Bundesliga

Freiburgs Coach Streich: "Auf Dauer wirst du ausgeblutet"

Bei der Kaderplanung soll die Freiburger Fußballschule das "Lebenselixier" bleiben

Streich: "Auf Dauer wirst du ausgeblutet"

SC-Coach Christian Streich mit Yannick Keitel.

SC-Coach Christian Streich mit Yannick Keitel. IMAGO/Jan Huebner

Elf Spieler des aktuellen SC-Profikaders sind in der Freiburger Fußballschule ausgebildet worden. Und auch wenn der Verein jetzt zwei bemerkenswerte Saisons in Folge gespielt hat, soll das eigene Nachwuchsleistungszentrum so wichtig bleiben wie bisher. In der Pressekonferenz vor dem letzten Saisonspiel bei Eintracht Frankfurt (Samstag, 15.30 Uhr, LIVE! bei kicker), in dem es für den Sport-Club im Fernduell mit Union Berlin sogar noch um die Champions-League-Qualifikation geht, rief Trainer Christian Streich eindringlich dazu auf, den "Freiburger Weg" nicht zu verlassen: "Das Wichtigste ist unsere Identität." Und zu der gehöre untrennbar die Arbeit des Nachwuchsleistungszentrums.

Dass der Sport-Club auf die eigenen Talente setzt, bedeutet auch, ihre Formschwankungen und Fehler in Kauf zu nehmen, die manches Mal auch Punkte kosten können. Kenneth Schmidt hat laut Streich bei seinem ersten Bundesligaeinsatz in Mainz "Lehrgeld" gezahlt, als er sich von Karim Onisiwo "abkochen lassen hat", aber das habe er "gut weggesteckt". Dass der 20-Jährige inzwischen eine Option für die Startelf ist, sei vor vier Monaten noch nicht absehbar gewesen. Und auch Noah Weißhaupt und Kiliann Sildillia (beide 21), attestierte der SC-Coach eine gute Entwicklung, auch wenn bei Sildillia nach sehr guten Leistungen in der Hinrunde zuletzt "seine athletische Präsenz nicht mehr ganz so da war", er insgesamt "nicht mehr so frisch und griffig" war.

Solche "Wellenbewegungen" seien aber ganz normal. "Wir sind überglücklich, wenn die Jungs in der Fußballschule so betreut werden von den Pädagogen und den Trainern, dass sie fähig sind, in der der Bundesliga zu spielen", sagte Streich, "das ist für uns ein Geschenk, das ist unsere Identität." Er verwies dabei auf die Gehälter, die dank Scheichs und Milliardären in England gezahlt würden, da sei der Sport-Club "chancenlos" mitzuhalten. "Auf Dauer wirst du ausgeblutet, von dem her ist die Fußballschule für uns ein absolutes Lebenselixier."

Es ist wichtig, dass wir Trainer vernünftig bleiben, unsere Identität wahren - ich formuliere keine Ansprüche.

Christian Streich

Deshalb sei die Kaderplanung in der momentan sehr erfolgreichen Phase "ein Balanceakt" und "ein schmaler Grat", mit großen Herausforderungen für die Scoutingabteilung. "Es ist wichtig, dass wir Trainer vernünftig bleiben, unsere Identität wahren - ich formuliere keine Ansprüche", betonte Streich. Er verwies auf die gestiegene Erwartungshaltung, die er teilweise auch an sich selbst bemerke. "Wir können niemandem versprechen, dass wir nächstes Jahr annähernd so erfolgreich sind wie dieses Jahr - egal was wir machen." Er verwies dabei auf andere Vereine, die trotz großer Ausgaben in anderen Tabellenregionen unterwegs sind. "Ein Verein ist gerade abgestiegen, mit einem unglaublichen Budget."

Es sei ein Risiko, zu viele Spieler von außen dazu zu holen, mahnte er. Das hätten ihm auch Spieler bestätigt, die seit vielen Jahren im Verein sind. "Trainer, wir dürfen auf keinen Fall unseren Weg verlassen", hätten die ihm gesagt, "das ist cool." Deswegen würden auch "keine wilden Werke gemacht". Und deswegen soll auch der in Freiburg geborene und aufgewachsene U-21-Nationaltorhüter Noah Atubolu (21) befördert werden, wenn Stammkeeper Mark Flekken zum FC Brentford wechseln sollte. Und deswegen wird auch Eigengewächs Yannik Keitel (23), nach einer durchwachsenen Saison mit kleineren Blessuren und 30 Einsätzen bei 47 Partien (elfmal in der Startelf), weiter seine Chance erhalten.

SC entschied sich bewusst gegen angebotene Spieler

Dem Sport-Club seien interessante Zentrumsspieler angeboten worden, berichtete Sportdirektor Klemens Hartenbach. Nach intensivem internen Austausch habe man sich bewusst dagegen entschieden. "Wir wollen den maximalen Erfolg - aber mit unseren Mitteln", bekräftigte auch er. Keitel erhält zunächst weiter das Vertrauen, auch wenn es für seinen 2024 endenden Vertrag noch kein konkretes Verlängerungsangebot gibt. Hartenbach hat eine positive Entwicklung in Keitels Spiel hin zu mehr förderlicher Lockerheit ausgemacht, stellt aber auch klar: "Sein Ziel muss es sein, auf mehr Startelfeinsätze zu kommen."

Dass die Freiburger erneut international vertreten sind, bedeutet auch für die Talente, dass sie mehr Einsatzchancen haben. Trotzdem könnten auch wieder Spieler verliehen werden, die in der 3. Liga bereits überzeugt haben, vielleicht aber einen Zwischenschritt bei einem Zweiligisten machen könnten. Kandidaten wären beispielsweise Kimberly Ezekwem (21) und Robert Wagner (19).

Daniela Frahm

19.05.2023, Freiburg, Germany, Europapark Stadio, SC Freiburg vs VfL Wolfsburg - 1. Bundesliga, Jonathan Schmid (SC Freiburg) und Trainer Christian Streich *** 19 05 2023, Freiburg, Germany, Europapark Stadio, SC Freiburg vs VfL Wolfsburg 1 Bundesliga, Jonathan Schmid SC Freiburg and coach Christian Streich

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