Bundesliga

Die Pausen-Liga in einer vertrackten Lage

Fanszenen kontra Deal-Befürworter

Die Pausen-Liga in einer vertrackten Lage

Die Fans demonstrieren unter anderem mit Tennisbällen gegen einen Investoren-Einstieg.

Die Fans demonstrieren unter anderem mit Tennisbällen gegen einen Investoren-Einstieg. IMAGO/Passion2Press

So hatte etwa Eintracht Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann, vergangenes Jahr interimistischer DFL-Geschäftsführer und aktuell im Präsidium des Ligaverbandes, via Bild-TV klargestellt: "Keiner der 36 Klubs hat danach beantragt, dass diese Abstimmung rechtswidrig ist. Es hat auch keiner der Klubs widersprochen, als es um die Frage der geheimen Abstimmung ging. Wir müssen schon das Votum der Klubs ernst nehmen. Wir können nicht einfach sagen, dass wir neu abstimmen."

Hintergrund: Im Dezember hatte mutmaßlich die Stimme von Hannover-96-Geschäftsführer Martin Kind, der wohl entgegen der Weisung des Stammvereins mit "Ja" gestimmt hat, für das Zustandekommen der nötigen Zweidrittel-Mehrheit gesorgt in der Frage, ob die Liga ein milliardenschweres Lizenzmodell mit einem Private-Equity-Partner eingeht. Die Liga argumentierte, Kind sei im Außenverhältnis vertretungsberechtigt gewesen, das Binnenverhältnis sei - verkürzt dargestellt - in diesem Zusammenhang nicht ihr Bier. Die organisierten Fans, aber auch Rechtsexperten sehen dadurch die 50+1-Regel verletzt.

In den vergangenen Wochen sorgten Ultras an mehreren Standorten für Unterbrechungen und beinahe für Spielabbrüche, indem sie Schokotaler und Tennisbälle aufs Feld warfen. Beim 4:3 von Hannover 96 in Hamburg am Freitagabend kam es zu einem Fadenkreuz-Plakat gegen Kind, das womöglich strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen wird. Auf Dauer wird die Liga die ständigen Unterbrechungen schwerlich hinnehmen können. Allerdings haben die Fans ein Dialogangebot ausgeschlagen. Eine transparente Neuabstimmung über den Investoren-Deal, das ist ihre Forderung - ein solcher Schritt aber würde wenig seriös auf potenzielle Partner wirken. Die Lage in der Pausen-…, Pardon, Bundes-Liga ist vertrackt.

Hellmanns Äußerungen vom Wochenende offenbaren allerdings ein spannendes Detail: Man konnte annehmen, der 52-Jährige gehe davon aus, dass Kind in der Tat mit "Ja" gestimmt habe. "Ich weiß nicht, wie Herr Kind abgestimmt hat. Sprachlich präzise hätte ich also den Konjunktiv verwenden müssen", betonte Hellmann und erklärte: "Mir ging es um folgende Klarstellung: Es wird vielfach unterstellt, dass die Stimme von Herrn Kind die 24. Ja-Stimme war. Aber selbst wenn dies so gewesen wäre, dann wäre diese Stimme rechtsgültig." Hellmann erteilt einer Neu-Abstimmung zugleich eine Absage, denn "das würde allen anderen Klubs, die daran beteiligt sind, auch eine rechtliche Möglichkeit geben, gegen eine solche Neuabstimmung vorzugehen".

Dass es - bei aller Peinlichkeit - allerdings lediglich einer weiteren Abstimmung bedürfe, die mit einfacher Mehrheit eine erneute Abstimmung verfügen könnte, hatte bereits der Vereinsrechtsexperte Prof. Dr. Lars Leuschner erläutert. Der Bonner Jura-Professor Alexander Scheuch ergänzt: "Mit einem solchen Votum wäre dann der erste Beschluss kassiert und es würde das Ergebnis des zweiten Beschlusses zählen, bei dem man dann meines Erachtens eine offene Abstimmung anberaumen müsste, um die Kind-Problematik in den Griff zu bekommen. Es wäre aus meiner Sicht ein Verfahrensfehler, wenn man Martin Kind trotz der nun hinreichend bekannten Vorgeschichte erneut verdeckt abstimmen lassen würde. Wenn er dann weisungswidrig für Ja stimmt, dürfte diese Stimme nach meiner Rechtsauffassung nicht mitgezählt werden."

Würden die Fan-Szenen im Falle einer Neu-Abstimmung ein "Ja" akzeptieren?

Im Lager der Deal-Befürworter taucht dabei die berechtigte Frage auf: Würden die Fan-Szenen denn im Falle einer Neu-Abstimmung ein "Ja" akzeptieren? Oder würde der Protest einfach weitergehen? Das dürfte auf die Umstände einer solchen ankommen, also auch die Frage, ob in allen e.V.-dominierten Klubs der Bundesliga und 2. Liga die Mitglieder eingebunden würden. In der aktuellen Lage jedoch spricht wenig für Entspannung, vielmehr sollten sich die Zuschauer fürs Erste an Unterbrechungen gewöhnen.

Eine sportrechtliche, allerdings rein theoretische Lösung böte Paragraph 18.4. der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB - allerdings müssten hierfür die Schiedsrichter den Drei-Stufen-Plan ad acta legen und schnell zu Spielabbrüchen übergehen. Der Klub, dessen Fans dann einen Spielabbruch verschulden, würde mit Niederlage bestraft werden. Fliegen Gegenstände aus beiden Blöcken, blieben beide Vereine punktlos. Dies jedoch würde aus Abstieg und der Qualifikation für das internationale Geschäft ein Roulette-Spiel machen gemäß dem Motto: Wer seine Fans besser im Griff hat, hat mehr Chancen auf Punkte. Wollen kann die Anwendung dieses Paragraphen nun wirklich niemand.

Benni Hofmann

Thema
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  • Die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit wurde bei der geheimen Abstimmung auf die Stimme genau erreicht.
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