Bundesliga

Terzic über Haller-Schock: "Es war nicht leicht, den Switch zu finden"

Dortmunds U-23-Stürmer Fink reist in die Schweiz nach

Terzic über Haller-Schock: "Es war nicht leicht, den Switch zu finden"

Kontrolliert: BVB-Trainer Edin Terzic muss vorerst ohne Stürmer Sebastien Haller auskommen.

Kontrolliert: BVB-Trainer Edin Terzic muss vorerst ohne Stürmer Sebastien Haller auskommen. IMAGO/Kirchner-Media

Aus dem Trainingslager des BVB in Bad Ragaz berichtet Matthias Dersch

Die Betroffenheit über die Tumorerkrankung von Sebastien Haller ist groß bei Borussia Dortmund. Der Sport rückte am Montagabend, als das Team beim späten Abendessen nach dem mit 1:3 verlorenen Test gegen den FC Valencia die Nachricht erreichte, von jetzt auf gleich in den Hintergrund. Und doch werden der neue BVB-Trainer Edin Terzic und sein Team versuchen müssen, nach dem unabhängig von Haller angesetzten freien Nachmittag am Dienstag den Schalter möglichst schnell wieder umzulegen. Zehn Tage nur noch sind es bis zum Pflichtspielstart, dem DFB-Pokalspiel bei 1860 München. Es ist eine knackige Aufgabe mit Stolpergefahr.

Das Fußballgeschäft ist manchmal brutal. In Momenten wie diesen wird das besonders deutlich. "Die Woche lief sehr gut bis Montag. Die Nachricht hat uns schockiert", sagte Terzic am Tag nach der Diagnose. Er habe eine halbe Stunde vor der Spielvorbereitung auf Valencia davon erfahren. "Es war nicht leicht, den Switch zu finden. Wir haben deshalb auch vor dem Spiel nicht mit der Mannschaft darüber gesprochen." Er drücke "Sebastien und seiner gesamten Familie die Daumen". Man spürte, während der 39-Jährige sprach, wie nah ihm das Ganze geht.

Noch ist unklar, wie lange Haller fehlen wird

Terzic steht nun vor einer großen Herausforderung: In kürzester Zeit muss er die Köpfe seiner Spieler, die alle in einem ähnlichen Alter wie Haller sind, wieder frei bekommen - und einen neuen Angriffsplan entwickeln, um die Tore zu schießen, die in den Vorsaisons Erling Haaland am Fließband erzielte. Der stürmt nun für Manchester City, Haller sollte ihn ersetzen. Doch der fällt nun auf unbestimmte Zeit aus.

"Erst einmal haben wir einen Menschen aus unserer Gruppe entlassen müssen. Es geht jetzt in erster Linie darum, dass er wieder gesund wird", sagte Terzic. Er habe sich deshalb auch noch keine "großen Gedanken" gemacht. Verständlich in der Kürze der Zeit. Noch sei zudem völlig unklar, wie lange Haller ausfalle. Er kündigte aber an: "Wir werden ein paar Dinge umsetzen, um uns auf alles vorzubereiten." Für die nahe Zukunft, aber - auch im Hinblick auf die noch nicht überwundene Corona-Pandemie - ganz generell für die "gesamte Saison". Als erste Maßnahme reiste Nachwuchsstürmer Bradley Fink ins Trainerlagers nach.

Für einen externen Ersatz fehlt das Geld

Noch mehr Augenmerk als bislang ohnehin liegt nun auf Youssoufa Moukoko, der seinen 2023 auslaufenden Vertrag bislang noch nicht verlängert hat. Er wollte in dieser Vorbereitung erst ein Gespür dafür bekommen, welche Aussicht auf Einsatzzeiten er in der kommenden Saison hat.

Terzic über den Haller-Schock und die Folgen

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Stand jetzt fehlen dem Klub, der in Haller 31 Millionen Euro Sockelablöse investierte, die finanziellen Mittel, um kurzfristig einen externen Ersatz zu verpflichten. Ohne aber dürfte es bei einem längerfristigen Ausfall nicht gehen in einem Jahr, in dem ab September Spiele auf Spiele folgen.

Abstimmungsprobleme bei den Neuen

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Dass sportlich auch unabhängig vom Ausfall Hallers noch Aufgaben zu lösen sind, ehe der BVB bei 100 Prozent angekommen ist, wurde gegen Valencia sichtbar. Vermeidbare Fehler in der Defensive bei den Gegentoren, wenig Tempo vorne - besonders in Hälfte zwei -, erkennbare wie verständliche Abstimmungsprobleme zwischen den umbesetzten Mannschaftsteilen und bei den Neuzugängen Karim Adeyemi, Nico Schlotterbeck und Niklas Süle: Man ahnte, warum Terzic in den vergangenen Tagen nicht müde wurde zu betonen, dass "die Zeit rennt" in dieser arg verknappten Vorbereitung und man zum Start keineswegs in Vollbesitz der Kräfte sein werde.

Der Test gegen die Spanier habe "eine Menge" Aussagekraft, sagte er direkt im Anschluss an die Partie. Der 39-Jährige wirkte kontrolliert und sprach die Mängel seiner Mannschaft klar an. Der "sehr gute Gegner" habe seinem Team Aufgaben gestellt, die dieses nur zum Teil habe lösen können. Als Beispiel nannte er das Thema hohe Balleroberungen, dass er bereits zu seiner Zeit als Interimscoach in Dortmund weit oben auf die Agenda gesetzt hatte: "Mir hat gefallen, dass wir vor allem in der ersten Hälfte viele gute Balleroberungen hatten. Auch, dass wir den Gegner dorthin gebracht haben, wie wir den Ball erobern wollen."

Terzic: "Wir müssen lernen aggressiver zu sein"

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In der Gesamtbetrachtung aber habe ihm nicht gefallen, "dass wir dann häufig nicht noch den einen Meter gemacht haben, um zuzupacken." Es habe viele 50:50-Situationen gegeben, in denen die Spanier "den einen Schritt schneller und aggressiver" waren. "Da müssen wir lernen, selbst aggressiver zu sein." In Summe lautete das Fazit des Fußalllehrers, nehme man aus der ersten Niederlage der Vorbereitung "eine Menge mit für die nächsten Tage auf dem Trainingsplatz".

Womit man wieder beim Thema Zeit wäre: Bereits am Freitag (19 Uhr) steigt der nächste Test, dann gegen den FC Villarreal.

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