Champions League

Randal Kolo Muanis schwierige Beziehung zu PSG

Ex-Frankfurter erfüllt bislang die Erwartungen nicht

Last und Liebe: Kolo Muanis schwierige Beziehung zu PSG

Hat in Paris noch nicht wirklich Fuß gefasst: Randal Kolo Muani.

Hat in Paris noch nicht wirklich Fuß gefasst: Randal Kolo Muani. IMAGO/Shutterstock

Ist die Beziehung angeknackst, hoffen Paare häufig, ein Kind könne die Ehe kitten. Ein schöner Gedanke, der aber nicht selten ein Irrglaube ist: Sobald der Nachwuchs da ist, fehlt die Zeit für die Zweisamkeit, die Beziehung geht oft vollends in die Brüche.

So weit ist es zwar noch nicht bei Paris Saint-Germain. Zudem stritten sich bei dem französischen Serienmeister keine Eheleute, sondern ein Fußballklub und dessen Superstar. Und der Zuwachs war auch kein Kind, sondern ein Neuzugang. Dennoch fragen sich bereits einige - allen voran die zeitweise überzogen kritischen französischen Medien -, ob es der Beziehung zwischen PSG und Kylian Mbappé tatsächlich geholfen hat, dass dessen Kumpel Randal Kolo Muani im Sommer aus Frankfurt kam.

Spiele von PSG vor der Winterpause

Sicher, ein Neuzugang braucht Zeit. Kommen wie in Paris viele neue Kollegen zusammen, müssen sie sich erst mal aneinander gewöhnen. Zudem ist die auf vorerst fünf Jahre angelegte Liaison gerade einmal zu einem Zehntel verstrichen, also noch vergleichsweise jung.

Für Kolo Muani gilt dies aber nicht mehr. Der 25-Jährige gewann 2022 mit Nantes den französischen Pokal, spielte mit der Eintracht im Europacup, war 2022/23 Bundesliga-Topscorer mit 15 Treffern sowie 16 Assists und wurde 2022 Vize-Weltmeister. In Katar wies er seine Qualität als Joker nach, wurde im Halbfinale gegen Marokko eingewechselt und traf eine Minute später zum 2:0-Endstand. Im Endspiel gegen Argentinien (2:4 n. E.) zeigte er ebenfalls eine starke Leistung, vergab zwar ganz spät die Großchance zum Sieg, holte aber den Elfmeter vor Mbappés 1:2 heraus und avancierte so zum ersten Vertreter von Olivier Giroud. Von Unerfahrenheit zeugt all das nicht.

Paris versucht, seinen Kader französischer werden zu lassen

Sein Portfolio schien perfekt für den Hauptstadtklub: Mit seinerzeit 24 Jahren im besten Alter, ersten Erfolgen im Gepäck - und dann auch noch am Stadtrand von Paris geboren. Ein Faktor, der bei PSG schwerer wiegt als bei anderen Vereinen. Immerhin versuchen die seit dem Einstieg der katarischen Eigner 2011 als Söldnertruppe verschrienen Pariser ihren Kader nahbarer, in diesem Fall französischer werden zu lassen.

Wenn es dann noch ein Junge aus der Banlieue ist, einem der sozialen Brennpunkte rund um die Weltmetropole - umso besser. Dort rekrutieren sowohl Paris Saint-Germain als auch der Verband zahlreiche Talente, ob sie nun Ousmane Dembelé, Kolo Muani oder Mbappé heißen.

Gerade Letzterer war die treibende Kraft bei Kolo Muanis Wechsel nach Frankreich. Die beiden kennen sich seit Jahren, sind beste Kumpel, obwohl sie trotz desselben Geburtsorts, Bondy, in der Jugend nie im selben Verein gespielt haben.

Randal Kolo Muani und Kylian Mbappé

Sind beide in Bondy geboren: Randal Kolo Muani und Kylian Mbappé. IMAGO/MAXPPP

Doch auf dem Platz war von besagter Freundschaft noch nicht viel zu sehen. Mbappé startete nach seinem Streit mit dem Klub um eine Vertragsverlängerung verspätet in die Spielzeit. Immerhin: Das inzwischen verbesserte Verhältnis zwischen dem Topstar und seinem Verein hat auch mit dem Transfer Kolo Muanis zu tun. Der Ex-Frankfurter als jenes Kind, das auch Paare bekommen, um die Beziehung zu retten?

Oberflächlich betrachtet: ja. Klubboss Nasser Al-Khelaifi scheint dem Juni 2024, wenn Mbappés Kontrakt endet, ruhiger entgegenzublicken als noch vor sechs Monaten. Mbappé zeigt sich regelmäßig in bestechender Form, machte zuletzt mehr Tore als Spiele in der Ligue 1.

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Der Haken: Das hatte er in den vergangenen Jahren immer geschafft. Selbst als er sich mit seinem Ex-Kollegen Neymar und der Klubführung überworfen hatte, war es ihm gelungen, ebenso beständig wie eindrucksvoll zu liefern. Zum Titel in der Champions League hat es trotzdem nicht gereicht. Einer der Gründe: Mbappé als Einzelkämpfer war nicht genug. Der Superstar braucht Mitspieler, die ihm zusagen - menschlich wie fußballerisch.

Beides trifft grundsätzlich auf Kolo Muani zu. Er verkörpert mittlerweile einen anderen Spielertyp als Mbappé, der übrigens entschieden dagegen ist, als Mittelstürmer aufzulaufen. Umso besser, dass Kolo Muani das mittlerweile kann. Ausgebildet und erwachsen geworden als Flügelspieler, entwickelte er sich seit seinem Wechsel nach Deutschland vor eineinhalb Jahren zu einem mitspielenden Neuner, der in der Offensive Räume schafft, in die Kollege Mbappé stoßen kann.

Kolo Muani kam zuletzt nur noch als Joker zum Einsatz

In die Tat umsetzen konnte das Duo diese Idee bislang allerdings höchstens ansatzweise. Deshalb setzt Luis Enrique auch nicht uneingeschränkt auf Kolo Muani als mittleren Teil der offensiven Dreierreihe, zuletzt brachte der Trainer immer häufiger den ebenfalls im Sommer geholten Goncalo Ramos in vorderster Spitze - für Kolo Muani blieb trotz seiner Effizienz oft die Bank. So auch am Samstag, als Kolo Muani gegen seinen Ex-Klub Nantes in der 79. Minute ins Spiel kam - und nur vier Minuten später den Siegtreffer für PSG erzielte.

Im Gegensatz zur französischen Nationalmannschaft, wo er ebenfalls Probleme hat, muss der Stürmer aber zumindest kurzfristig um sein Standing bangen. Denn: Der öffentliche Druck ist hoch. Vor allem wegen der ungeduldigen Scheichs im Hintergrund und der 95 Millionen Euro Ablöse, der dritthöchsten Summe, die PSG bislang für einen Spieler überwies (nur Mbappé mit 180 Millionen und Neymar mit 222 Millionen Euro waren teurer).

Hier die Last, da die Liebe. Kolo Muani war das bei seinem Wechsel bewusst, er entschied sich aktiv für diesen lange geplanten Karriereschritt, blieb kurz vor dem Ende der Transferperiode sogar dem Training der SGE fern, um seinen Wechsel in die Heimat zu forcieren.

Dass er sein Spiel danach erst einmal würde anpassen müssen, war ebenfalls klar, da ihn die Abwehrreihen in Frankreich wegen seiner Vergangenheit in Nantes und der Auftritte mit der Nationalelf deutlich besser einschätzen können als die in Deutschland. Zudem stehen sie gegen PSG naturgemäß tiefer als die Bundesligateams gegen Frankfurt.

Da sein Spiel vor allem auf seiner Explosivität beruht, kommen Kolo Muanis Stärken insbesondere bei Kontern zum Tragen - ein Mittel, das Paris selten nutzt. Doch Kolo Muani wird noch nicht ungeduldig. Auch dank Trainer Luis Enrique, der gleich zu Beginn betonte, dass er Geduld mit seinem neuen Spieler habe, ihn behutsam aufbauen wolle. Was man eben so sagt, wenn der Neue nicht direkt zündet.

Enrique und Deschamps vertrauen Kolo Muani

Eine mögliche Lösung mit Kolo Muani, die der als taktisch gewieft bekannte Coach bereits im Training und zeitweise während der Spiele ausprobierte, ist ein neues System. Dabei rückt der gegen seinen Ex-Klub Dortmund gelbgesperrte Dembelé im 4-2-3-1 mehr ins Zentrum und unterstützt Stoßstürmer Ramos. Links bleibt Mbappé, rechts stürmt der Ex-Frankfurter. Doch auch im favorisierten 4-3-3 kann er seine Stärken ausspielen, indem er den häufig weit außen postierten Dembelé rechts unterstützt.

Wie auch immer - sowohl PSG-Coach Enrique als auch Auswahltrainer Didier Deschamps vertrauen Kolo Muani, tauschen sich intensiv mit ihm aus, wollen ihn aus dem Tief hieven. Deschamps weiß zwar wie alle anderen auch, dass sein Neuner "diese Ruhe, diese Gelassenheit finden" müsse, das braucht aber Zeit.

Zeit, über die der Stürmer vertraglich durchaus verfügt, die im häufig aufgeregten, von kurzfristigen Stimmungen getriebenen Paris aber manchmal knapper ist als anderswo. Gerade angesichts der aktuellen Tabellensituation in der Champions League, in der an diesem Mittwoch zwar ein Punkt in Dortmund reicht, ein Remis bei der Borussia aber keinesfalls sicher ist.

Was indes nicht heißt, dass die aus Paris Saint-Germain, Mbappé, Kolo Muani und Co. bestehende Gemeinschaft nicht irgendwann zu einer überglücklichen Familie wird. Dazu besitzen die einen zu viel Geld und die anderen zu viel Qualität.

Michael Postl

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