Bundesliga

Krösches und Toppmöllers Schönfärberei ist ein schmaler Grat

Eintracht unberechenbar: Auf Schlafwagenfußball folgt kopfloses Anrennen

Krösches und Toppmöllers Schönfärberei ist ein schmaler Grat

Bedröppelt nach der 1:5-Heimniederlage gegen Leverkusen: Dino Toppmöller (li.) und Timothy Chandler (re.).

Bedröppelt nach der 1:5-Heimniederlage gegen Leverkusen: Dino Toppmöller (li.) und Timothy Chandler (re.). IMAGO/RHR-Foto

Die erste halbe Stunde im Heimspiel gegen Leverkusen war geprägt von einer schwer zu begreifenden Lethargie. Frankfurt verteidigte im 4-4-2 meist weit in der eigenen Hälfte, was gegen Leverkusen sicherlich kein schlechter Plan war. Doch die Mannschaft agierte zu passiv und statisch, es fehlte die Galligkeit, um die ohne die drei Schlüsselspieler Jonathan Tah, Florian Wirtz und Alejandro Grimaldo angetretene Werkself vor ernsthafte Probleme zu stellen.

Frankfurter Passivität begünstigt die ersten zwei Gegentore

Diese Inaktivität war auch der Ausgangspunkt des ersten Gegentores. Omar Marmoush lief erst Granit Xhaka und kurz darauf Robert Andrich nicht richtig an. Deshalb konnte Frankfurts Stürmer den langen Ball von Andrich raus auf Arthur nicht verhindern - und das Unheil nahm seinen Lauf. Eric Junior Dina Ebimbe trabte lediglich zurück, Tuta verlor im Strafraum den Zweikampf gegen Arthur, Robin Koch klärte zu kurz und keiner sicherte den Rückraum ab. Xhaka bedankte sich.

Kampf um Europa

Erst als gefühlt aus dem Nichts der Ausgleich fiel, legte das Team einen Zahn zu. Nach einem schönen Solo und feinen Schnittstellenpass von Hugo Ekitiké hätte Marmoush sogar das 2:1 erzielen müssen, schloss aber katastrophal ab. Kurz darauf fiel das 1:2, abermals begünstigt durch Frankfurter Passivität beim Verteidigen. Xhaka konnte ungestört aus dem Halbfeld flanken, beim darauffolgenden Klärungsversuch von Niels Nkounkou befand sich Tuta im Sekundenschlaf, anschließend verweigerte Nkounkou den Luftzweikampf mit Patrik Schick.

Gedankenlos ins Verderben

"Leverkusen war brutal effizient, wir nicht", bilanziert Trainer Dino Toppmöller. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit, denn mit einer besseren Effizienz hätte Leverkusen die Führung schon in der ersten halben Stunde ausgebaut. Im weiteren Verlauf spielte die Eintracht offensiver und kam auch zu einigen Chancen. „In der Halbzeit haben wir umgestellt. Wir sind ins höhere Pressing gegangen, haben mehr Risiko genommen, sind Mann-gegen-Mann angelaufen und hatten viele gute Ballgewinne", erklärt Toppmöller.

Eintracht Frankfurt - Bayer 04 Leverkusen, 1. FBL Trainer Dino Toppmöller (Eintracht Frankfurt). Bundesligaspiel zwischen Eintracht Frankfurt und Bayer 04 Leverkusen am 5. Mai 2024 im Deutsche Bank Park in Frankfurt am Main. Nach Vorgaben der DFL, Deutsche Fußball Liga, ist es untersagt, in dem Stadion und oder vom Spiel angefertigte Fotoaufnahmen in Form von Sequenzbildern und oder videoähnlichen Fotostrecken zu verwerten bzw. verwerten zu lassen., Frankfurt am Main Hessen Deutschland Deutsche Bank Park *** Eintracht Frankfurt Bayer 04 Leverkusen, 1 FBL Coach Dino Toppmöller Eintracht Frankfurt Bundesliga match between Eintracht Frankfurt and Bayer 04 Leverkusen on May 5, 2024 at Deutsche Bank Park in Frankfurt am Main According to the regulations of the DFL, Deutsche Fußball Liga, it is prohibited to exploit or have exploited photographs taken in the stadium and or of the match in the form of sequential images and or video-like photo series, Frankfurt am Main Hessen Germany Deutsche Bank Park

Toppmöller angefressen: "Es nervt brutal"

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Nach dem stümperhaft verursachten Elfmeter zum 1:3 rannte die Mannschaft allerdings gedankenlos ins Verderben. Exemplarisch steht der Konter zum 1:4: Konfuses Angriffspressing und fehlende Kompaktheit führten dazu, dass auf dem gesamten Feld jeglicher Zugriff fehlte. Eine solche Naivität wird gegen einen Gegner dieser Güteklasse eiskalt bestraft. Erst Schlafwagenfußball, dann kopfloses Anrennen - so lautet die Kurzfassung dieses aus Frankfurter Sicht ernüchternden Abends.

"Das ist ein absurdes Ergebnis"

Markus Krösche, normalerweise ein Freund klarer Worte, redet den Auftritt schön. "Das ist ein absurdes Ergebnis, weil wir es gar nicht so schlecht gemacht haben, auch wenn sich das jetzt blöd anhört", meint der Sportvorstand. Weiter führt er aus: "Unsere Fehler wurden eiskalt bestraft. Das ist extrem schade für die Jungs, weil sie wirklich alles gegeben haben, weiter mutig gewesen sind und versucht haben, das Spiel zu drehen."

Richtig ist, dass die Mannschaft nach dem 1:3 nicht aufsteckte und nach vorne spielte. Als Mutmacher dient diese Erkenntnis aber nicht, denn alles andere wäre hochbezahlte Arbeitsverweigerung gewesen. Gegenwehr und Engagement darf man von einer Bundesligamannschaft grundsätzlich verlangen. Vermutlich sind Krösches Aussagen strategischer Natur. Zwei Spieltage vor Schluss will er im Kampf um Platz sechs die verunsicherte Mannschaft schützen.

Wenn man sich die Statistiken anschaut, war das schon gut. (...) Am Ende musst du die Dinger halt reinschießen, sonst kannst du das Spiel nicht gewinnen.

Dino Toppmöller nach der 1:5-Niederlage gegen Leverkusen

Der Grat zur Unglaubwürdigkeit ist allerdings schmal. Nicht nur Krösche muss darauf achten, dass sich die enttäuschten Fans angesichts der wohlwollenden Worte nicht verschaukelt vorkommen. So lobt Toppmöller bei DAZN: "Wenn man sich die Statistiken anschaut, war das schon gut. Wir hatten sehr viele Torschüsse, einen sehr hohen Expected-Goals-Wert. Am Ende musst du die Dinger halt reinschießen, sonst kannst du das Spiel nicht gewinnen." Die aussagekräftigste Statistik bleibt das Endergebnis: 1:5.

Fußball: Bundesliga, Eintracht Frankfurt - Bayer 04 Leverkusen, 32. Spieltag, Deutsche Bank Park. Frankfurts Cheftrainer Dino Toppmöller reagiert an der Seitenlinie.

Trotz "sehr schwankender" Leistungen: Toppmöller schützt Nkounkou

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Auch wenn der Leverkusener Sieg etwas zu hoch ausfällt, handelt es sich um einen hochverdienten Erfolg. Das drückt sich übrigens auch in den von Toppmöller angesprochenen Expected Goals (xG) aus. Opta errechnet für die Eintracht 1,95 xG, nur die Bayern am 4. Spieltag (2,13) und Stuttgart am 14. Spieltag (2,66) kamen in dieser Saison gegen Leverkusen auf einen höheren Wert. Die Werkself kam Sonntagabend auf einen xG-Wert von 2,68. Doch allzu große Bedeutung sollte man dem xG-Wert lieber nicht beimessen. Die offiziellen Spieldaten der DFL weisen für die Eintracht einen xG-Wert von lediglich 1,22 aus (Leverkusen: 2,83). Die Schwankungen sind also beträchtlich, die Aussagekraft dementsprechend begrenzt.

Die Eintracht auf der Suche nach sich selbst

Nach mittlerweile 45 Pflichtspielen bleibt die Erkenntnis, dass die Eintracht unter Toppmöller noch immer auf der Suche nach sich selbst ist. Für welchen Fußball soll die Mannschaft stehen? Diese Frage lässt sich kaum beantworten, und damit ist eigentlich alles gesagt. Mannschaftstaktische Defizite, zu viele krasse individuelle Fehler und ein Mangel an Führungsspielern sorgen dafür, dass die Eintracht ihren Anhängern in dieser Spielzeit mehr Enttäuschungen zumutet als Freude bereitet.

Trotz der schlechten Ausbeute mit nur einem Sieg aus den jüngsten sieben Spielen und der höchsten Heimniederlage seit dem 1:6 gegen die Bayern am 1. Spieltag der Saison 2022/23 stehen die Chancen nicht schlecht, dass Frankfurt Platz 6 verteidigt - und damit sicher in die Europa League einzieht. Der Konkurrenz fehlt bisher ebenfalls die Konstanz, wenngleich Freiburg gegen Heidenheim und bei Union Berlin durchaus zwei Siege zuzutrauen sind. "Wir wollen das Ding nächste Woche in Gladbach fix machen", betont Verteidiger Koch. Vielleicht muss die Eintracht dazu nicht mal gewinnen. Das würde zu dem unansehnlichen Schneckenrennen um Europa passen.

Julian Franzke

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