Bundesliga

Lindström, Chaibi, Kolo Muani: Frankfurts heißes Transferfinale

Schließt Nkounkou die linke Lücke?

Lindström, Chaibi, Kolo Muani: Frankfurts heißes Transferfinale

Fares Chaibi könnte der bisher behäbigen und statischen Offensive Frankfurts neues Leben einhauchen.

Fares Chaibi könnte der bisher behäbigen und statischen Offensive Frankfurts neues Leben einhauchen. IMAGO/PanoramiC

Es dürfte ein umsatzstarker Freitag werden in Frankfurts Apfelweinwirtschaften. Vor einem Jahr kündigte der damalige Trainer Oliver Glasner an, einen Bembel Apfelwein zu trinken, wenn am Abend des 1. September das Transferfenster schließt. Viele Eintracht-Fans werden es ihm auch in diesem Jahr wahrscheinlich gleichtun. Denn die kommenden Stunden und Tage werden aus Frankfurter Sicht noch einmal richtig spannend.

Jesper Lindström landete bereits am Montagabend in Italien und steht unmittelbar vor der Unterschrift bei Meister SSC Neapel. Die Sockelablöse liegt dem Vernehmen nach bei 30 Millionen Euro, allerdings fließt ein Teil davon an Lindströms früheren Klub Bröndby. Zur Einordnung: Vor zwei Jahren verpflichteten die Hessen den 23-Jährigen für etwa sechs Millionen Euro. Wie die dänische Zeitung "Ekstrabladet" schon im vergangenen Jahr berichtete, soll Bröndby bei einem Weiterverkauf 15 Prozent von jedem Euro oberhalb der damals bezahlten Ablöse erhalten. Das erscheint realistisch, ist aber nicht offiziell bestätigt. In jedem Fall ist der Plan bei Lindström voll aufgegangen: Der Offensivspieler kam als großes Talent für eine überschaubare Ablöse, entwickelte sich unter Glasner weiter und wird nun für ein Vielfaches der ursprünglichen Ablöse weiterverkauft.

Frankfurt verliert den zweit- und drittbesten Torschützen

Das bedeutet allerdings auch: Nach dem zweitbesten Torschützen der vergangenen Saison, Daichi Kamada (Lazio Rom, wettbewerbsübergreifend 16 Treffer), verliert die Eintracht nun auch ihren drittbesten Torschützen. Lindström hatte siebenmal in der Liga und je einmal in der Champions League und im DFB-Pokal getroffen. Der Abgang des Dänen ist dennoch eher zu verschmerzen.

Das liegt einerseits daran, dass Lindström sein großes Potenzial nie konstant über einen längeren Zeitraum ausschöpfte. In schwachen Phasen traf er im Angriffsdrittel zu häufig falsche Entscheidungen, zuweilen mangelte es seinen Schüssen und Pässen auch an Präzision. Er passt aber auch als Spielertyp inzwischen nicht mehr ganz so gut. Lindström lebt von seinem enormen Tempo und seinen Tiefenläufen. An guten Tagen ist er kaum zu stoppen, wenn er hinter die gegnerischen Abwehrketten geschickt wird. Vor allem der zum FC Sevilla gewechselte Achter Djibril Sow verstand es, Lindström mit Chipbällen hinter die Ketten clever einzusetzen. In vielen Ligaspielen trifft die Mannschaft mittlerweile jedoch auf Gegner, die sich zurückziehen und der Eintracht das Spiel überlassen. Dann kann Lindström seine Qualitäten nicht so gut zur Geltung bringen. Das wurde zuletzt auch am 1. Spieltag beim 1:0 gegen Darmstadt deutlich.

Chaibi soll die kreative Lücke füllen

In Omar Marmoush (VfL Wolfsburg) und Jessic Ngankam (Hertha BSC) hat Sportvorstand Markus Krösche in diesem Sommer vorausschauend zwei schnelle Stürmer verpflichtet. Ein Nachfolger für Lindström muss daher nicht geholt werden. Was bisher fehlt, ist ein kreativer Kopf, der zwischen den Linien schwimmt und Aktionen im letzten Drittel initiiert - so wie einst Kamada. Mario Götze allein kann es nicht richten.

Da kommt Fares Chaibi ins Spiel. Der variabel einsatzbare Offensivspieler des FC Toulouse ist nicht ganz so flink wie Lindström, dafür aber technisch stärker. Das Interesse an Chaibi existiert schon länger, nun steht die Verpflichtung kurz vor dem Abschluss. Die Ablöse liegt bei etwa zehn Millionen Euro. Chaibi könnte das fehlende Puzzlestück sein, um dem bisher behäbigen und statischen Offensivspiel neues Leben einzuhauchen. In Toulouse sammelte der 20-Jährige in der vergangenen Saison wettbewerbsübergreifend 15 Scorerpunkte (acht Tore, sieben Assists).

Rätselraten um Kolo Muani und Ekitike

Unklar ist weiterhin, wie es bei Ausnahmestürmer Randal Kolo Muani weitergeht. Eine Einigung zwischen der Eintracht, die 100 Millionen Euro Ablöse fordert, und Paris St. Germain war bis zuletzt nicht in Sicht. Das kann sich allerdings stündlich ändern, falls PSG das Portemonnaie plötzlich doch noch öffnet. Offenbar gibt es auch Überlegungen, Stürmer Hugo Ekitike in den Deal miteinzubeziehen. Der 21-Jährige ist schnell, technisch versiert und 1,90 Meter groß, bringt also ein spannendes Gesamtpaket mit. Das sieht man auch bei der Eintracht so. Doch will Ekitike überhaupt nach Frankfurt? Passt er ins Gehaltsgefüge? Unklar. Zudem müsste man dem jungen Franzosen Zeit einräumen, sich in der Bundesliga und im neuen Umfeld zu akklimatisieren. Wie lange dieser Prozess dauert? Das lässt sich nicht seriös prognostizieren. Unstrittig ist dagegen, dass das Frankfurter Angriffsspiel maßgeblich von Kolo Muani und dessen Treffsicherheit abhängt. Sein Verlust wäre kein unerhebliches Risiko und könnte im ungünstigsten Fall das Saisonziel internationaler Wettbewerb gefährden.

Borré und Lenz auf dem Absprung - Lösung bei Nkounkou?

Kein Risiko wäre der Abgang von Europa-League-Held Rafael Borré. Der 27-Jährige besitzt keine realistische Chance auf einen Stammplatz, zählt mit einem Grundgehalt in Höhe von drei Millionen Euro aber zu den Top-Verdienern im Team. Im Gespräch ist ein Wechsel zum FC Valencia. Darüber hinaus befindet sich Linksverteidiger Christopher Lenz auf dem Sprung nach Leipzig.

Seit dem Abgang von Filip Kostic im vergangenen Sommer ist die linke Seite unterdurchschnittlich besetzt. Luca Pellegrini, der nur wenige Monate da war, Philipp Max und Lenz eint, dass sie nie konstant überzeugten. Krösche versucht deshalb schon länger, den französischen U-21-Nationalspieler Niels Nkounkou aus St. Etienne loszueisen - bisher erfolglos. Das letzte Wort ist bei dieser Personalie aber womöglich noch nicht gesprochen. Nkounkou und Chaibi würden den Kader spürbar aufwerten. Sollte dann auch noch Kolo Muani bleiben, wäre die Eintracht gut gerüstet für den Angriff auf die internationalen Plätze.

Krösche und die "hysterische Woche"

Freuen dürfte das auch die Wirte in Frankfurts Apfelweinwirtschaften. Sie werden auch nach Glasners Abschied alle Hände voll zu tun haben, wenn am Freitagabend das Transferfenster (endlich!) schließt und die Bembel über den Tresen wandern. Krösche nimmt all die Hektik zumindest äußerlich gelassen hin, sagte nach dem 1:1 in Mainz mit einem Schmunzeln: "Es wird wahrscheinlich eine hysterische Woche, aber das ist die letzte Woche vor Transferschluss eigentlich immer, oder?" Stimmt, zumindest in Frankfurt kennt man das meist nicht anders.

Julian Franzke