Bundesliga

Minus-Rekord mit elf Toren: Wie ein öder Spieltag dank Elber und Ailton Geschichte schrieb

Ein Negativrekord vor 25 Jahren

Minus-Rekord mit elf Toren: Wie ein öder Spieltag dank Elber und Ailton Geschichte schrieb

Nach dem Kunstschuss: Bayern-Stürmer Giovane Elber bejubelt für Bayern das Tor des Jahres 1999.

Nach dem Kunstschuss: Bayern-Stürmer Giovane Elber bejubelt für Bayern das Tor des Jahres 1999. imago images

Das letzte Wochenende im Februar 1999 war ein regnerisches, dunkle Wolken hingen über den neun Bundesliga-Stadien. Nichts außergewöhnliches für diese Jahreszeit und so passte das miese Wetter zu den Geschehnissen des 20. Spieltag der Saison 1998/99 wie die Faust aufs Auge. Und doch schaffte es dieser scheinbar lahme Spieltag gleich doppelt in die Geschichtsbücher. Einmal statistisch. Und einmal mit einer wunderschönen Anekdote samt Auszeichnung.

Zunächst soll es um die Zahlen gehen: Die gerade mal elf Treffer, die zwischen den Standorten Rostock und Kaiserslautern fielen, stellen weiterhin einen Minusrekord in 61 Bundesliga-Jahren dar.

Fünfmal 0:0 - das gab's noch nie

Fünf der neun Partien endeten 0:0, zwölf der 18 Bundesligisten gingen komplett leer aus. Dabei war das Problem vor allem die Chancenverwertung. Denn die 18 Klubs hatten immerhin 97 Chancen herausgespielt. Ein Wert, der gar nicht so weit unter dem von 104 Torchancen liegt. Das ist nämlich die durchschnittliche Marke, seitdem der kicker 1988/89 begonnen hatte, das Chancenverhältnis für jede Bundesliga-Partie zu zählen. Das Problem lag Ende Februar 1999 also nicht an der Anzahl der Torchancen, sondern an deren Verwertung. Diese lag bei kümmerlichen 11,3 Prozent - auch das ein Negativrekord seit Gründung der Bundesliga 1963.

1998/99, 20. Spieltag: Neun Spiele, elf Tore

Und was der Tiefststand von nur elf Toren - nur zwei davon fielen übrigens in den ersten Halbzeiten - noch erstaunlicher macht: In zwei Partien fielen immerhin sieben Tore. Borussia Dortmund ließ dem 1. FC Nürnberg beim 3:0 keine Chance, und der FC Bayern fuhr ein glattes 4:0 bei Hansa Rostock ein.

Womit wir bei der Anekdote dieses Spieltags wären. Denn vor allem Giovane Elber dürfte das damalige Gastspiel an der Ostsee noch bestens in Erinnerung sein. Der schlitzohrige Brasilianer schoss nach etlichen Fehlversuchen ein Tor mit seinem schwächeren linken Fuß - und zwar von der rechten Eckfahne.

"Super-Dribbel-Schnibbel-Tor" zum Nachahmen

Nachdem Hansa-Keeper Martin Pieckenhagen einen folgenschweren Ausflug  ins Nirgendwo ("Mein heroischer Augenblick") unternommen hatte und beim Versuch, Elber abzublocken, über seine eigenen Beine gestolpert war, zirkelte der Bayern-Stürmer die Kugel wunderschön in die Maschen. Die Bild nannte Elbers Kunstschuss "Super-Dribbel-Schnibbel-Tor" und druckte eine grafische Anleitung zum Selbstversuch in drei Schritten ab, bei der die Eigenrotation des Balls als Geheimnis für die Flugkurve herhalten durfte.

Hast Du schon mal so ein geiles Tor gesehen?

Giovane Elber

Elber selbst setzte nach dem Einschlag zum Jubellauf an, fasste sich vor Ungläubigkeit mit beiden Händen an den Kopf, ehe er die Glückwünsche von Kollege Hasan Salihamdzic entgegennahm. Und die von Thorsten Bastian. Der Linienrichter aus Frankfurt war derart verzückt von Elbers Ballfertigkeiten, dass er dem Mittelstürmer vor Freude ebenfalls gratulierte. Was hätte er auch anders machen sollen, schließlich hatte der Bayern-Stürmer vorher schelmisch gefragt: "Hast Du schon mal so ein geiles Tor gesehen?" 

Perfekter Blick auf das Tor des Jahres

Hatte er nicht. Und weil den Verbandsoberen Bastians Schulterklopfer für Elber ein wenig zu freundlich rüberkam, musste der Linienrichter auf seine nächste Einteilung ein wenig länger warten als sonst üblich. Im Nachhinein dürfte es ihm egal gewesen sein, denn schließlich hatte keiner der 24.500 Zuschauer im Rostocker Ostseestadion einer besseren Blick auf das Tor des Monats Februar und des gesamten Jahres 1999.

Auch "kleines, dickes Ailton" trifft und bleibt der Bundesliga erhalten

Ailton

Das Tor, das ihm zum Verbleib in der Bundesliga bewog: Joker Ailton trifft im Februar 1999 gegen Bochum zum 1:1. picture-alliance / Sven Simon

Und noch eine andere schöne Geschichte hielt dieser triste Spieltag parat, als ein ungeduldiger Stürmer namens Ailton Goncalves da Silva für Bremen gegen Bochum spät zum 1:1 traf. Denn der damals 25-jährige Angreifer hatte auf seinen Trainer Felix Magath schon einen kleinen, dicken Hals, weil dieser ihm zu wenig Spielzeit gönnte.

Ich hoffe, dass der Trainer jetzt an mich glaubt.

Ailton Richtung Felix Magath

"Ich hoffe, dass der Trainer jetzt an mich glaubt", sagte Ailton damals dem kicker und gab zu, dass er kurz davor stand, den Verein nach nur knapp fünf Monaten wieder verlassen zu wollen. "Ich hatte zuletzt einige Anfragen", kokettierte er mit Verlockungen aus dem Ausland, "aber ich will mich durchsetzen, doch wenn ich nicht spiele, kann sich das möglicherweise wieder ändern."

Magath gönnte Ailton in der restlichen Saison zwar nur noch 130 Spielminuten verteilt auf sieben Jokereinsätze, doch das mit dem Durchsetzen hat "kleines, dickes Ailton" dann doch noch auf die Reihe gebracht. Und wieviel ärmer wäre die Bundesliga-Geschichte ohne die Tore und Aktionen des Kugelblitzes von der Weser?

bst, hub

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