Bundesliga

Seoanes bemerkenswerte Haltung zu Motzer Demirbay

Leverkusens Trainer versteht seinen Profi, nimmt ihn aber trotzdem in die Kritik

Seoanes bemerkenswerte Haltung zu Motzer Demirbay

Gerardo Seoane versteht seinen Schützling Kerem Demirbay, nimmt ihn aber nicht in Schutz. 

Gerardo Seoane versteht seinen Schützling Kerem Demirbay, nimmt ihn aber nicht in Schutz.  IMAGO/Moritz Müller

Es wäre für Gerardo Seoane ein Leichtes gewesen, pro domo zu argumentieren. "Unmittelbar nach dem Spiel sind Spieler noch mit Emotionen beladen. Man muss diese Aussagen in diesem Kontext sehen", erklärte er zwar zur Motzattacke Demirbays, nach der der DFB nun gegen den 28-Jährigen ermittelt. Doch für einen vollumfänglichen Freispruch seines Profis möchte er nicht plädieren. Trotz der besonderen Umstände.

"Mir ist klar, warum das Kerem gestört hat", sagt der Schweizer mit dem Blick darauf, dass Demirbay in der 83. Minute bei einer Rudelbildung schlichten wollte, aber dennoch verwarnt worden war, "trotzdem gibt es eine Linie, die man nicht überschreiten sollte. Ich glaube, auch Kerem ist sich bewusst, dass es an der Grenze oder knapp darüber war, und dass er daraus lernen muss."

Seoane: "Das ist nicht das, was wir von uns selbst wollen"

Eine bemerkenswerte Haltung Seoanes, dem der ohnehin nach zehn Verwarnungen gesperrte Mittelfeldspieler noch länger fehlen könnte, falls das Sportgericht dies für angemessen hält. Doch für den Fußballlehrer steht der Lerneffekt im Vordergrund. "Das ist nicht das, was wir von uns selbst wollen: Dass wir in so einem Moment, so eine Aussage machen", erklärt er eindeutig.

Wäre demnach für ihn eine Sperre Demirbays - die eher unwahrscheinlich sein dürfte - nachvollziehbar? Seoane möchte dies nicht bewerten, schließt aber einen Einspruch gegen das Urteil quasi aus: "Ich habe keine Ahnung, wie das hier in Deutschland gehandhabt wird. Ich kann verstehen, dass es da eine Diskussion gibt. Wir werden die Entscheidung akzeptieren."

Seoane begründet seine Position mit Werten, die nicht nur im Fußball immer weiter in den Hintergrund rücken. "Ich habe meine Grundhaltung", erklärt er, "Ich finde, dass man respektvoll miteinander umgehen sollte."

Seoane plädiert für Kommunikation statt Konfrontation

Aber der Trainer weiß auch, dass dies Typ bedingt unterschiedlich gut gelingt. "Es gibt natürlich Menschen, die ihre Emotionen weniger gut im Zaum halten können. Das muss auch ein Schiedsrichter irgendwie während des Spiels ein bisschen abfedern können", sagt er, "aber die Basis muss sein, dass man respektvoll miteinander umgeht - vom Anpfiff bis man zuhause ist."

Seoane plädiert für Kommunikation statt Konfrontation. "Jeder hat das Recht, Fehler zu machen. Das gehört zu diesem Sport dazu. Man kann auch mit den Schiedsrichtern reden, aber es kommt immer auf die Art und Weise an."

Dass der Ausbruch Demirbays, der Brych allerdings keinerlei Parteilichkeit oder gar Betrug vorwarf und diesen auch nicht beleidigte, zu diesem Zeitpunkt passierte, verwundert Seoane angesichts der entscheidenden Saisonphase nicht. Doch auch diesen Aspekt führt er nicht zur Entlastung seines Spielers an, sondern nutzt ihn für sein Leitmotiv.

Fairplay muss an oberster Stelle stehen, ein respektvoller Umgang.

Gerardo Seoane

"Gerade jetzt, wo es auf das Saisonende zugeht und auch noch mehr Druck da ist, sollte man sich vor Augen halten, was die Werte dieses Sports sind: Fairplay muss an oberster Stelle stehen, ein respektvoller Umgang. Es dürfen auch Emotionen dazugehören, aber man muss es doch schaffen, die wieder in den Griff zu bekommen", fordert er.

Diese gelte selbst für den Fall, dass man sich extrem ungerecht behandelt fühlt, wie Demirbay am Sonntag. "Bei Kerem ist es so, dass er wahrscheinlich auch zurecht das Gefühl hatte: Ich habe nichts gemacht - und kriege eine Gelbe Karte und bin jetzt gesperrt", argumentiert der Trainer, aber: "Man muss es schaffen, solche Situationen unter Druck zu managen."

Seoanes Worte sollten intern als konstruktive erzieherische Maßnahme für Demirbays Vergehen ausreichen. Der DFB sollte es für den Profi, der in jener Szene ja sogar als Brychs Helfer auftrat, höchstens bei einer symbolischen Geldstrafe belassen.

Stephan von Nocks

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