"Iceman" eiskalt in der Schlusssekunde
Bereits das Halbfinale hatte für enorme Spannung gesorgt. Im ersten der beiden Spiele um den Finaleinzug hatten Francesco 'Obrun2002' Pio Tagliafierro und Nicolas 'Nicolas99FC' Villalba sich ein mehr als nur würdiges Duell geliefert. Mit einer Hypothek ins Rückspiel gegangen, war es dem Italiener gelungen, die Partie zu drehen.
In der Schlussphase hatte er dann aber gleich mehrere riesige Chancen ausgelassen - und war dafür anschließend auf dramatische Art bestraft worden: Die Nachspielzeit war bereits abgelaufen, da hatte der "Iceman" Villalba seinem Namen erneut alle Ehre gemacht und mit dem letzten Ball des Spiels zur Finalteilnahme eingenickt.
'Umut' komplettiert Traumfinale souverän
Etwas weniger dramatisch hatte sich Umut 'Umut' Gültekin im zweiten Halbfinale seine Titelchance verdient. Gegen Rookie Emre 'EmreYilmaz' Yilmaz war ihm im Hinspiel zunächst ein souveränes 2:1 gelungen. Im Rückspiel hielt er diesen Vorsprung zunächst lange. Nach dem Seitenwechsel gelang dem Leipziger dann die Entscheidung, 20 Minuten vor Schluss machte er den Deckel auf das Spiel.
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"Es ist ein großartiges Gefühl, jetzt gegen Nicolas zu spielen", hatte sich Gültekin nach Abpfiff gefreut - und ein enges Endspiel prognostiziert: "Er war in meiner Gruppe, hat ein Spiel gegen mich gewonnen, ich dafür das andere. Für mich ist Nicolas gegen den Ball der beste Spieler in FIFA 22. Es wird schwer für mich, in seine Box zu kommen, aber irgendwie muss ich einen Treffer erzielen."
Finale: Villalba im Hinspiel beinahe mit dem Lucky Punch

Gewohnt stoisch brachte der "Iceman" Villalba sein Spiel durch und zog dramatisch ins Finale ein. FIFA via Getty Images
Eine Prognose, mit der er Recht behalten sollte. Im Hinspiel war die Bedeutung des Matches deutlich zu sehen. Beide tasteten sich zunächst ab, waren um Kontrolle bemüht.
Die erste Chance gab es nach 30 Ingame-Minuten für 'Nicolas99FC'. 'Umut' verlor den Ball in der Vorwärtsbewegung, Villalba tauchte frei im Sechzehner auf. Doch bevor er zum Abschluss ansetzen konnte, klärte Gültekin. Ein Weckruf, denn der Leipziger erhöhte die Schlagzahl, kam kurz vor dem Seitwechsel zu zwei guten Gelegenheiten.
Im zweiten Durchgang wendete sich das Blatt jedoch. Villalba erarbeitete sich ein Plus an Ballbesitz, wurde aber nicht nennenswert gefährlich - 'Umut' stand kompakt. Einziges Manko bei ihm: Im Umschaltspiel verlor er zu schnell wieder denn Ball.
So auch kurz vor Schluss, was 'Nicolas99FC' beinahe die Führung brachte. Aus zwanzig Metern halbrechts zog er ab, schlenzte den Ball an die Unterkante des Lattenkreuzes. Von da sprang der Ball vor die Torlinie.
Spiel mit offenem Visier
Die letzten 90 Ingame-Minuten der FIFAe Weltmeisterschaft begannen mit mehr Spielanteilen von 'Umut' und der riesigen Gelegenheit zur Führung. Nachdem Villalba im Sechzehner den Abschluss verpasst hatte, konterte Gültekin: Er umkurvte im Strafraum seinen Gegenspieler, den Torhüter, doch schaffte es anschließend nicht, den Ball im Tor unterzubringen.
Villalba schien verunsichert. Er versuchte, wieder Kontrolle in sein Spiel zu bekommen, passte den Ball in der Abwehr hin und her, ehe der Halbzeitpfiff ertönte. Zur zweiten Halbzeit des Rückspiels kam er dann besser in die Partie, scheiterte aber per Kopf am Torhüter. Es entwickelte sich ein Spiel mit offenem Visier. 'Umut' zog mit einem Schuss aus zentraler Position gegen den gegnerischen Keeper den Kürzeren.

Alle deutschen Spieler und Gültekin-Supporter ließen den Weltmeister nach seinem Triumph das Fliegen lernen. kicker eSport
15 Ingame-Minuten vor Schluss dann eine Schrecksekunde für Gültekin: 'Nicolas99FC' steckte den Ball in den Sechzehner durch, war frei vor dem Tor, setzte das Spielgerät jedoch neben den Pfosten. So dramatisch war das aber doch nicht, denn es wurde auch auf Abseits entschieden. So ging es nach torlosen 180 Ingame-Minuten in die Verlängerung.
Elfmeterschießen: 'Umut' zeigte keine Nerven
In dieser waren Torchancen hüben wie drüben Fehlanzeige, sodass das Elfmeterschießen die Entscheidung bringen musste: 'Nicolas99FC' verschoss den zweiten, 'Umut' versenkte alle und sicherte sich in einem Nervenkrimi bei seiner ersten WM-Teilnahme direkt den Titel.
"Das ist ein absolut geisteskranker Moment für mich und der schönste Tag in meinem Leben", fasste der Weltmeister nach seinem Triumph uns gegenüber seine Gefühlslage zusammen. Besonders der Support von anderen deutschen Spielern und Streamern aus dem Publikum hätte ihn dabei gepusht: "Ich bin im Tunnel, höre Musik, aber wenn die so laut sind, kriege ich das trotzdem mit. Das war ein sehr krasser Support. Auch von allen, die das gestreamt haben."
Bei aller Freude warf 'Umut' aber auch einen Blick auf den kommenden FIFA eNations Cup, bei dem er mit Mustafa 'xMusti19' Cankal das Double anstrebt: "Mein Ziel ist es, jedes Turnier und jedes Spiel zu gewinnen. Das gilt auch für 'Musti'. Wir werden versuchen, Deutschland bestmöglich zu repräsentieren, möglichst weit zu kommen und vielleicht die Trophäe zu stemmen."
Vorher will der siegreiche WM-Debütant aber den verdienten Lohn seiner Arbeit genießen und sich und seinen starken Support gebührend feiern: "Der Tag ist noch nicht vorbei. Mal schauen, was auf der After-Show-Party geht."