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Flick: Gelbe Karten? "Das wäre kein Problem gewesen"

Bundestrainer äußert sich zu den Gründen des Binden-Verzichts

Flick: Gelbe Karten? "Das wäre kein Problem gewesen"

Zeigte sich unglücklich über die FIFA-Entscheidung in Sachen Kapitänsbinde: Bundestrainer Hansi Flick. 

Zeigte sich unglücklich über die FIFA-Entscheidung in Sachen Kapitänsbinde: Bundestrainer Hansi Flick.  picture alliance/dpa

Aus Katar berichtet Matthias Dersch

Hansi Flick hatte es geahnt: Gleich zu Beginn der Pressekonferenz am Tag vor dem deutschen WM-Auftakt gegen Japan wurde ihm die Frage nach dem Verbot der "One Love"-Binde durch die Fifa gestellt. Flick atmete tief durch, ehe er im an einem Kinosaal erinnernden PK-Raum im Internationalen Medienzentrum in Doha Stellung dazu bezog. "Die Mannschaft wollte gemeinsam mit dem DFB und den anderen Verbänden ein Zeichen setzen. Dem hat die Fifa einen Riegel vorgeschoben und mit Strafen gedroht", sagte der 57-Jährige in ernstem, fast traurig wirkenden Ton und ergänzte: "Die Mannschaft ist geschockt und unzufrieden, dass es nicht machbar ist, ein Zeichen für Menschenrechte und für Vielfalt zu setzen. Für Werte, die wir leben." Man begegne sich innerhalb des Mannschaftskreises stets mit "viel Wertschätzung und viel Respekt", für ihn persönlich gehöre das "zum Leben dazu". Andere Parteien dagegen würden das "nicht so sehen".

Flick: "Verbände wollen Spieler nicht reinjagen"

Eine Gelbe Karte für den Kapitän, sagte der Bundestrainer, hätte man beim DFB in Kauf genommen. "Wir haben darüber gesprochen. Dann wäre nächstes Mal Joshua Kimmich Kapitän gewesen, dann Thomas Müller. Das wäre alles kein Problem gewesen", sagte Flick bei seinem souveränen Auftritt. Das Problem sei jedoch gewesen, dass die Fifa nicht genau benannt habe, welche Strafen sie bei Zuwiderhandlung aussprechen würde. Und auch die Kurzfristigkeit der Entscheidung, wenige Stunde vor dem Beginn der Partie der Engländer, die die Binde ebenfalls tragen wollten, habe dazu geführt, die Aktion nicht durchzuführen. "Man hatte keine Zeit mehr, darauf zu reagieren", sagte Flick, "deshalb haben die Verbände gesagt, wir wollen die Spieler da nicht reinjagen, sondern wir nehmen den Druck heraus." Das, ergänzte er, sei aus seiner Sicht "nachvollziehbar", auch wenn er es "schade" findet, "dass man für Menschenrechte nicht mal bereitstehen darf".

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Von den vielen negativen Schlagzeilen, die der Binden-Verzicht des DFB und der anderen Verbände nach sich zogen, hat Flick nach eigenem Bekunden nichts mitbekommen. Er fokussiere sich auf das, "für das ich hier bin: Dass ich die Mannschaft top auf das Turnier vorbereite". Das sei eine der Lehren, die er unter anderem aus einem Gespräch mit seinem Vorgänger Joachim Löw gezogen habe. Dieser habe ihm bei einem gemeinsamen Abendessen gesagt, er solle zusehen, dass keine Infos von außen an ihn herankommen. Flick solle sich fernhalten, "so gut es geht". Dass das nicht so leicht ist, wie es klingt, hat Flick allerdings in den vergangenen 24 Stunden zu spüren bekommen.

Kimmich wundert sich über Echo

Und auch an den Spielern ist die Situation nicht spurlos vorübergegangen, wie Joshua Kimmich, der nach Flick auf dem Podium Platz nahm, anmerkte. Neben der Entscheidung der Fifa, mit Strafen zu drohen, habe ihn vor allem das Echo auf den Verzicht auf die die Binde verwundert. "Vor ein paar Wochen noch hatte ich das Gefühl, dass die 'One Love'-Binde madig geredet wurde", sagte der Mittelfeldspieler. Der Tenor sei gewesen, "dass bringt es nichts, das ist ein bisschen ein Alibi". Nun allerdings habe er das Gefühl, als sei sie doch ein "starkes Zeichen".

Generell sei es so, "dass wir Spieler reflektiert sind und auf gewisse Missstände hinweisen". Kimmich verwies dabei unter anderem auf die Unterstützung für ein Kinderdorf in Nepal, dass der DFB in den kommenden fünf Jahren unterstützen möchte. Abschließend äußerte der 27-Jährige den Wunsch, "dass wir jetzt trotzdem den Fokus auf den Sport richten".

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Die Debatte um die One-Love-Kapitäns-Binde

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  • Am 21. September 2022 stellte der DFB die One-Love-Binde für die Spiele in der Nations League und bei der WM vor.
  • Unmittelbar vor dem WM-Spiel zwischen England und dem Iran drohte die FIFA sportliche Konsequenzen an.
  • Sieben europäische Verbände kündigten daraufhin an, auf das Tragen der Binde zu verzichten.