Bundesliga

Wie abhängig bleibt die TSG 1899 Hoffenheim von Dietmar Hopp?

Nach der Rückgabe der Stimmenmehrheit

Wie abhängig bleibt Hoffenheim von Hopp?

Ist aktuell Thema im Kraichgau: Dietmar Hopp.

Ist aktuell Thema im Kraichgau: Dietmar Hopp. imago images/Michael Weber

Mit dem Einfluss bei Fußballklubs ist es so eine Sache in Deutschland, wo die 50+1-Regel gilt. Diese soll Investorenbestimmung begrenzen und schreibt fest, dass auch im Falle der Ausgliederung einer Profifußballabteilung der Verein mehrheitlich das Sagen haben muss.

Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und das Bundeskartellamt sind gerade in finalen Zügen, jene Regel (vermeintlich) rechtssicher zu machen, ohne die bis dato erteilten Ausnahmeregelungen zu pulverisieren. Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg verfügen über einen solchen Sonderstatus, genauso die TSG Hoffenheim. Dort jedoch gab kürzlich ziemlich überraschend Dietmar Hopp seine 2015 mit Billigung der DFL erhaltene Stimmenmehrheit an den e.V. zurück. Doch was bedeutet das eigentlich konkret?

Zweifelsohne hätten sich die Kraichgauer ohne Hopps massive Anschubfinanzierung nicht in der Bundesliga etablieren können, die Millionen aus der Tasche des 82-Jährigen sorgten immer wieder für Anfeindungen. Das erklärte Ziel des Software-Milliardärs, so sagte er es vor mehr als einem Jahrzehnt schon: "Es ist mein Ziel, diesen Verein so schnell wie möglich unabhängig zu machen."

Heute, im Frühjahr 2023, lässt sich sagen: Wirklich gelungen ist das nur vorübergehend, besonders in der Phase zwischen 2015 und 2020, als der Klub eine sportliche Blüte erlebte. Aus der damaligen Geschäftsführung um Frank Briel und Peter Görlich ist heute nur noch Finanzboss Briel übrig. Der Einfluss des heutigen Bundestrainers Hansi Flick, der 2017/18 für acht Monate Teil der Chefetage nach einer von Hopp initiierten Rückholaktion war, dürfte allein ob des kurzen Engagements überschaubar gewesen sein. Als Sportdirektor fungierte damals wie heute Alexander Rosen. Eng verbunden war jene Erfolgsphase selbstredend mit dem jüngst beim FC Bayern freigestellten Trainer Julian Nagelsmann.

Die Abhängigkeit vom sportlichen Erfolg ist enorm

Längst kriselt es wieder im Kraichgau. Hoffenheim steckt im Abstiegskampf, immerhin gibt das 3:1 gegen Hertha BSC Anlass zur sportlichen Hoffnung. Wirtschaftlich fuhr der Klub 2021/22 ein 42-Millionen-Euro-Minus ein, in der Saison zuvor lag das Ergebnis nach Steuern bei minus 23 Millionen Euro. Alleine mit den Folgen der Pandemie ist das nicht zu erklären, auch wenn sich natürlich das zwischenzeitliche Erlahmen des Transfermarkts auf das Geschäftsmodell des "Verkäuferklubs" Hoffenheim negativ auswirkte.

Ein Blick in den letzten Jahresabschluss, der nicht von Corona beeinflusst war, zeigt: 2018/19 finanzierte sich der Bundesliga-15. zuvorderst aus Mediengeld (94,3 Millionen Euro) und Transfers (22,3 Mio.). 2019/20 (Transfers: 114 Mio., Medienerlös: 73,4 Mio.) war die Abhängigkeit von jenen Posten sogar noch heftiger, dafür wies man einen Rekordgewinn von 55,6 Millionen Euro aus.

Daraus folgt aber auch: Die Abhängigkeit vom sportlichen Erfolg ist enorm, weil dieser sowohl auf Transfer- als auch Medieneinnahmen massiv einzahlt. Wer in der Tabelle abrutscht, erhält weniger aus dem TV-Pott und hat üblicherweise eine schlechtere Verhandlungsposition auf dem Mercato, weil Anreize wie internationaler Wettbewerb fehlen und weil die eigenen Profis nicht final überzeugt haben, ergo weniger im Fokus zahlungskräftigerer Konkurrenz stehen.

Stadion und das Trainingszentrum: TSG muss Miete zahlen

Damit wären wir wieder bei der Frage, wie unabhängig der Klub heute von seinem Mäzen ist, eingedenk dessen damaliger Idee von der möglichst raschen Unabhängigkeit. Hopp nämlich gibt zwar seine Stimmenmehrheit zurück, seine Kapitalanteile an der GmbH von 96 Prozent - die restlichen vier Prozent gehören dem Mutterverein um den Vorsitzenden Kristian Baumgärtner - behält er aber, wie die TSG auf Nachfrage bestätigt.

PreZero Arena

Die TSG 1899 Hoffenheim überweist jährlich für die PreZero Arena und das Trainingszentrum rund fünf Millionen Euro Miete. IMAGO/osnapix

Auch das Mietverhältnis bleibt bestehen. Für das Stadion und das Trainingszentrum fließen rund fünf Millionen Euro jährlich aus der Fußball-Spielbetriebs-GmbH an die Fußball-Besitz-Gesellschaft mbH & Co. KG, die in der Konzernbilanz zwar nicht ins Gewicht fallen. Doch jene Gesellschaft, gegründet zur Errichtung der 60 Millionen Euro teuren Arena in Sinsheim und der schmucken TSG-Geschäftsstelle in Zuzenhausen, ist einer privaten Holding-Gesellschaft Hopps zuzurechnen.

Dass diese Pacht weiter fließt und Hopp seine Kapitalanteile behält, ist einerseits nachvollziehbar, schließlich hat er einen mittleren, dreistelligen Millionenbetrag investiert. Andererseits stellt sich vor dem Hintergrund seiner ebenfalls getätigten Aussage, ihm sei es nie um Macht gegangen, die Frage: Welche Gestaltungsmöglichkeiten hat die Geschäftsführung überhaupt ohne das Plazet des Milliardärs?

Der Anspruch Hopps

Hoffenheim verfügt angesichts einer einst 240 Millionen Euro schweren stillen Einlage Hopps über ein nach wie vor üppiges Polster: Zum Stichtag 30. Juni 2021 lag das Eigenkapital bei 61,1 Mio. Euro, die Einlage rangierte bei 187,1 Mio. Aus dieser Einlage kann der Klub Verluste ausgleichen, Gewinne werden in diese abgeführt. Abzüglich des Verlusts von 42 Millionen aus 2021/22 verblieben also noch gut 200 Mio. Euro aus Eigenkapital und Einlage.

Bedürfte es aber eines Gesellschafterbeschlusses, damit die Geschäftsführung auf diese Millionen zurückgreifen könnte, etwa um zu investieren? "Details der Geschäftsordnung werden von uns weder veröffentlicht noch kommentiert", heißt es auf Nachfrage bei der TSG.

Und damit sind wir beim Anspruch Hopps, dessen Investitionen im Ausland ob der offenkundigen Bezüge zu Spielerberater Roger Wittmann für Kritik sorgten: Langfristig wolle man die Top-Sechs der Liga angreifen, hieß es im Oktober 2021. Nur: Beim Personalaufwand - 2020/21 lag dieser bei 84,4 Mio. Euro - dürfte die TSG aktuell auf Bundesliga-Rang 9 oder 10 liegen. Zum Vergleich: RB Leipzig schraubte seinen Personalaufwand zuletzt jährlich um jeweils gut 20 Millionen Euro in die Höhe. In Hoffenheim blieb man nach einem Schritt von 77 auf 83 Mio. Euro zwischen 2019 und 2020 relativ stabil.

Platz 9 oder 10 in der sportlichen Tabelle entsprächen also dem Erwartbaren auf Basis des Geldes, das der Klub ins Personal steckt. Weit besser also, als es sich aktuell darstellt. Aber eben auch nicht auf Platz sechs (oder höher). Um wie von Hopp gewünscht das obere Drittel der Liga nachhaltig anzugreifen, müsste also die stille Reserve geöffnet werden - verbunden mit dem Risiko, dass bei sportlichem Misserfolg Verluste kommen und das Millionenpolster im Hintergrund schneller abschmilzt.

Vielleicht sagt ein Satz Peter Rettigs, den der damalige Geschäftsführer im Zuge der Erteilung des 50+1-Sonderstatus für Hopp anno 2015 tätigte, mehr, als Rettig damals ausdrücken wollte: "Für uns, für mich im Tagesgeschäft wird sich dadurch rein gar nichts verändern."

Benni Hofmann

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