Bundesliga

SC Freiburg | Déjà-Vu gegen Union: "Nicht unser Anspruch"

Der SC zahlt im Königsklasse-Duell schmerzhaften Preis für Talentförderung

Freiburgs bitteres Déjà-Vu gegen Union: "Nicht unser Anspruch"

Der SC Freiburg um Vincenzo Grifo und Nicolas Höfler zog an der Alten Försterei den Kürzeren.

Der SC Freiburg um Vincenzo Grifo und Nicolas Höfler zog an der Alten Försterei den Kürzeren. IMAGO/Matthias Koch

Wissen, was kommen wird und es trotzdem nicht verhindern können - so ging es schon einigen Mannschaften an der Alten Försterei. Der SC Freiburg reihte sich ein, kassierte aber nicht irgendeine Niederlage, sondern eine, die die zuvor guten Chancen auf die erstmalige Teilnahme an der Champions League erheblich schmälert.

So ähnlich war es schon in der vergangenen Saison, als der SC am 33. Spieltag im eigenen Stadion Königsklassenplatz vier durch eine überraschende Heimklatsche gegen Union (1:4) einbüßte. Ein äußerst bitteres Déjà-vu für die Mannschaft von Christian Streich, die vor allem in der ersten Hälfte gar nicht auf der Höhe war, teilweise schlapp wirkte. Gegen zugegebenermaßen stark aufspielende wie effiziente Hauptstädter.

Union "in die Karten gespielt"

"Die erste Halbzeit haben wir komplett verschlafen. Natürlich haben wir gewusst, worum es geht und was auf uns zukommt. Lange Bälle auf Behrens und Becker geht in die Tiefe, sie haben ganz viel Tempo. So darfst du in ein Spiel nicht reingehen. 0:3 zur Halbzeit, das tut weh, da muss man sich an die eigene Nase fassen", sagte Vincenzo Grifo bei Sky. Eine Erklärung dafür hatte der italienische Nationalspieler kurz nach Abpfiff aber nicht.

Man habe Union "in die Karten gespielt", meine Nicolas Höfler im Sky-Interview: "Wir haben ihnen in den entscheidenden Momenten die Räume gegeben, die sie brauchen und wollen. Es ist enttäuschend, weil wir uns viel vorgenommen haben." Das frühe 1:0 durch Kevin Behrens war ein Wirkungstreffer. "Da haben wir die Ordnung verloren, es hat uns bisschen durcheinandergebracht. Das darf uns nicht passieren, das ist nicht unser Anspruch", räumte der Sechser ein.

Nicht schnell genug, nicht aggressiv genug

Auch Streich wusste, dass sein Team diese wichtige Partie durch die teils desolate Defensivleistung verloren hat und kritisierte: "Wir hatten ein paar Bälle, die wir ganz schwach verteidigt haben. Dann steht's 3:0 in der Halbzeit. Wir waren nicht schnell genug, nicht aggressiv genug. Union war besser und hat die entscheidenden Zweikämpfe gewonnen."

Einen "großen Fehler" kreidete sich der SC-Trainer an, weil er den unter der Woche noch kranken Lukas Kübler aufgestellt habe, der in 32. Minute ausgewechselt werden musste: "Deshalb haben wir mit einem weniger gespielt, er hat Kreislaufprobleme gekriegt. Von daher war es dann schwierig."

Sildillias Ausrutscher leitet Niederlage ein

Kübler verzeichnete als rechter Schienenspieler mit einem Kopfball nach einer Ecke allerdings die einzige Freiburger Torchance vor der Pause und beging keine entscheidenden Fehler. Das waren andere. Neben erfahrenen Kräften wie beispielsweise Manuel Gulde oder Nicolas Höfler, die vor manchem Union-Tor nicht gut aussahen, sind an dieser Stelle auch drei Youngster zu nennen.

Kiliann Sildillia (20) rutschte vor dem 1:0 entscheidend aus, verlor auch sonst wichtige Zweikämpfe gegen Jerome Roussillon und Sheraldo Becker. Das Fehlen von Stamm-Innenverteidiger Philipp Lienhart (nach Infekt erneut nicht im Kader) machte sich bemerkbar. Nach den jüngsten Eindrücken wäre jedoch der später eingewechselte Kenneth Schmidt (20) wohl die bessere Alternative zu Sildillia gewesen, der sich schon länger auf Formsuche befindet.

Weißhaupts entscheidender Ballverlust

Vor dem 2:0 und 3:0 machte dann auch U-21-Nationalspieler Yannik Keitel (23) neben anderen eine unglückliche Figur. Und als der SC auf das mögliche 3:3 spielte, unterlief Noah Weißhaupt (21), wie Keitel ein echtes Freiburger Eigengewächs, der entscheidende Ballverlust vor dem Konter zum 4:2, das alle Hoffnungen auf Zählbares zunichtemachte.

An diesem Nachmittag in Berlin-Köpenick zahlt der SC kurzfristig einen schmerzhaften Preis für seine Strategie - anders als die mit Erfolg fast ausschließlich auf erfahrene Profis setzenden Unioner - auch als Top-6-Team weiterhin auf Talente zu setzen, ihnen erhebliche Einsatz- und Entwicklungsmöglichkeiten zu verschaffen. Dieser nachhaltige Ansatz bleibt allgemein natürlich vorbildlich, die genannten Nachwuchskräfte werden an ihren Fehlern wachsen.

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Chance auf Europa League weiter gut

An diesem Abend überwiegt jedoch ein anderes Gefühl: "Wir sind sehr enttäuscht, weil wir wieder ein Spiel, in dem es um viel ging, verloren haben", erklärte Streich, richtete den Blick aber auch nach vorne: "Wir haben am Freitag das nächste Spiel (Heimspiel gegen Wolfsburg, Anm. d. Red.). Wir müssen damit umgehen. Und Hoffnung und Mut schöpfen aus der zweiten Halbzeit." Da war es, isoliert betrachtet, ein guter, entschlossener Auftritt, der allerdings zu spät kam.

Mit etwas Abstand dürfte sich die Freiburger Stimmungslage dennoch wieder aufhellen. Zu Recht, denn die Chancen, zum zweiten Mal in Serie die Gruppenphase der Europa League zu erreichen, stehen weiterhin gut. Auch das wäre erneut ein großer Erfolg. Und wer weiß, vielleicht geht die Tür zur Champions League durch Patzer von Union und/oder Leipzig doch noch mal auf für den SC.

Carsten Schröter-Lorenz

Bilder zur Partie 1. FC Union Berlin gegen SC Freiburg