Bundesliga

Magath im Interview: "Es ist ein wunderbarer Anfang"

Der Hertha-Trainer über sein etwas anderes Debüt

Magath im Interview: "Es ist ein wunderbarer Anfang"

Felix Magath musste sein erstes Spiel als Hertha-Coach vom Hotel aus verfolgen.

Felix Magath musste sein erstes Spiel als Hertha-Coach vom Hotel aus verfolgen. picture alliance/dpa

Seine Rückkehr in die Bundesliga nach neuneinhalb Jahren Absenz erlebte Felix Magath (68) im Hotelzimmer. Wegen Corona konnte er den 3:0-Sieg zu seinem Einstand gegen Hoffenheim nicht im Stadion erleben. Aber er war zur Teambesprechung sowie vor dem Anpfiff und in der Halbzeit zugeschaltet. Am Sonntagmorgen, soeben aus der Dusche kommend, sprach der neue Trainer der Berliner Hertha mit dem kicker. Während des Gesprächs muss er ein paar Mal husten.

Die wichtigste Frage zuerst: Was macht Ihre Gesundheit, Herr Magath?

Ich spüre etwas Kratzen im Hals. Nachts hatte ich als Hauptsymptom Halsschmerzen, tagsüber nicht.

Ihre Stimme klingt noch etwas belegt und rau.

Es sind die ersten Worte an diesem Sonntagmorgen. Viel habe ich noch nicht geredet.

Sie haben ja am Samstag gesprochen, als Sie dreimal Ihrer Mannschaft zugeschaltet wurden. Wie war es, die Mannschaft aus dem Hotel zu coachen?

Eine solche Formulierung wird der Situation nicht gerecht. Die Hauptarbeit hat mein Assistent Mark Fotheringham erledigt, auf der Bank, im Training, in den Gesprächen mit den Spielern. Es war eine ganz schwierige Situation, weil wir alle neu sind. Die Spieler kannten uns nicht, ich kannte die Spieler kaum, außer Peter Pekarik. Also musste ich erst ein Gefühl für die Spieler bekommen und mir Informationen über sie besorgen, um einschätzen zu können, was sie tun, warum sie es tun und wie sie etwas tun.

Wie haben Sie sich informiert?

Ich glaube, da hilft es, wenn man nicht allein das Internet zu Hilfe nimmt, sondern wenn man Augen, Ohren sowie den Mund aufmacht und dadurch für den anderen Gefühl entwickelt. Das habe ich versucht umzusetzen, um einschätzen zu können, was für die Mannschaft das Beste ist.

Indem ich Anwesenheit demonstriert habe, wollte ich den Spielern zeigen: Ich bin dabei. Ob es etwas half, weiß ich nicht.

Felix Magath

Was war der Schlüssel für das deutliche Ergebnis?

Der Schlüssel war eindeutig, dass es Mark Fotheringham geschafft hat, in der Trainingsarbeit den Spielern zu vermitteln, wie wichtig die Kompaktheit ist. Wir haben lediglich eine große Chance zugelassen, als wir ausgekontert wurden ...

... Sie meinen die Szene in der 25. Minute, als Jacob Bruun Larsen nach einem Superpass von Kevin Akpoguma allein vor Alexander Schwolow über das Tor schoss?

Ja, da ließ unsere linke Abwehrseite den Spieler laufen. Es war aber auch eine tolle Aktion des Gegners. Dass einem der Gegner Schwierigkeiten macht, gehört zum Fußball. Wenn es ein Mal vorkommt, ist es normal. Das passiert halt, das will ich nicht kritisieren, sondern vielmehr spricht es für das kompakte Verhalten der Spieler, dass wir sonst kaum etwas zugelassen haben - und das gegen eine Spitzenmannschaft der Bundesliga. Die Kompaktheit war entscheidend für den Sieg.

Sie haben in der Teamsitzung, vor dem Anpfiff und in der Halbzeitpause zur Mannschaft per Schalte gesprochen: Was konnten Sie da vermitteln?

Ich konnte nur versuchen, die Stimmung hoch zu halten. Indem ich Anwesenheit demonstriert habe, wollte ich den Spielern zeigen: Ich bin dabei. Ob es etwas half, weiß ich nicht (lacht). Aber es ist besser als nichts zu machen.

Die Hertha-Elf war anders als zuletzt 90 Minuten lang wach, griffig, entschlossen und eben kompakt: Wie haben Sie und Ihr Co-Trainer die Mannschaft so schnell gepackt?

Es ist ein ganz normales Verhalten einer Mannschaft, dass sie - wenn sie Schwierigkeiten mit dem vorherigen Trainer hatte, aus welchen Gründen auch immer, oder irgendetwas nicht akzeptiert hat - unter einem neuen Trainer zeigen will, dass sie besser ist, als es vorher den Anschein hatte. Eine hohe Bereitschaft ist nach einem Trainerwechsel oft normal. Deswegen werden Trainer ja gewechselt zu einem Zeitpunkt, an dem man mit einem Sieg Schwung bekommen kann.   

Sie haben Niklas Stark im 4-1-4-1-System als Sechser platziert: Was war die Idee dahinter?

Niklas Stark wurde auf dieser Position groß. Ich habe ihn in seiner Zeit beim 1. FC Nürnberg verfolgt, er war ein sehr hoffnungsvoller Spieler und wurde Nationalspieler.

Hat sich diese Maßnahme aus Ihrer Sicht bewährt?

Selbstverständlich. Es war einfach gut, wie kompakt wir standen. Und es war schwierig, an unserer Defensive vorbeizukommen.

Wenn ein Marvin Plattenhardt ein so begnadetes linkes Füßchen hat und die ruhenden Bälle so gut bringen kann, verfügt er da über eine besondere Waffe.

Felix Magath

Alle drei Tore fielen nach Standards. Haben Sie Tag und Nacht Standards üben lassen?

(lacht herzhaft) Mark ließ auch Standards machen, klar. Der Effekt ist aber von den Spielern abhängig. Wenn ein Marvin Plattenhardt ein so begnadetes linkes Füßchen hat und die ruhenden Bälle so gut bringen kann, verfügt er da über eine besondere Waffe. Gegen Hoffenheim sind ihm die Freistöße überragend gelungen, er hat sie wunderbar geschlagen. Und bei Niklas Starks Tor zum 1:0 war der Wille, an den Ball zu kommen, zu sehen. Stark wurde festgehalten, legte sich aber nicht hin, sondern marschierte weiter und hat den Ball einwandfrei und mit einer Supertechnik von oben nach unten ins Tor geköpft.  

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Was kann dieser Sieg auslösen?

Es ist ein wunderbarer Anfang, keine Frage. Der Sieg hilft den Spielern, mehr Sicherheit zu bekommen.  Aber ein Spiel, ein Sieg und man ist raus aus dem Abstiegskampf: So einfach ist es leider nicht.

Wie bewerten Sie jetzt die Ausgangslage der Hertha?

Wir sind jetzt weiterhin genauso im Abstiegskampf wie vor dem Spiel. Schon in der kommenden Partie in Leverkusen wird es schwierig genug, dort etwas zu holen. Unsere Aufgabe ist der Klassenerhalt, und da hat sich die Situation nach diesem Spieltag für uns nur unwesentlich verbessert. Wir sind vorwärts gekommen, klar, das gibt uns Hoffnung, dass es so weitergeht, aber wir müssen in den kommenden zwei Wochen während der Länderspielpause richtig arbeiten.

Wohin gehen Sie wann ins Trainingslager?

Vorerst bleiben wir in Berlin. Aber es ist möglich, dass wir noch in ein Trainingslager gehen.

Ich hoffe, dass ich am Mittwoch wieder unter die Leute kann.

Felix Magath

Wann rechnen Sie wieder mit Stevan Jovetic?

Ich hoffe, dass er in dieser Woche wieder mitmachen kann und am Wochenende sogar zur Nationalmannschaft Montenegros fahren kann.

Und wann kehren Sie selbst auf den Platz zurück?

Ich hoffe, dass ich am Mittwoch wieder unter die Leute kann.

Ist es definitiv, dass Sie nur diese acht Spiele Trainer der Hertha bleiben? Oder kann es sein, dass Geschäftsführer Fredi Bobic Ihr Engagement verlängern wird?

Wir haben nie über etwas anderes gesprochen. Weder von seiner noch von meiner Seite gab es irgendwann einmal den Ansatz, über eine längere Zeit als diese acht Spiele zu reden. Das ist überhaupt kein Thema. Ich bin mir der Aufgabe bewusst und konzentriere mich darauf. Es ist ja das Schöne an meiner Situation: Ich brauche mir keine Gedanken zu machen.

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