Bundesliga

Afrika-Cup oder Titelkampf? Kossounou in der Zwickmühle

Leverkusens Ivorer fehlt vor Turnier im eigenen Land das Standing im Nationalteam

Afrika-Cup oder Titelkampf? Kossounou in der Zwickmühle

Elfenbeinküste oder doch Leverkusen? Odilon Kossounou.

Elfenbeinküste oder doch Leverkusen? Odilon Kossounou. IMAGO/Mika Volkmann

Im schlechtesten Fall sind es am Ende fünf. Fünf Profis, auf die Trainer Xabi Alonso ab Januar bis zum Wochenende 10./11. Februar verzichten muss, an dem in der Elfenbeinküste das Spiel um Platz 3 und das Finale des Afrika-Cups ausgetragen werden. Und zumindest rein theoretisch könnte das Quintett komplett in diesen beiden Spielen vertreten sein, da neben Edmond Tapsoba (für Burkina Faso), Odilon Kossounou (für die Elfenbeinküste) sowie Amine Adli (für Marokko) mit Nathan Tella und Victor Boniface gleich zwei Akteure Kandidaten für Nigeria sind.

Alle fünf wurden in die vorläufigen bis zu 55 Akteure starken Aufgebote ihrer Landesverbände berufen. Und so wird man bei Bayer 04 gespannt verfolgen, wer endgültig nominiert wird. Wobei man sich in Leverkusen Hoffnungen macht, dass zwei Akteure am Ende doch nicht zu dem kontinentalen Turnier fahren könnten: Der eine ist Flügelstürmer Tella, der bei Bayer in der Liga bislang nur eine Nebenrolle spielt und dessen Platz im Aufgebot Nigerias angesichts der starken Konkurrenz nicht als sicher gilt. Der andere ist Kossounou.

Was auf den ersten Blick verwundert, spielt der 22-Jährige doch bislang eine herausragende Saison, gehört zu den Top-Verteidigern der Liga. Und dennoch hofft man bei Bayer, dass der Ivorer nicht für das Turnier in seiner Heimat nominiert wird. Der Hintergrund: In diesem Kalenderjahr kam der Abwehrspieler nur in zwei von neun möglichen Länderspielen zum Einsatz, einmal im März gegen die Komoren als Einwechselspieler über fünf Minuten. Das andere Mal im September gegen Lesotho über die komplette Spielzeit.

Kossounou in der Zwickmühle

Kossounou, so weiß man bei seinem Klub, ist mit seinem Status unter Nationaltrainer Jean-Louis Gasset nicht zufrieden. Sich trotz seiner stärksten Phase in seiner Karriere beim Afrika-Cup auf die Ersatzbank zu setzen, während er in der Bundesliga für Bayer wichtige Punkte im Titelkampf einfahren könnte, bringt den Profi in eine Zwickmühle. Eine Nicht-Nominierung würde Kossounou nicht nur mit einem weinenden Auge sehen.

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Aktiv auf diese hinzuarbeiten, wäre allerdings für alle Beteiligten eine genauso heikle Angelegenheit wie für den ivorischen Nationaltrainer, auf Kossounou zu verzichten: Nominiert Gasset den Bayer-Profi nicht, würde er sich nach dessen herausragendem Halbjahr in Leverkusen angreifbar machen.

Doch angesichts vieler hochkarätiger ivorischer Abwehrspieler erscheint dies zumindest denkbar. Schließlich hatte der Nationaltrainer im November problemlos auf den Leverkusener Verteidiger in den ersten beiden WM-Qualifikationsspielen verzichtet, nachdem Kossounou aus privaten Gründen, die keinen schwerwiegenden Hintergrund wie etwa einen Todesfall in der Familie besaßen, darum gebeten hatte.

Hat viele gute Verteidiger zur Verfügung: Jean-Louis Gasset, Nationaltrainer der Elfenbeinküste.

Hat die Qual der Wahl: Jean-Louis Gasset, Nationaltrainer der Elfenbeinküste. AFP via Getty Images

Andererseits heißt es aus dem Umfeld des Spielers, dass Gasset diesem erklärt habe, dass er beim Afrika-Cup gesetzt sei. Dass Kossounou so selten in diesem Kalenderjahr eingesetzt wurde, sei nur geschehen, weil Gasset die Spiele (da die Elfenbeinküste als Gastgeber automatisch für den Afrika-Cup qualifiziert war) nutzen wollte, um Alternativen zu testen.

Kossounou selbst befindet sich jedenfalls in einer Zwickmühle. Eine kontinentale Meisterschaft im eigenen Land bestreiten zu können, dürfte eine einmalige Gelegenheit in der Karriere des Verteidigers sein. Ein Verzicht, würde seine Nationalmannschaftskarriere grundsätzlich gefährden. Ein solcher Schritt ist auszuschließen.

Zudem wäre der Imageschaden für Kossounou bei einem Verzicht immens. Man stelle sich nur beispielsweise vor, Leverkusens Jonathan Tah würde sich im Frühjahr mit dem FC Chelsea mittels seiner im Sommer gültigen Ausstiegsklausel auf einen Wechsel zur nächsten Saison verständigen und dann Bundestrainer Julian Nagelsmann für die EURO in Deutschland absagen, weil er sonst wegen der EM-Teilnahme den ersten Teil der Vorbereitung bei Chelsea verpassen und so seine Chancen auf einen Stammplatz schmälern würde. Der mediale Widerhall wäre vernichtend.

Bayer 04 selbst besitzt ohnehin keinerlei Handhabe. Und würde Kossounou trotz Nominierung nicht antreten, könnte ihn der ivorische Verband sperren lassen. Sieht das FIFA-Reglement doch für den Fall, dass zwischen Spieler und Verband keine gegenteilige Vereinbarung besteht, vor, dass "der Spieler für (…) die Dauer seiner Abstellung, plus einer zusätzlichen Dauer von fünf Tagen, in keinem Fall für den Verein spielen" dürfe, dem er gehört.

Selbst ein kurzfristiger Rücktritt Kossounous aus der Nationalmannschaft, der abwegig erscheint, würde daran nicht definitiv etwas ändern. Ist ein solcher in den FIFA-Regularien doch nicht explizit als Ausnahmegrund erwähnt.

Bayer sind die Hände gebunden

Und selbst wenn man das Urteil des EuGH vom Donnerstag zu Ende denkt, in dem das Wettbewerbsmonopol von FIFA und UEFA aufgehoben wurde, und die Sperre eines Spielers für seinen Klub durch den Weltverband wegen der Nicht-Teilnahme an einem Turnier somit in letzter Konsequenz auf zumindest wackeligen Beine stünde, wäre dies akut kein praktikabler Weg. Bliebe doch selbst dann im Moment das hohe Risiko, wenn nicht gar die Sicherheit, dass Kossounou für Bayer gesperrt würde.

Die Position des Klubs ist folglich eindeutig: Wird Kossounou für den Afrika-Cup nominiert, dann wird er auch in seine Heimat reisen und dort antreten. Außer Gassets Verzicht auf Kossounou sieht man also keine Möglichkeit, dass dieser im Januar für Bayer spielen kann. Doch beim Tabellenführer geht man davon aus, dass der Leverkusener Leistungsträger bei der Nominierung des endgültigen Aufgebots, das spätestens am 3. Januar an den afrikanischen Fußballverband (CAF) gemeldet werden muss, unter den 27 auserwählten Akteuren des Gasgeberlandes auftaucht.

Stephan von Nocks

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