Bundesliga

TSG Hoffenheim | Baumgartner: "Mir ging der Arsch auf Grundeis"

Manager Rosen erlebt "eine Explosion der Erleichterung"

Baumgartner: "Da ging mir der Arsch auf Grundeis"

Riesenjubel im Kraichgau: Christoph Baumgartner (re.) und die TSG nach dem Sieg über Union.

Riesenjubel im Kraichgau: Christoph Baumgartner (re.) und die TSG nach dem Sieg über Union. picture alliance / Hasan Bratic

Obwohl es noch 0:0 stand, hatten die Hoffenheimer bereits ein Eigentor geschossen. Zumindest deren Anhänger. Denn während die Profis auf dem Rasen mühten, sich angesichts des enormen Erfolgsdrucks im Abstiegskampf gegen den Champions-League-Anwärter Union Berlin zu fokussieren und zu konzentrieren, sorgten einige übermotivierte Fans gleich mal für eine in Hoffenheim bis dato ungewöhnliche wie überflüssige Spielunterbrechung. Bislang hatte sich die Südkurve mit pyrotechnischen Einlagen angenehm zurückhaltend gezeigt. Diesmal ließen dichte blau-weiße Rauchschwaden fünf Minuten lang keinen Spielbetrieb zu und bewiesen, dass vor allem den Verursachern der Durchblick fehlt. Denn die unsinnige und möglicherweise als Unterstützung gedachte Maßnahme kam nach kicker-Informationen in der Mannschaft überhaupt nicht gut an und wurde eher als hinderlich als hilfreich wahrgenommen. "Ich habe vollstes Verständnis, dass man Emotionen zeigt und ein Zeichen zeigen möchte", erklärte hinterher Trainer Pellegrino Matarazzo, "in dem Moment besteht immer ein Risiko, dass es einen  Spannungsabbau gibt, das ist aber nicht geschehen." Dennoch hatte diese Unsitte das Projekt Klassenerhalt eher gefährdet als gefördert.

"Das war schon ein riesiger Druck, der auf unseren Schultern lastete, das macht etwas mit dem Menschen", versicherte etwa Christoph Baumgartner, der ganz besonders die volle emotionale Bandbreite durchlebte. Und der erneut einen wichtigen Strafstoß für die TSG herausholte, als er den Ball soeben noch vor dem einen Tick zu spät eingreifenden Berliner Leite spielte, "er trifft mich voll, ob er davor den Ball spielt, weiß ich nicht, aber er trifft mich definitiv voll am Schienbein, der Kontakt war da", schilderte der Österreicher seine Sicht, um dann mit dem Schützen Andrej Kramaric zu bibbern, der den Elfmeter aber nervenstark verwandelte, "wenn ich mir da einen wünsche, ist das Andrej, er bleibt cool, das hat er wieder eindrucksvoll gemacht".

Spielbericht

Baumgartner macht Baumgartl keinen Vorwurf

Nach all dem Torjubel und der Euphorie förderten dann aber erst der Berliner Anschlusstreffer wieder Ängste und Zweifel zutage, und dann eine Szene, "da ist mir kurz richtig der Arsch auf Grundeis gegangen, ganz ehrlich", gestand Baumgartner. Der hatte signalisiert, behandelt werden zu müssen und das den ballbesitzenden Berlinern auch zugerufen. "Ich habe zu Timo Baumgartl gesagt, spiel den Ball raus, aber der spielte ihn in diese Moment weg, ich mache ihm da keinen Vorwurf", versicherte Baumgartner, der auch noch seinen Landsmann Trimmel adressierte, "weil ich den ja kenne, spiel den Ball raus, dann war das aber gar nicht der Trimmel - auf einmal steckt der den Ball durch und Geraldo Becker steht alleine vorm Tor." Offenkundig hatte die komplette Hintermannschaft der TSG in Erwartung einer Behandlungspause gedanklich abgeschaltet. Der nächste Schockmoment nicht nur, aber vor allem für Baumgartner, "am Ende hat Oliver Baumann super gehalten, ist noch mal gutgegangen."

Inklusive des mit dem Klassenerhalt gleichzusetzenden Happy Ends, das der infolge einer Erkältung geschwächte Baumgartner längst von außen erlebte. "Der Glaube war immer da, die Ansprüche sind andere, aber dieses Jahr ging es nur darum", so der wechselwillige 23-Jährige, der womöglich sein letztes Heimspiel in Sinsheim absolviert hat.

Rosen erleichtert, will sich aber nicht freuen

Oben auf der Tribüne lagen sich derweil die Verantwortlichen in den Armen. "Es war eine Explosion der Erleichterung", schilderte Manager Alexander Rosen, der selbstkritisch anmerkte, "dass wir uns als TSG Hoffenheim mit dieser Mannschaft, die wir haben, nicht darüber freuen sollten, am 33. Spieltag den Klassenerhalt zu schaffen. Aber aus dieser Situation wieder rauszukommen, zusammenzubleiben und die Qualität dann auf den Platz zu kriegen, ist eine besondere Leistung, da bin ich stolz aufs Team."

Wenn der Druck am höchsten ist, kann man die größten Emotionen feiern.

Pellegrino Matarazzo

"Wenn der Druck am höchsten ist, kann man die größten Emotionen feiern", erklärte Matarazzo, der im Vorjahr mit Stuttgart erst am letzten Spieltag die Klasse gehalten hatte, "es ist ein schönes Gefühl. Die Jungs haben es sich verdient, sie haben sich mit Leistung belohnt. Aus dem Tal wieder herauszukommen, und immer wieder aufzustehen, war brutal." Nun kann der erst im Oktober beim VfB entlassene Coach entspannt zum Saisonfinale nach Stuttgart fahren. "Ein Spielplanszenario, das braucht kein Mensch", so Rosen, "ich bin sehr froh, dass es für uns eine relativ geringe Bedeutung hat."

Michael Pfeifer

Bilder zur Partie TSG 1899 Hoffenheim gegen 1. FC Union Berlin