2. Bundesliga

Der Hamburger SV siegt ein bisschen wie der FC St. Pauli

Wille und Widerstandsfähigkeit - Jatta als Symbolfigur

Der HSV siegt ein bisschen wie St. Pauli

Tim Walter nahm Bakery Jatta nach dem Derby gegen St. Pauli in den Arm.

Tim Walter nahm Bakery Jatta nach dem Derby gegen St. Pauli in den Arm. imago images/MIS

Das 2:1 gegen St. Pauli war wie schon der Pokalkrimi unter der Woche in Köln der Nachweis, dass diese stark verjüngte Mannschaft individuell vielleicht nicht der beste Kader im nunmehr vierten Zweitligajahr ist, dass sie aber über Tugenden verfügt, die in den Vorjahren gerade in der entscheidenden Phase so schmerzlich vermisst wurden: Wille und Widerstandsfähigkeit. Dass der HSV dafür binnen einer Woche in zwei bedeutenden Spielen zweimal belohnt wurde, könnte durchaus Signalwirkung haben. Weil er gerade in den großen Partien so häufig nicht da war.

Die böse Vorahnung, dass der HSV am Ende sowieso wieder alles verspielt, hat sich im Umfeld des Ex-Dinos längst mehr verfestigt als der Glaube daran, dass diese junge Mannschaft tatsächlich entscheidende Schritte nach vorn kommen kann - die Siege in Köln und im Derby stärken den Glauben. Und: Der HSV war am Freitagabend sogar ein bisschen wie jahrelang der FC St. Pauli in diesen Stadtduellen. Er war nicht der große Favorit im Vorfeld, und er ließ sich nicht unterkriegen von einem Pausenrückstand, der den Spielverlauf komplett auf den Kopf gestellt hatte. Ein Umstand, den Walter herausstreicht: "Die Jungs haben sich kurz geschüttelt, aber es war ihnen anzumerken, dass sie bei sich bleiben."

Fortschritte und Verbesserungspotenzial

Nicht zufällig bezeichnet er den Kopfballtreffer mit dem Sebastian Schonlau nach knapp einer Stunde die St. Pauli-Führung durch Guido Burgstaller ausgeglichen hatte als "Willensleistung". Diese war exemplarisch für den Gesamtvortrag: Der HSV, in der Vergangenheit immer der Große in diesem Duell, wollte unbedingt und das am Ende vielleicht sogar ein bisschen mehr. "Der Wille", sagt Walter, "ist der entscheidende Aspekt, er kommt davon, dass wir eine brutale Bereitschaft haben. Dass die Jungs sich entwickeln wollen und auch entwickeln, dass wir aggressiv gegen den Ball sind und mutig mit dem Ball."

Tatsächlich sind deutliche Fortschritte unverkennbar, aber auch eben immer noch weitere nötig - auch diese Erkenntnis brachte das Derby. Denn dass der HSV zur Pause zurück lag, hatte nichts mit höheren Mächten, sondern mit Nachlässigkeiten und Unfertigkeiten im letzten Drittel zu tun. "Wir wissen, wo wir herkommen und woran wir weiter arbeiten müssen." Auch deshalb war es die passende Pointe unter den Freitag, dass ausgerechnet Bakery Jatta für den langersehnten Derbysieg sorgte: Der Gambier ist so etwas wie das Sinnbild des neuen HSV: zäh, extrem willig, aber eben auch unverändert unperfekt. Dass sein Abschluss zum 2:1 dagegen mustergültig war, zeigt was möglich ist mit harter Arbeit. Für Jatta. Und den HSV.

Sebastian Wolff

Ein gewagter Tipp und Triumphe mit Fluch-Charakter: Die Geschichte des Hamburger Derbys