Bundesliga

Azzouzi exklusiv: "Der deutsche Fußball verliert Talente"

Fürths Sportdirektor Azzouzi schlägt Alarm

"Der deutsche Fußball verliert Talente, weil sie zu früh zu viel verdienen"

"Die Vereine, die mehr Geld haben, holen unsere Jungs mit 12, 13, 14 Jahren weg": Fürths Sportdirektor Azzouzi.

"Die Vereine, die mehr Geld haben, holen unsere Jungs mit 12, 13, 14 Jahren weg": Fürths Sportdirektor Azzouzi. picture alliance / SvenSimon

1,9 Millionen Euro verdiente die SpVgg Greuther Fürth in der Aufstiegssaison 2020/21 allein dadurch, weil sie die "richtigen" Spieler aufstellte: Dass bei keinem Profiklub die "Local Player" mehr Einsatzminuten bekamen, also U-23-Spieler, die mindestens drei Jahre zwischen dem 15. und 21. Lebensjahr bei einem DFB-Klub registriert waren, belohnte die DFL mit dieser Summe.

"Das ist für uns ein Instrument, auf das wir bewusst setzen", erklärt Sportdirektor Rachid Azzouzi im kicker-Interview (Montagausgabe), das er gemeinsam mit dem Mainzer Vorstandsvorsitzenden Stefan Hofmann und Bochums Geschäftsführer Ilja Kaenzig gab. Mit der laufenden Saison erhöht die DFL den Topf sogar und honoriert dabei neben dem Einsatz auch die Ausbildung der Talente. Eine Sache stört Azzouzi dabei jedoch erheblich.

Ihn ärgere, "dass die jetzige Erhöhung im Grunde anderen zugute kommt. Die Vereine, die mehr Geld haben, holen unsere Jungs mit 12, 13, 14 Jahren weg und profitieren davon hinterher auch noch, weil ihnen die Ausbildungsjahre zugerechnet werden."

"Das ist für die Persönlichkeitsentwicklung oft eine Katastrophe"

Dabei gehe es ihm gar nicht um die ungleichen finanziellen Möglichkeiten an sich. "Bayern und Dortmund können so viel Geld haben, wie sie wollen. Das ist mir wurscht", so Azzouzi. "Aber wenn sie einem 14-Jährigen mehr Geld geben als wir unseren besten Spielern in der 2. Liga, dann macht das was mit der Ausbildung und dem Spieler, der vielleicht relativ früh schon die Motivation verliert und glaubt, er sei schon viel weiter. Dabei ist er nur ein Versprechen auf die Zukunft."

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Aber "das verstehen die Spieler oft nicht, und es ist auch schwer. Ganz viele kommen damit nicht klar. Dadurch verliert der deutsche Fußball hoffnungsvolle Talente, weil sie zu früh zu viel verdienen", glaubt Azzouzi und nennt den englischen Meister als Beispiel: "ManCity hatte letzte oder vorletzte Saison glaube ich 24 Linksverteidiger unter Vertrag, die sie dann verliehen haben. Ein Spieler kann sich so gar nicht mehr gesund über mehrere Stufen entwickeln. Zum Beispiel von Fürth nach Mainz und dann zu Bayern."

Stattdessen werde er "in jungen Jahren mit einem hohen Grundgehalt von einem Topverein geködert. Wenn er es nicht schafft, soll er später dann für die Hälfte in der 2. Liga spielen. Das ist natürlich ein Problem, für die Persönlichkeitsentwicklung sogar oft eine Katastrophe. Und den kleinen Klubs wird die Möglichkeit entzogen, Transferwerte zu schaffen, Substanz zu entwickeln."

Verzwergung der Bundesliga, 50+1, Super League: Das großer Dreier-Interview mit Azzouzi, Hofmann und Kaenzig lesen Sie im kicker vom Montag oder hier als eMagazine.

jpe

28.03.2017/Fussball/WIN/

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