Bundesliga

Labbadia über den VfL: "Ich weiß, wie sie funktionieren"

Herthas Coach trifft auf Wolfsburg und seine eigene Vergangenheit

Labbadia über den VfL: "Ich weiß, wie sie funktionieren"

Hertha-Coach Bruno Labbadia trifft erstmals auf seinen Ex-Klub Wolfsburg.

Hertha-Coach Bruno Labbadia trifft erstmals auf seinen Ex-Klub Wolfsburg. imago images

Der Mann, der an Ostern 2020 in Berlin anheuerte, wirkte in Wolfsburg zwischen Februar 2018 und Mai 2019 in 50 Pflichtspielen mit Erfolg. In der Rückrunde 2017/18 führte Labbadia den VfL zum rettenden Ufer und umschiffte dabei auch die Klippen der Relegation gegen Holstein Kiel (3:1, 1:0), 2018/19 qualifizierte er sich mit Wolfsburg für den Europapokal. Ein 8:1 gegen Augsburg am letzten Spieltag und Platz 6 im End-Klassement - es war ein Ausrufezeichen zum Ende der Zusammenarbeit. Labbadia, der mit VfL-Geschäftsführer Jörg Schmadtke erkennbar nicht auf einer Wellenlänge lag, entschied für sich, die Zelte in Wolfsburg abzubrechen.

Labbadia: "Vorfreude auf ein sicherlich sehr intensives Spiel"

Am Sonntag gibt's das erste Wiedersehen mit dem vorherigen Arbeitgeber, Labbadia verspürt "Vorfreude auf ein sicherlich sehr intensives Spiel". Dass die Partie für ihn keine ist wie jede andere, gibt er zu: "Wenn man zum ersten Mal wieder gegen die Mannschaft spielt, mit der man zusammengearbeitet hat, ist es was anderes als normal. Beim VfL sind viele Spieler dabei, die schon da waren oder die ich geholt habe. Es war eine gute Zeit, die mir viel gegeben hat, nicht nur sportlich."

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Kontakt zu einigen Verantwortungsträgern und Profis des VfL pflegt er weiterhin: "Wenn man durch so viele Tiefen geht und dann einen so schönen Abschluss hat, das schweißt zusammen. Ich habe mit der Mannschaft viel erlebt." Sie dann zurückzulassen, hat ihn durchaus geschmerzt - den Schlussstrich empfand er dennoch als alternativlos. Das Kapitel Wolfsburg hat Labbadia abgehakt ("Ich bin ein Mensch, der relativ schnell hinter sich lässt, was war.").

Labbadia zu Schmadtke: "Wir werden uns ganz normal begrüßen"

Zum Wiedersehen mit Schmadtke sagte Labbadia in der Pressekonferenz am Freitag: "Wir sind seitdem nicht mehr aufeinandergetroffen und werden uns ganz normal begrüßen, weil wir eine erfolgreiche Zeit miteinander gehabt haben. Der Verein hat diese Arbeit sehr, sehr gut weitergeführt."

Der Respekt vor dem in der Liga in dieser Saison noch ungeschlagenen VfL ist spürbar. Hertha-Manager Michael Preetz nannte den Gegner "unbequem zu spielen", Labbadia unterstrich: "Sie haben jetzt über drei bis vier Jahre ihre Mannschaft so zusammen. Sie sind sehr, sehr eingespielt, arbeiten gut zusammen. Die Spieler haben sich dadurch, dass sie zweimal nach Europa gegangen sind, weiterentwickelt. Das macht sie sicherer. Sie treten als Mannschaft sehr gut auf und können darüber hinaus gut Fußball spielen. Und sie haben Einzelspieler, die Spiele entscheiden können. Das ist das, was sie sehr gefährlich macht."

Labbadia: "Der Spielstil hat sich ein bisschen geändert"

Dass er den Großteil des Wolfsburger Kaders noch aus eigenem Erleben kennt, könnte in der Spielvorbereitung helfen, wenngleich für Labbadia ein möglicher Vorteil nicht allzu stark ins Gewicht fällt: "Ich weiß, wie sie funktionieren. Aber ich steh' nicht auf dem Platz. Ich kann meiner Mannschaft mitgeben, wo die Stärken des einzelnen Spielers liegen. Der Spielstil hat sich ein bisschen geändert."

Nach den Rückschlägen gegen Frankfurt (1:3) und Aufsteiger Stuttgart (0:2) soll der erste Heimsieg gelingen. Beim Blick auf die Fakten und die Auftritte in Bremen (4:1) und bei den Top-Teams in München (3:4) und Leipzig (1:2) müsse man sagen, dass "wir uns auswärts bisher besser präsentiert haben als zu Hause. Das wollen wir am Sonntag definitiv verändern", erklärte Labbadia und fordert "dazu mindestens so eine Leistung wie in Leipzig", wo Hertha in Führung ging, mutig spielte und auch nach der Gelb-Roten Karte für Deyovaisio Zeefuik über weite Strecken passabel verteidigte.

Das war der rote Faden in dieser Woche: verstärkt an Dingen arbeiten, die zuletzt nicht optimal liefen (Standards, defensive Zweikämpfe), und zugleich die positiven Ansätze mitnehmen. "Wir haben versucht, der Mannschaft mitzugeben, wie viele gute Dinge sie in Leipzig gemacht hat", so Herthas Trainer. "Wir konnten über das Ergebnis enttäuscht sein, aber nicht über die Spielweise. Das hat die Mannschaft in dieser Woche mitgetragen."

Labbadia: "Deswegen mache ich den Job: Ich will gewinnen"

Nach vier Niederlagen in Folge will der Hauptstadt-Klub die Trendwende schaffen, aber der von außen steigende Druck kann Labbadia nach eigenen Worten nichts anhaben: "Der Druck, den ich mir persönlich selber mache, ist so groß, dass mich das von außen mittlerweile wenig tangiert, sondern eher das Innere selber. Deswegen mache ich den Job: Ich will gewinnen. Das ist ein Punkt, den ich nie verlieren werde. Deshalb nervt mich das eher, dass wir nicht die Siege einfahren."

Auch Preetz predigt Ruhe, Augenmaß und Vertrauen: "Wir müssen unterscheiden: Wir können mit dem Start nicht zufrieden sein, was die Punkteanzahl angeht. Das ist völlig klar. Aber wenn man genau in die Spiele reinschaut, gibt es ganz viele Dinge, die einen nicht nur positiv stimmen, sondern die auch ein klarer Fingerzeig sind in die richtige Richtung. Bruno verfügt über jede Menge Erfahrung, wie man mit einer solchen Situation umgehen muss. Das Wichtigste ist, dass man weiter die Arbeit mit der Mannschaft verrichtet, von der wir alle überzeugt sind, dass man die Ruhe bewahrt und trotzdem versucht, in den Spielen, die jetzt nicht einfacher werden, das Glück auf seine Seite zu zwingen."

Guendouzi brennt auf sein Debüt

Personell eröffnet sich Hertha in Abwesenheit von Zeefuik (Gelb-Rot-Sperre), Jordan Torunarigha (Syndesmoseteilriss) und Santiago Ascacibar (Muskelverletzung im Oberschenkel) eine neue Option: Arsenal-Leihgabe Matteo Guendouzi, der nach überstandener Corona-Infektion und zehn Tagen Cybertraining seit Dienstag mit dem Team trainiert, brennt auf sein Debüt. Der 21-jährige Mittelfeldspieler fühlt sich selbst "zu 200 Prozent bereit". Labbadia hat sich noch nicht final entschieden, ob er dem Kapitän der französischen U21 gleich ein Startelf-Ticket ausstellt. "Es ist gut, dass er sich so fühlt. Da haben alle Beteiligten gut gearbeitet in der Quarantäne. Es ist schwer einzuschätzen, wo Matteo genau ist. Das wird sich in den Spielen noch viel, viel mehr zeigen", sagte Labbadia. Die Trainingseindrücke sind positiv ("Man merkt, er hat richtig Lust"), der Trainer steht jetzt vor einer Abwägung: "Was brauchen wir jetzt mehr? Brauchen wir die Sicherheit von den Spielern, die die Abläufe schon kennen?" Oder könnte Guendouzi mit seiner Energie und seiner Ballsicherheit aus dem Stand das Puzzleteil sein, das Herthas Spiel komplettiert?

Grundsätzlich hält Labbadia sehr viel von dem Mann, der nach seinem Wechsel vom FC Lorient zum FC Arsenal 2018 verblüffend schnell Fuß fasste bei den Gunners: "Über kurz oder lang wird er uns helfen. Er ist jemand, der sehr oft den Ball haben möchte, immer wieder einfach spielt, was gut ist. Er ist technisch gut und kann ein Spiel ein Stück lenken, er ist so ballsicher, dass er immer wieder Bälle fordert." Das will Guendouzi am Sonntag möglichst ab dem Anpfiff zeigen.

Labbadia: "Es würde uns allen gut tun"

Ein Erfolg wäre der 100. Sieg für Labbadia als Bundesliga-Trainer, aber die Marke ist Herthas Coach egal: "Sie bedeutet mir gar nichts. Der Sieg würde mir sehr viel bedeuten, aber nicht wegen der Marke. Wir tun viel dafür, dass wir mehr Punkte machen. Die Mannschaft braucht es. Es würde ihr gut tun, es würde uns allen gut tun."

Steffen Rohr

Brisant, hitzig, emotional: Städtederbys in Europa