2. Bundesliga

Niederlechner und das "Ketchup-Flaschen-Ding"

Herthas Routinier dreht nach schwierigen Monaten auf

Niederlechner und das "Ketchup-Flaschen-Ding"

Herthas Dreierpacker Florian Niederlechner hat einen Lauf.

Herthas Dreierpacker Florian Niederlechner hat einen Lauf. IMAGO/Jan Huebner

Nach dem Schlusspfiff dieser einigermaßen verrückten Partie gegen die SV Elversberg (5:1), deren erste Hälfte Hertha-Trainer Pal Dardai angesichts der Fehlerfülle "ungenießbar" fand, sicherte er sich den Spielball. "Den habe ich mitgenommen", sagte Florian Niederlechner, "der bekommt zu Hause ein schönes Plätzchen."

Er wird den Angreifer erinnern an einen Nachmittag im Olympiastadion, an dem Hertha nach 10 Minuten gegen den Aufsteiger zwingend hätte zurückliegen müssen, bis zur Halbzeit fahrig wirkte und luftig verteidigte - und am Ende mit unschlagbarer Effizienz 5:1 triumphierte. In Niederlechner war der Prototyp eines Teamplayers der Mann des Tages. "Zum letzten Mal", sagte der Matchwinner, "habe ich dreimal in einem Spiel getroffen, als ich noch bei Unterhaching unter Vertrag stand." Vor mehr als elf Jahren, am 23. November 2012, war dem Stürmer in der 3. Liga für die SpVgg Unterhaching gegen den Chemnitzer FC (4:3) ein Dreierpack gelungen.

Nach dem Spiel gegen Elversberg, das um Längen schwieriger war, als es das Ergebnis nahelegte, gestand der im Januar vom FC Augsburg zu Hertha BSC gewechselte Niederlechner: "Das tat gut. Tore sind für einen Stürmer das Wichtigste. Wenn man immer weiter Gas gibt, wird man irgendwann auch belohnt."

"Wenn man ehrlich ist, war es ein Sauhaufen"

Nicht aufzustecken, dafür steht Niederlechners bisherige Berliner Zeit sinnbildlich. Nach seinem Wechsel in die Hauptstadt wurde er in der Rückrunde (nur ein Tor) nicht zum erhofften Faktor im Bundesliga-Abstiegskampf - in einem Team, das in viele Grüppchen und Egoisten zersplittert war. Zuletzt bilanzierte Niederlechner in schonungsloser Offenheit: "Wir sind abgestiegen, weil wir keine Mannschaft waren. Wenn man ehrlich ist, war es ein Sauhaufen."

"Das ist meine absolute Lieblingsposition"

Nach dem Gang in die 2. Liga bekannte er sich als erster Hertha-Profi zum Verbleib - und stand im ersten Drittel der laufenden Saison in der zweiten Reihe. "Ich bin ruhig geblieben, hab' den jungen Spielern geholfen und mich nie hängen lassen", sagt Niederlechner. Seit dem Pokalspiel gegen Mainz am 1. November zählt er zur Startelf: als Hybrid aus Zehner und hängender Spitze. Es ist eine Rolle, die dem Routinier entgegen kommt: "Auf der Neuneinhalb hab' ich in Augsburg und Freiburg schon gespielt, sie ist meine absolute Lieblingsposition. Ich kann mich frei bewegen, mal kurz kommen, mal in die Tiefe gehen, das liegt mir."

Alles im Dienste der Mannschaft, die für einen wie Niederlechner über allem steht. "Flo", lobte Nebenmann Fabian Reese nach dem Kantersieg gegen Elversberg, "ist für uns ein sehr wichtiger Charakter im Team. Er erzwingt auf dem Feld mit hoher Arbeitsmoral Dinge. Er ist ein Top-Typ und immer drangeblieben. Es ist schön zu sehen, dass das dann belohnt wird."

Fünf Tore in den vergangenen drei Liga-Spielen

Nach seinem ersten Saisontor gegen den KSC (2:2) am 11. November hatte Niederlechner weitere Großtaten in Aussicht gestellt und erklärt: "Ich hoffe, dass es jetzt das Ketchup-Flaschen-Ding ist und alles auf einmal rauskommt. Ich bin noch ein bisschen in der Schuld." Drei Wochen später lässt sich feststellen: Es ist genau dieses Ketchup-Flaschen-Ding. Fünf Tore in den vergangenen drei Liga-Spielen haben bei Niederlechner den Hunger auf mehr geweckt. Am Mittwochabend empfängt Hertha BSC im DFB-Pokal-Achtelfinale den Liga-Konkurrenten Hamburger SV. Zwei Dinge stehen für Hobby-Metereologen und den Rest Berlins schon fest: Es wird wieder kalt - und Niederlechner wird wieder heißlaufen. Sein Credo für den Mittwoch: "volle Pulle vor vollem Haus." Weniger als volle Pulle kann er gar nicht.

Steffen Rohr

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