Bundesliga

Musiala und Wirtz: Die jungen Meister

Die Hoffnungsträger des deutschen Fußballs im Fokus

Musiala und Wirtz: Die jungen Meister

Die Zukunft des deutschen Fußballs: Florian Wirtz und Jamal Musiala (re.).

Die Zukunft des deutschen Fußballs: Florian Wirtz und Jamal Musiala (re.). IMAGO/Icon Sportswire

Bevor Fragen aufkommen, geben zwei profunde Experten Antwort. "Das sind zwei Jahrhunderttalente, die beide die Chance haben, in ihrer Karriere zum Weltfußballer des Jahres gewählt zu werden", adelt Michael Reschke Jamal Musiala und Florian Wirtz. Der 66-Jährige kennt die Szene wie nur wenige, arbeitete im Management von Bayer Leverkusen und Bayern München, den Klubs der Gepriesenen.

Lothar Matthäus, Weltfußballer 1991, sagt mit Blick auf den deutschen Fußball: "Die zwei sind unsere großen Hoffnungsträger für das kommende Jahrzehnt." Das gilt in der Gegenwart auch für ihre Klubtrainer Thomas Tuchel und Xabi Alonso, wenn am Samstag die Fußballwelt auf den Bundesliga-Gipfel zwischen Tabellenführer Leverkusen und Verfolger Bayern schaut, dem richtungsweisenden Duell um die Deutsche Meisterschaft.

Bundesliga, 21. Spieltag

Musiala und Wirtz, Wirtz und Musiala: Ihr Einfluss aufs Spiel ist trotz ihrer Jugend groß, aber unterschiedlich. Musiala hat bereits bewiesen, ein Mann für besondere, für große Momente zu sein. Am 27. Mai des vorigen Jahres setzte kaum noch jemand den sprichwörtlichen Pfifferling auf den FC Bayern, als er beim Stand von 1:1 in Köln am letzten Spieltag in der 89. Minute - vier Minuten nach seiner Einwechslung - die Meisterschaft für seine Bayern entschied.

Ballan- und -mitnahme sowie Abschluss in einer fließenden Perfektion, ein Tor als Kunstwerk und exemplarisch für seine Stärken: Musiala vermag sich auf engstem Raum durchzusetzen, ist extrem stark im Eins-gegen-eins und für gewöhnlich auch im Abschluss.

Musiala ist längst Stammspieler beim Rekordmeister

Längst ist der am 26. Februar 21 Jahre alt werdende Musiala Stammspieler beim Weltklub FC Bayern. Am liebsten spielt er auf der Zehn, ist dort am besten aufgehoben. Manchmal agiert er auch als Achter. Lässt er sich tiefer fallen und nimmt den Ball mit dem Rücken zum Tor an, dreht er sofort auf, macht dank seiner Schnelligkeit Meter und gewinnt für sein Team damit Zeit und Raum. Er kann Gegenspieler auf engstem Raum umdribbeln.

Für die Älteren unter uns: Er hätte es in einer Telefonzelle gekonnt. Manchmal wirken seine Aktionen zu verschnörkelt, doch für einen perfekten Abschluss, siehe Köln, benötigt er weder Zeit noch Platz. Das präzise 1:0 aus spitzem Winkel gegen Hoffenheim zum Start ins Jahr 2024 dient ebenfalls als Exempel. Musiala spielte auch schon auf der Doppelsechs, könnte zudem dank seiner Dribblings auf dem Flügel aushelfen.

Spielersteckbriefe

Der Maßstab für seine Leistungen muss die erste Saisonhälfte 2022/23 sein, als er die Liga verzauberte und neun Tore bis zur WM in Katar schoss. An guten Tagen erinnert Musiala an den jungen Lionel Messi. Natürlich ist es ein weiter Weg für den Bayern-Star, auch nur in die Nähe der Erfolge des Argentiniers zu gelangen. Dessen Wertschätzung für Musiala ist seit der Wahl für die Kopa-Trophäe 2023 bekannt, als Messi Musiala bei der Auszeichnung zum weltweit besten U-21-Spieler auf Platz 1 wählte - und nicht den späteren Gewinner Jude Bellingham.

Überragender erster Kontakt, ansatzloses Dribbling

"Was viel Besseres als Jamal gibt es nicht, und wir wollen, dass er ein großes Gesicht des FC Bayern bleibt und wird", sagt Sportdirektor Christoph Freund. Beim Rekordmeister gilt immer auch der Anspruch, den Zuschauern neben dem nackten Ergebnis Spektakel und Entertainment zu bieten. Musiala verkörpert exakt den Spielertypen, dessentwegen die Fans ins Stadion gehen - wie einst Arjen Robben und Franck Ribery.

Spektakel bietet auch Wirtz, doch seine Bedeutung für Bayer 04 spielt sich auch auf einer anderen Ebene ab. So ist er zwar torgefährlich und ein glänzender Vorbereiter, doch seine wichtigste Funktion liegt in der Tiefe. Weil er der Katalysator ist, der aus Leverkusens Tiki-Taka durch schnelles Aufdrehen, einen überragenden ersten Kontakt, ein ansatzloses Dribbling oder einen gleichsam unscheinbaren wie genialen Pass das gegnerische Defensivgefüge, das gerade noch geordnet erschien, destabilisiert und das Spiel beschleunigt.

All dies geht ihm völlig leicht vom Fuß. Dank einer überragenden Vororientierung, mit der er schon lange, bevor er den Ball bekommt, seine Umgebung scannt. Dank einer großartigen Technik, die ihn auf engstem Raum den Ball und auch die Situation beherrschen lässt.

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Musiala erinnert mitunter an Messi, Wirtz an Modric

Natürlich besitzt Wirtz ebenso die Fähigkeit zum Außergewöhnlichen: zum Kunstschuss über das eigene Standbein, zum gelupften Pass in höchster Bedrängnis, zum unwiderstehlichen Dribbling wie beim 1:1 in Stuttgart, als er knapp hinter der Mittellinie davonzog und bis zur rechten Strafraumkante vordrang mit einem Solo, das Messi’sche Züge trug. Doch seine Begabung, dem Spiel blitzartig Tempo zu verleihen, eher unscheinbar kleinste Räume zu öffnen, ist es, die ihn für Bayer 04 zum Schlüsselspieler macht.

Wenn er als Achter das Angriffsspiel nicht brillant vollendet, sondern intuitiv strategisch genial initiiert, tragen seine Aktionen Züge des Spiels von Real-Star Luka Modric. Nicht umsonst erklärte Xabi Alonso Anfang 2023 bereits nach den ersten Teileinsätzen des kämpferisch wie spielerisch begnadeten Jungstars: "Mit Flo sind wir eine bessere Mannschaft - und ich auch ein besserer Trainer."

Ein Zocker wird zum Regisseur

In der laufenden Spielzeit hat sich Wirtz von den letzten Nachwirkungen seines Kreuzbandrisses aus dem März 2022 befreit und einen großen Schritt nach vorn gemacht. "Er ist im Zweikampf stabiler geworden, reifer in seiner Spielweise, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen: Er wägt besser ab, zwischen risikoreich zu spielen und der Mannschaft den Rhythmus zu geben", analysiert Leverkusens Geschäftsführer Simon Rolfes.

Aus dem Zocker Wirtz, der gerade dabei ist, bei Distanzschüssen, die wie seine Standards ausbaufähig sind, einen Schritt nach vorn zu machen, wird immer mehr der Regisseur und Lenker. Der 3:2-Sieg in Leipzig, als Bayer nach heillos unterlegenen ersten 25 Minuten die Partie drehte, dient als Beleg. "Da hat er in strategischer Hinsicht sein bestes Spiel gemacht", urteilt Rolfes, "da das Spiel so zu verändern und umzudrehen in einer schwierigen Phase, war schon klasse".

Musiala möchte manchmal mit dem Kopf durch die Wand

Dabei profitiert Wirtz, der manchmal im Strafraum noch zu verspielt wirkt, auch auf das Besondere aus ist und nicht nur auf das Tor, von einer nahezu perfekt harmonierenden, extrem homogen spielenden Leverkusener Mannschaft. Während Musiala in München unter dem Sand im Bayern-Getriebe etwas leidet. Seit der für ihn persönlich unglücklich verlaufenen Katar-WM, bei der er den Durchbruch zum Weltstar schaffen wollte, haben sich kleinere Leistungsschwankungen eingeschlichen, auch die ein oder andere Blessur bremste ihn in der aktuellen Saison aus.

Es fällt auf, dass Musiala unter Julian Nagelsmann besser funktionierte als unter Thomas Tuchel. Zweifel an seinen herausragenden Fähigkeiten schürt dies nicht. Mit einem Weltstar wie Harry Kane an seiner Seite, mit Leroy Sané und anderen Stars liegt die Last des Toreschießens und Vorbereitens nicht allein auf seinen Schultern. An guten Tagen ist das Zusammenspiel eine Augenweide, oft wirkt es unter Tuchel aber holprig. Dann möchte Musiala manchmal mit dem Kopf durch die Wand. Ein Lernprozess.

Die Jüngsten mit 100 Bundesliga-Spielen: Wirtz sortiert sich weit vorne ein

In München ist er ein Top-Star, aber einer von vielen. Wirtz ist in der weniger prominent besetzten Werkself auf dem Weg zum uneingeschränkten Leader im Klub, in dem einzig Mittelfeldstratege Granit Xhaka eine ähnliche Bedeutung zugeordnet wird. "Er hat den Rückhalt vom Verein, vom Trainer, von der Mannschaft. Sie wissen alle, was sie an Florian haben. Er ist ein Führungsspieler, nicht nur wegen seiner technischen Fertigkeiten, sondern weil er den Biss hat, nie etwas verloren zu geben, jedem Ball nachzusetzen, draufzugehen, alles für die Mannschaft, für den Erfolg zu tun. Er ist bei Bayer 04 die totale Identifikationsfigur", erklärt Rolfes.

Ein Status, den sich der 20-Jährige aus Pulheim bei Köln in der deutschen Nationalelf erst noch erarbeiten muss. Gleiches gilt für den gleichaltrigen, in Stuttgart geborenen, aber vom siebten bis zum 16. Lebensjahr in England aufgewachsenen Musiala. Dass auch schon im Hinblick auf die Heim-EM beide gemeinsam dem deutschen Spiel ihren Stempel aufdrücken sollten, steht für Rekordnationalspieler Matthäus außer Frage: "Sie sind fußball-intelligent, stehen sich nicht im Weg, spielen auch im Verein nicht auf der identischen Position. Ein Trainer muss es hinkriegen, sie in einem Team zu integrieren."

Ein klarer Auftrag an Nagelsmann. Doch wie packt der Bundestrainer diese beiden Geschenke gemeinsam in eine Elf? Die größten Hoffnungsträger des deutschen Fußballs auf dem Platz zu vereinen lautete eines der Ziele, die er vor vier Monaten bei seinem Amtsantritt ausgerufen hatte. Bis dato hatte Musiala bereits 24 und Wirtz immerhin schon zehn Länderspiel-Einsätze absolviert, aber oft kam der eine zum Zug, wenn der andere nicht da war. Gemeinsam in die Startelf wurden sie von Hansi Flick nur einmal berufen, und diese Premiere im Juni 2023 beim 0:1 in Polen konnte weder Wirtz (kicker-Note 5) noch Musiala (4,5) für sich nutzen.

Ein Kroos-Comeback hätte Folgen für die beiden Youngster

Die folgende Debatte, ob die beiden Youngster überhaupt zusammenpassen, erstickte Nagelsmann auf der Amerika-Tour im Oktober im Keim, auch wenn sie sich gegenseitig noch keinen Treffer aufgelegt haben. "Ich fand die Diskussion um Jamal und Flo immer seltsam, denn es wäre die einzige Mannschaft der Welt, in der zwei herausragende Fußballer nicht zusammenspielen könnten." In den Spielen gegen die USA (3:1) und Mexiko (2:2) harmonierten die Youngster als gemeinsame Zehner vielversprechend und bestätigten Nagelsmann in seiner Einschätzung: "Es sind beide herausragende Fußballer, die clever sind und verschiedene Positionen spielen können."

Eine Fortsetzung fand das gemeinsame Wirken im November aber nicht, weil Musiala in den trostlosen Spielen gegen die Türkei (2:3) und Österreich (0:2) verletzt fehlte. Mit welcher personellen und taktischen Ausrichtung Nagelsmann das EM-Jahr bestreiten will, ist nach diesen desolaten Darbietungen und der folgerichtigen Kritik an seiner waghalsig-offensiven Ausrichtung offen.

Julian Nagelsmann

Auch in seinen Überlegungen spielen Jamal Musiala und Florian Wirtz eine Rolle: Julian Nagelsmann. IMAGO/Ulrich Hufnagel

Tragende Rollen bei der Heim-EM?

Sollte er seine vor Weihnachten geäußerte Andeutung, Weltmeister Toni Kroos als Stabilisator im Mittelfeld-Zentrum zum Comeback bewegen zu wollen, tatsächlich umsetzen, hätte dies grundsätzliche Auswirkungen auf Statik und Besetzung. Denn dann würde Kapitän Ilkay Gündogan aus dem defensiven Mittelfeld abgezogen werden und in eine vordere Position drängen - dort, wo auch der angestammte Tätigkeitsbereich von Musiala und Wirtz ist. Wo unter anderem auch Kai Havertz, Leon Goretzka und der zunächst noch für drei Spiele gesperrte Leroy Sané den Konkurrenzkampf befeuern.

Ob Nagelsmann dann noch immer Wirtz und Musiala tragende Rollen bei der Heim-EM zutraut, wird sich im März zeigen, wenn der Bundestrainer und sein Kader in Lyon gegen Frankreich und in Frankfurt gegen die Niederlande antreten.

Wirtz vs. Musiala im Daten-Vergleich

Kategorie Wirtz Musiala
Torschüsse pro Tor 8,6 5,2
Min./Scorerpunkt 119 154
Vorletzte Pässe 5 8
Ballkontakte/90 Min. 89 64
Passgenauigkeit in % 85,2 80
Erfolgs-Dribblings in % 52 57,8

Eines hat Musiala Wirtz voraus: die internationale Erfahrung und diese Bühne für sich genutzt zu haben. Er hat immerhin bereits eine EM und eine WM erlebt, in Katar trotz des deutschen Debakels nicht enttäuscht. Wirtz hatte das Pech, dieses Turnier wegen seines Kreuzbandrisses zu verpassen. Auch in der Königsklasse konnte er mit Leverkusen bislang keine Erfahrungen sammeln, während Musiala dort auf 28 Einsätze und vier Tore kommt.

Beim Champions-League-Triumph 2020 gehörte er zum Kader, blieb beim Finalturnier ohne Einsatz. Sein internationales Standing ist aktuell etwas höher als das von Wirtz. Als im Oktober in einem umbrischen Bergdorf die Finalisten für den Golden-Boy-Award 2023 präsentiert wurden, war der Bayern-Star neben Jude Bellingham an jenem Abend in aller Munde der geladenen Gäste, von Wirtz sprach kaum jemand. Unverschuldet nach seiner langen Pause.

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Trotz vieler Ähnlichkeiten verfügen beide über ein unterschiedliches Profil, das ein herausragendes Zusammenspiel des Duos grundsätzlich möglich machen sollte. Wenn noch nicht in der Nationalelf, dann etwa im Klub? Selbstverständlich beschäftigen sie sich in München mit Wirtz. Das taten sie bereits 2019, bevor der damals 16-jährige Florian, der die Verkleinerungsform seines Vornamens gar nicht mag, im Januar 2020 vom 1.FC Köln zum ungeliebten Nachbarn wechselte.

Damals habe Wirtz junior "nie einen Gedanken an Bayern verschwendet", erklärt Vater und Berater Hans Wirtz, "Florian war noch sehr jung und sollte noch nicht aus seinem Elternhaus heraus, sondern vorher erst hier die Schule abschließen." Denn bei allem Talent sah man den kometenhaften Aufstieg des Filius im Hause Wirtz nicht als selbstverständlich an. "Er hat in der Jugend schon gut gespielt, aber es war noch nicht sicher, was für ein Spieler er wird", betont Hans Wirtz, "da war die Blume noch am Wachsen."

Aufgeblüht - und kein bisschen unattraktiv

Inzwischen ist sie aufgeblüht - und kein bisschen unattraktiver geworden. Im Gegenteil. Wobei ein Wechsel in diesem Sommer - nicht nur Richtung Säbener Straße - eher unwahrscheinlich ist. Das liegt auch daran, dass Wirtz keinen externen Spielerberater an seiner Seite hat, der darauf bedacht sein müsste, den ersten Mega-Vertrag für Wirtz möglichst schnell abzuschließen.

Der Schritt zu einem internationalen Spitzenklub muss mit gutem Timing erfolgen, auch was den Reifegrad des Spielers betrifft. "Es ist wichtig, dass die Jungs auch als Persönlichkeit weit genug sind, um den Schritt zu einem Top-5- oder Top-3-Klub zu machen", sagt Rolfes, "es ist ein unfassbarer Vorteil für Florian, dass ihn seine Familie in Ruhe wachsen lässt."

Matthäus, der selbst mit 23 Jahren von Gladbach zu Bayern und dann 1988 mit 27 Jahren zu Inter Mailand ging, sieht es noch unter einem anderen Aspekt: "Du solltest schon Titel gewonnen haben, wenn du ins Ausland gehst. Dann hast du gleich ein anderes Standing." Dass Wirtz (Vertrag bis 2027) von seinen Eltern nicht gedrängt wird, ist natürlich auch ein Vorteil für Bayer.

Besitzt der Klub so doch gute Chancen, dass dieser über das Saisonende in Leverkusen bleibt. Selbst ein Abschied von Xabi Alonso würde dies wohl nicht ändern. "In der Champions League zu spielen wäre ein Schritt, der noch in Leverkusen erfolgen kann. Das ist eine gute Perspektive", sagt Papa Wirtz.

Die Zukunft Musialas, der 2019 vom FC  Chelsea in die U17 des FC Bayern wechselte, liegt zunächst in München, bis 2026 läuft der Vertrag. Gespräche über eine vorzeitige Ausdehnung sollen bald starten, der FC Bayern ist am Zug. Das könnte ein teures Paket mit Blick aufs Gehalt werden, aber auch ein lohnendes Investment. Zumal ein Ersatz mit ähnlicher Klasse und Perspektive Unsummen kosten würde. Neben der sportlichen Qualität spielen weitere Faktoren eine Rolle. Musiala ist schon jetzt Bayerns Zugpferd im englischsprachigen Ausland, mit ihm lassen sich Märkte erschließen, Fans generieren, Trikots verkaufen.

Davies und Sané könnten ein Argument sein

Matthäus sieht Musiala übrigens nicht auf ewig in München sondern irgendwann im Ausland. Prinzipiell könnte sich Musiala den nächsten Klub aussuchen, selbst bei Real Madrid soll sein Name bereits gefallen sein. Das alles schließt eine Vertragsverlängerung nicht aus. Allerdings wird Musiala genau beobachten, wie es mit Leroy Sané und Alphonso Davies weitergeht, seinen dicksten Kumpels. Bleiben sie, wird das nicht den Ausschlag geben, aber ein Argument für eine Zukunft in München sein, denn: Musiala fühlt sich dort sehr wohl, er weiß, was er am FC Bayern hat.

Wichtig ist ihm, in einer Top-Mannschaft zu spielen, die Aussicht auf Titel hat, vor allem die Champions League. Sein Ziel sind Erfolge mit dem Team, dann kommen die individuellen automatisch. Wie zum Beispiel Weltfußballer. Eine Auszeichnung, die er offen anstrebt. Dafür benötigt er vermutlich Erfolg bei einem großen Turnier. Für Musiala gibt es nichts Größeres als eine Weltmeisterschaft. Der Misserfolg in Katar beschäftigte ihn auch deshalb nachhaltig. Matthäus rät beiden: "Lieber einmal weniger wechseln. Sie sollen sich stabil durchsetzen, nicht dem Lockruf des großen Geldes folgen."

Am Samstag gibt es das Duell zwischen Bayer und Bayern und damit zwischen Wirtz und Musiala, den jungen Meistern, denen auf Sicht alle Türen offenstehen. Rolfes ist zwar nicht für emotionalen Überschwang bekannt, er gehört zu den eher nüchtern-analytischen Typen. Doch wenn der frühere Nationalspieler auf Musiala und Wirtz zu sprechen kommt, ist ein Leuchten in seinen Augen zu sehen. "Das sind Spieler, die einfach faszinieren", urteilt er und fügt fast pathetisch an, "sie sind ein Geschenk für den deutschen Fußball und jedes Kind, sie als Vorbild zu haben."

Wer besser ist? Geschmackssache. "Da würde man dem jeweils anderen unrecht tun", urteilt Matthäus. Instinktfußballer mit Herz nennt er sie. Gutes Stichwort. Das Herz sollte den Fans aufgehen, wenn sie beide spielen sehen. Am Samstag. Bei der Europameisterschaft. Im nächsten Jahrzehnt.

Dieser Text erschien erstmals in der Montagsausgabe des kicker am 5. Februar. Hier können Sie sich den kicker als eMagazine im Flex-Abo sichern.

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