Bundesliga

Wie sich Max in Frankfurt aus dem Tal kämpfte

"Die Wahrheit tut immer weh"

Mentaltrainer und Extraschichten - Wie sich Max in Frankfurt aus dem Tal kämpfte

Hat auf seiner Position gerade die Nase vorne: Linksverteidiger Philipp Max.

Hat auf seiner Position gerade die Nase vorne: Linksverteidiger Philipp Max. IMAGO/Jan Huebner

Über dem Frankfurter Trainingsplatz strahlte die Sonne, als Max nach der Einheit am Mittwoch einen kleinen Einblick in sein Seelenleben gab. Bildhaft gesprochen haben sich auch bei ihm persönlich die dunklen Regenwolken verzogen. Aktuell ist der Linksverteidiger auf seiner Position gesetzt. "Philipp hat im Moment die Nase vorne", sagte Trainer Dino Toppmöller unlängst. Der 30-Jährige kämpfte sich aus seinem persönlichen Tal heraus. "Wir sind stolz, dass er das geschafft hat. Er kann sich auf die Schulter klopfen", lobte der Coach und erklärte: "Philipp kann extrem wichtig sein, weil er sehr schlau ist, über ein super gutes Passspiel verfügt und gut flankt. Gerade in der Offensive setzt er viele Dinge sehr gut um."

"Die Wahrheit tut immer weh"

Toppmöllers Anerkennung flog ihm nicht einfach so zu, Max musste sie sich in den vergangenen Monaten hart erarbeiten. Einerseits absolvierte er individuelle Extraschichten. "Mit 30 Jahren ist nicht mehr alles so geölt", meint er grinsend. Noch wichtiger waren aber die vielen Gespräche, die er führte. "Ich sprach mit vielen verschiedenen Leuten. Natürlich mit Freunden und meiner Familie. Das Wichtigste war aber, mal mit jemandem zu sprechen, der nicht im engsten Kreis ist. Der einem nicht die Hand auf die Schulter legt und sagt: Vielleicht sind doch die anderen schuld und nicht du…", erklärt Max. Für diese sachliche Analyse tauschte er sich mit einem Mentaltrainer aus, den er noch aus Augsburger Zeiten kannte.

"Die Wahrheit tut immer weh", sagt der frühere Nationalspieler. Umso wichtiger ist es, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Die Gespräche seien "gut für die Seele" gewesen. Max spricht davon, die "innere Gier" und den "inneren Schweinehund" wieder nach vorne zu bringen. Bei seiner vorherigen Station PSV Eindhoven hatte er schließlich alle persönlichen Ziele erreicht: "Ich wollte unbedingt im Europapokal spielen, ich wollte unbedingt für die Nationalmannschaft spielen, ich wollte unbedingt um Titel spielen." Nach seinem Wechsel von Augsburg nach Eindhoven im Jahr 2020 absolvierte er drei Länderspiele, spielte in der Europa League, gewann einmal den niederländischen Pokal und zweimal den Superpokal. Keine schlechte Ausbeute.

"Ich spielte nicht mehr frei von der Leber weg"

Doch schon während seiner Zeit in der Eredivisie kam es zu einem kleinen Knick. Max sammelte in seiner zweiten Saison nicht mehr so viele Scorerpunkte wie gewohnt und machte sich deshalb wie auch später in Frankfurt einigen Druck. Auch von außen kam Kritik. "Ich spielte nicht mehr so frei von der Leber weg, wie ich das eigentlich von mir kannte", erklärt Max mit Blick auf den Start in die aktuelle Saison.

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Dass Toppmöller ihn Anfang September nicht für die Conference League nominierte, war zum damaligen Zeitpunkt zwar objektiv nachvollziehbar. Für Max bedeutete die Entscheidung indes eine "herbe Enttäuschung". Im ersten Moment wusste er nicht, wie er darauf reagieren soll. Letztlich ging er aus der Situation aber gestärkt hervor. Rückblickend sagt er: "Ich hatte zwei Möglichkeiten: Entweder den Kopf in den Sand zu stecken, dem Trainer, meinen Mitspielern und den Leuten um mich herum die Schuld zu geben. Oder Gas zu geben. Das habe ich getan. Ich wollte zeigen, dass es eine falsche Entscheidung war (die Nichtnominierung, Anm. d. Red.). Ich glaube, das war die richtige Reaktion."

Chance auf Nominierung für die K.-o.-Phase

Letztlich profitierte Max auch davon, dass Neuzugang Niels Nkounkou (23, St. Etienne), sein ärgster Konkurrent, bisher in den meisten Einsätzen keine tiefen Spuren hinterließ. Der sieben Millionen Euro teure Franzose spielt noch zu unberechenbar und insgesamt zu schwach. Allerdings hat auch Max weiterhin Luft nach oben, insbesondere im Spiel nach vorne. Am 1. Spieltag bereitete er das Siegtor gegen Darmstadt vor, weitere Scorerpunkte sammelte er nicht. Auch wenn es richtig ist, dass er sich von Statistiken nicht unter Druck setzt, kann er im Generieren torgefährlicher Situationen sicherlich noch zulegen.

Gelingt ihm das, wird er im neuen Jahr mit ziemlicher Sicherheit auch die internationale Bühne betreten dürfen. Dass Frankfurt im Europapokal überwintert, steht bereits fest. Drei neue Spieler dürfen laut UEFA-Regularien vor Beginn der K.-o.-Phase nachnominiert werden. Da im Januar ein bis zwei Stürmer kommen sollen, wird Toppmöller abermals vor kniffligen Entscheidungen stehen. Allen voran Kristijan Jakic und Jessic Ngankam könnten Streichkandidaten sein, wenn sich ihre sportliche Perspektive bis dahin nicht verbessert. "Ich werde weiter Gas geben", verspricht Max, der weiß: "Europapokalabende hier bei uns im Stadion will man gegen nichts eintauschen."

Julian Franzke

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