Hannovers Trainer Stefan Leitl, der weder als Spieler noch als Trainer in zehn Anläufen je ein Pflichtspiel gegen den Hamburger SV gewonnen hatte, wechselte nach dem 2:1 bei Hansa Rostock gezwungenermaßen einmal: Leopold lief im Zentrum für Christiansen (Rückenprobleme) auf.
Auf der Gegenseite musste auch Hamburgs Coach Tim Walter nach dem starken 3:0 gegen Hertha BSC einen Tausch vornehmen: Der zuletzt formstarke Benes hatte unter der Woche erkältet kürzertreten müssen, war dann aber mit nach Hannover gereist, um am Samstagmorgen doch zu signalisieren, dass er nicht fit genug für das Spiel sei. So kam Königsdörffer von Beginn an zum Zug.
Mit Verweis auf Hamburgs 2:2 in Karlsruhe hatte Leitl vor dem Spiel darauf hingewiesen, dass es der HSV nicht möge, wenn er nicht am Ball ist, folglich hatte er eigenen Ballbesitz als "Schlüssel" ausgemacht, um den Hanseaten beizukommen. Die 96er brachten diesen Spielplan dann auch auf den Platz, immer wieder glänzten sie mit eigenen Ballbesitzphasen und waren auch die gefälligere Mannschaft.
Tolle Chancen, keine Tore
2. Bundesliga, 4. Spieltag
Hannover kam zudem immer wieder zu eigenen Abschlüssen durch Dehm (11.), Halstenberg (15.), Tresoldi (18.) und Leopold (20., direkter Freistoß). Auf der Gegenseite meldete sich lediglich Glatzel einmal zu Wort (15.). Die Niedersachsen hatten in dieser unterhaltsamen Partie ein Chancenplus, so richtig zwingend waren die Abschlüsse bis dato aber allesamt nicht.
Die ersten Hundertprozentigen ergaben sich nach etwas mehr als einer halben Stunde - und die hatten die Rothosen: Reis scheiterte an Zieler, ehe Sekunden später Neumann für seinen bereits geschlagenen Keeper vor der Linie gegen Glatzel rettete (34.) und Königsdörffer freistehend aus fünf Metern drüberköpfte (36.).
Ramos erweist HSV einen Bärendienst
Kurz vor der Pause wurde es dann hüben wie drüben so richtig brenzlig: Der HSV durfte sich in dieser Phase bei Keeper Heuer Fernandes bedanken, der zunächst eine krumme Bogenlampe von Tresoldi entschärfte (40.) und in der Nachspielzeit auch noch gegen Köhn zur Stelle war (45.+3). Kurz zuvor hatte Dompé auf der Gegenseite eine weitere klasse Gelegenheit liegengelassen, sodass die sehr kurzweilige erste Hälfte am Ende torlos zu Ende ging.
Auch nach dem Seitenwechsel zeigte sich das gleiche Bild: Hannover hielt am eigenen Spielplan fest und machte dem HSV das Leben schwer. So richtig schwer machten es sich die Hanseaten dann zudem selbst, als Ramos wegen einer Notbremse an Tresoldi die Rote Karte sah (53.).

Frühzeitiger Abflug: Hamburgs Ramos sieht Rot. IMAGO/MIS
Über eine halbe Stunde musste der HSV folglich in Unterzahl bestreiten. Glück hatte er wiederum in der 59. Minute, als Tresoldis akrobatischer Abschluss an die Latte donnerte.
Viel sprach in dieser Phase für die 96er, die in Überzahl dann auch höher pressten und so Ballverluste erzwingen wollten. Das Tor fiel jedoch überraschenderweise auf der anderen Seite - und hatte ganz viel mit Glatzel zu tun. Der Angreifer nahm nämlich am linken Fünfereck eine hohe Hereingabe stark an, blieb dann auch gelassen, als Zieler dazwischenfunkte und hatte das Auge für Reis an der Strafraumkante. Der wiederum legte quer auf Jatta, dessen satter Rechtsschuss anschließend links unten einschlug (69.).
Das Tor zeigte Wirkung. Hannover wirkte nach dem Gegentor gehemmt, es fehlte auf einmal die Leichtigkeit und Präzision. Hamburg wiederum trat nun mit breiter Brust auf, arbeitete gut gegen den Ball, auch gab es keine großartigen Abstände zwischen den jeweiligen Mannschaftsteilen. Die Rothosen stellten sich in dieser heiklen Phase defensiv rundum geschickt an und nahmen schlussendlich trotz eines in der Nachspielzeit augenscheinlichen Kräfteverschleißes die drei Punkte mit nach Hause.
Beide Mannschaften sind am kommenden Wochenende erst sonntags gefordert: Hannover 96 reist ins Frankenland zur SpVgg Greuther Fürth, der HSV empfängt zeitgleich Hansa Rostock zum Spitzenspiel - Anpfiff ist jeweils um 13.30 Uhr.