zumindest ein, dass sich Götze "einen Tick mehr kontrollieren" müsse, um nicht zu viele Gelbe Karten zu sehen.

Was Toppmöller von Ex-Schiedsrichter Heynemann lernen kann

Toppmöller wäre gut beraten, sich das zu Herzen zu nehmen, was der frühere WM-Schiedsrichter Bernd Heynemann vor einer Woche in seiner kicker-Kolumne schrieb: "Es ist nichts Neues, aber wichtig, dass UEFA-Schiedsrichter-Chef Roberto Rosetti von seinen Referees wieder verstärktes Vorgehen gegen schlechtes Benehmen auf und neben dem Feld fordert. Die große Frage sollte auch in Deutschland lauten: Warum kehrt nach solchen Ansagen, die es schon oft gab, so schnell der Schlendrian ein? Es wäre nicht schwer, Spielern und Trainern ihre Unsitten auszutreiben - wenn alle Schiedsrichter konsequent dagegen vorgingen. Blockiert ein Spieler nach einem Freistoßpfiff den Ball: Gelb! Berührt er nach dem Pfiff den Ball: auch Gelb! Aufkommende Rudelbildungen sollten auch sofort mit Gelben Karten unterbunden werden."

Demnach handelte Schiedsrichter Frank Willenborg genau richtig, als er Götze verwarnte, nachdem dieser sich Maximilian Arnold bei einem Freistoß in den Weg gestellt hatte. "Nach etlichen Verwarnungen würde sich ein Lerneffekt einstellen", ist Heynemann überzeugt. Er rät: "Der Fußball sollte vom Handball lernen. Dort hat sich die Vorgabe, nach einem Pfiff gegen sich den Ball hinzulegen und sich unverzüglich vom Tatort zu entfernen, als faires Benehmen längst in der Kultur dieser Sportart etabliert."

Toppmöller ist hingegen der Auffassung, dass man sich "auch mal lautstark beschweren" dürfe, wenn man sich benachteiligt fühle. Für ihn gehöre das dazu, weil "Fußball ein Sport mit Emotionen" sei. Das ist ein nicht nur von Toppmöller gerne hervorgeholtes Argument, das allerdings wenig überzeugt. Schließlich geht es auch in anderen Sportarten emotional hoch her - ohne nervtötende Reklamationen beim Schiedsrichter.

Zwar ist es verständlich, wenn Trainer ihre Spieler öffentlich schützen. Toppmöller erweckt aber den Eindruck, dass Götze Narrenfreiheit genießt. Es wird kein Weg daran vorbeiführen, dass sich der 31-Jährige künftig stärker zurücknimmt.

Keine Linie bei den Strafstoßentscheidungen

Verständlich ist hingegen Toppmöllers Kritik ("nicht nachvollziehbar") an der fehlenden Linie bei Elfmeterentscheidungen. Der Coach verweist auf vier Szenen aus den vergangenen vier Bundesligaspielen. Am 3. Spieltag blieb gegen Köln die Pfeife stumm, als Götze nach einem leichten Kontakt mit Timo Hübers im Sechzehner zu Fall kam. Bei einer sehr kleinlichen Linie hätte es Strafstoß geben können, Weiterspielen war aber die bessere Entscheidung.

Im folgenden Auswärtsspiel in Bochum ging Ivan Ordets nach einem leichten Gerangel mit Omar Marmoush zu Boden, das harte Urteil: Strafstoß. Auch hier wäre Weiterspielen die bessere Entscheidung gewesen. Doch da es nicht die Aufgabe des VAR ist, eine bessere Entscheidung herbeizuführen, schaltete er sich richtigerweise nicht ein. Es handelte sich nicht um eine klare Fehlentscheidung.

Am 5. Spieltag wurde Aurelio Buta vom Freiburger Lukas Kübler im eigenen Strafraum oben kurz gehalten und unten leicht am Fuß getroffen. Es passte zur wohltuend großzügigen Linie von Schiedsrichter Felix Zwayer, diese Szene nicht zu ahnden. Später drückte er auch bei Eric Junior Dina Ebimbe und Robin Koch ein Auge zu und beließ es bei Verwarnungen. Bei einer kleinlichen Linie hätte es am Anfang Elfmeter für Frankfurt und Rot für Kübler geben können, ebenso wären im weiteren Verlauf Platzverweise für Dina Ebimbe und Koch möglich gewesen.

In Wolfsburg ging Kevin Paredes im Zweikampf mit Ansgar Knauff nach einem minimalen Armeinsatz und einem leichten Fußkontakt zu Boden - Willenborg entschied auf Strafstoß. Der VAR schritt wegen des Fußkontakts nicht ein. Auch hier wäre es - wie in Bochum - die bessere Entscheidung gewesen, diesen Zweikampf nicht als Foul zu ahnden.

Fazit: Der Frust im Frankfurter Lager über die fehlende Linie bei Strafstoßentscheidungen ist verständlich - und die Kritik berechtigt.

Julian Franzke

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