2. Bundesliga

Hertha BSC: Der Tag der Wahrheit

Der Countdown im Kampf um die Lizenz läuft am Mittwochnachmittag ab

Hertha BSC: Der Tag der Wahrheit

Spannender Mittwoch für Herthas Präsident Kay Bernstein.

Spannender Mittwoch für Herthas Präsident Kay Bernstein. IMAGO/Matthias Koch

Die Klub-Bosse klingen betont optimistisch. "Wir sagen: Wir kriegen die Lizenz und starten in der 2. Liga", erklärte Präsident Kay Bernstein in einem am Wochenende veröffentlichten Gespräch mit dem Deutschlandfunk. "Wir haben alle Unterlagen zusammen und sind sicher, die Auflagen der DFL erfüllt zu haben, also Handlungsfähigkeit, Liquidität und Verschuldung in den Griff bekommen zu haben."

Hertha-Geschäftsführer Thomas E. Herrich hatte bereits auf der Mitgliederversammlung des Klubs am 14. Mai erklärt: "Wir sind mit Hochdruck dran und zuversichtlich, dass wir die Lizenz erhalten werden."

Hertha muss den Nachweis der wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit für die Saison 2023/24 erbringen. In dem im März eingereichten Lizenzierungsantrag des seit Jahren hochgradig defizitär arbeitenden Klubs hatten der DFL dem Vernehmen nach mehr Sicherheiten gefehlt. Als zentraler Punkt gilt die Absicherung der Ende 2018 aufgelegten, börsennotierten 40-Millionen-Euro-Nordic-Bond-Anleihe, deren Laufzeit der Klub um zwei Jahre - bis November 2025 - bei erhöhtem Zinssatz (von 6,5 auf 8,5 Prozent) verlängern will.

Die Anleihegläubiger (Banken, Vermögensverwalter, Versicherungen, Pensionsfonds etc.) haben in einem Ende Mai gestarteten schriftlichen Verfahren bis zum 19. Juni Zeit, der Verlängerung zuzustimmen. Um Herthas Plan umzusetzen, ist eine Zweidrittel-Mehrheit nötig. Vor acht Tagen hatten Herrich und Josh Wander, der CEO des Klub-Investors 777 Partners, in einem Investoren-Call bei den Anlegern um Zustimmung geworben.

Herthas Ringen um eine Bankbürgschaft

Für eine etwaige Anleiheverlängerung hat die DFL Hertha eine Fristverlängerung bis zum 21. Juni eingeräumt. Allerdings muss der Klub bereits bis zur eigentlichen Deadline, dem heutigen Mittwochnachmittag, die Absicherung der 40 Millionen nachweisen, beispielsweise in Form einer Bankbürgschaft. Hertha verhandelt hinter den Kulissen seit Wochen mit Banken und hofft weiterhin darauf, dass US-Investor 777 Partners eine Bankbürgschaft gewährt, um das eigene Investment nicht in den Sand zu setzen. Zuletzt hatte sich das Private-Equity-Unternehmen aus Miami, das im März bei Hertha eingestiegen war und 78,8 Prozent der Anteile an der Hertha-KG hält, über Wochen in diesem Punkt quergestellt, mutmaßlich aus bilanziellen Gründen.

Wieviel hat 777 wirklich an Windhorst gezahlt?

Die Drähte zwischen Verein und Investor glühten auch in den vergangenen Tagen in dieser Angelegenheit. 777 Partners hatte im März im Zuge des Einstiegs ein Investment mit dem Gesamtvolumen von 100 Millionen Euro zugesichert. In einer ersten Tranche flossen nach kicker-Informationen unmittelbar nach Vertragsabschluss etwa 27 Millionen Euro an Hertha, im Juni soll die zweite Tranche folgen. Zudem soll 777 Partners an Herthas vorherigen Investor Lars Windhorst und dessen Tennor-Holding etwa 120 Millionen Euro für den Erwerb von dessen Hertha-Anteilen gezahlt haben beziehungsweise gestaffelt zahlen müssen. Im Markt halten sich seit Wochen Hinweise, 777 habe bisher absprachegemäß erst die Hälfte des Kaufpreises - etwa 60 Millionen Euro - an Windhorst gezahlt.

Neben der Besicherung der 40-Millionen-Anleihe muss Hertha weitere knapp 20 Millionen Euro aufbringen, um die Liquiditätslücke zu schließen. Die Transfererlöse für die nach ihren Leihen zuletzt verkauften Omar Alderete (Getafe, 4 Mio. Ablöse) und Santiago Ascacibar (Estudiantes de La Plata, 2,5 Mio. Ablöse) sind dabei eines der Puzzleteile. Weitere Spielerverkäufe (u.a. Lukebakio, Piatek, Tousart, Serdar, Christensen) sind geplant, ließen sich aber bislang nicht realisieren.

Somit braucht der Klub an anderer Stelle frisches Geld. Vorzeitige Vertragsverlängerungen mit Ausrüster Nike (bisher Vertrag bis 2025), Vermarkter Sportfive (2025) und Caterer Aramark (Vertrag bis 2025 mit der Olympiastadion GmbH), die Signing Fees und Vorabzahlungen in Millionenhöhe bringen würden, galten bis zuletzt als ein möglicher Baustein, um die Liquiditätslücke zu schließen.

In einer perfekten Welt kriegen wir es diese Woche hin, und sonst müssen wir wie in der Schule nachsitzen.

Kay Bernstein

Der "Tagesspiegel" berichtete allerdings am Dienstagnachmittag, der Abschluss eines neuen Zehnjahresvertrages mit Sportfive sei nicht zustandegekommen, weil Hertha mit dem Angebot nicht zufrieden gewesen sei. Es bleibt spannend, womöglich bis zur letzten Minute - oder sogar darüber hinaus. Im "Deutschlandfunk" sagte Bernstein: "Wenn das eine oder andere nicht aufgeht, haben wir eine aufschiebende Frist bis zum 21. Juni. In einer perfekten Welt kriegen wir es diese Woche hin, und sonst müssen wir wie in der Schule nachsitzen."

Steffen Rohr

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