Bundesliga

Fußball-Bundesliga: Abbruch? Annullierung? Die Szenarien. Die Probleme

Klagen könnten drohen - Knifflige Aufstiegsfrage

Abbruch? Annullierung? Die Szenarien. Die Probleme

Ungewisse Zukunft: In den Stadien ist Einsamkeit eingekehrt.

Ungewisse Zukunft: In den Stadien ist Einsamkeit eingekehrt. imago images

Während der krampfhafte Versuch der DFL, den Spielbetrieb fortzusetzen, von Bundesliga-Managern eher gelobt wird, stößt er bei Spielern und Trainern auf weniger Gegenliebe. Bayerns Thiago twitterte, nachdem der Verband noch am Freitagmorgen an einer Austragung des 26. Spieltags festgehalten hatte: "Das ist verrückt. Bitte hört auf herumzualbern und stellt euch der Realität. Um ehrlich zu sein, gibt es viel wichtigere Prioritäten als Sport." Auch Leverkusens Trainer Peter Bosz machte sich keine Freunde, als er auf Nachfrage mehrmals sein Missfallen gegenüber Geisterspielen ausdrückte. Im niederländischen Algemeen Dagblad schilderte er die Reaktion der DFL: "Sie haben gleich einen bösen Brief geschickt."

Nachdem das neunköpfige DFL-Präsidium, dem sieben Vereinsvertreter angehören, zunächst für die Durchführung dieses Spieltags ohne Zuschauer plädiert hatte, um weitere TV-Einnahmen zu sichern, wurde es am Nachmittag von den Ereignissen überrollt. Die Rufe der Politik, komplett abzusagen, um auch außerhalb der Stadien Menschen-Ansammlungen zu verhindern, wurden immer lauter. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer verhängte ein Spielverbot. Schließlich entschied die Liga, den Spielbetrieb bis 2. April komplett auszusetzen. Wie es aussieht, wird es aber wegen des Virus auch dann noch nicht weitergehen können. In Berlin besteht zudem sogar eine Verordnung, wonach bis 19. April jegliche Benutzung von Sportanlagen verboten ist. Am Sonntag kündigte die Senatsverwaltung Ausnahmen für den Trainingsbetrieb von Profis an.

Stichtag 2. Mai

Die Szenarien, wie das Spieljahr beendet werden kann, sind zahlreich. Der kicker hat errechnet, dass es selbst bei Verschiebung der EM spätestens am 2. Mai weitergehen müsste, um national alle ausstehenden Klubtermine über englische Wochen abzuwickeln, ehe am 30. Juni ein Teil der Spieler- und Trainerverträge endet. BVB-Boss Hans-Joachim Watzke erklärte in der Sportschau: "Wenn wir in dieser Saison noch mal spielen, werden es Geisterspiele sein, das ist völlig klar."

Es ist unklar, wann und wie die Saison 2019/20 weitergeht. Gibt es einen Abbruch? Oder sogar eine Annullierung? Und wie wird dann die Aufstiegsfrage beantwortet? Einen Abbruch der Saison wollen alle Klubs wegen der drastischen finanziellen Folgen vermeiden. Ganz auszuschließen ist dieses Szenario aber nicht. Es wäre jedoch sehr problembehaftet - Meisterschaft, europäische Startplätze und den Abstieg nach der jetzigen Tabelle zu regeln, scheint quasi unmöglich. Einerseits steht das Nachholspiel von Bremen gegen Frankfurt aus, andererseits wären Klubs, die in der Rückrunde noch nicht gegen Bayern, Dortmund, Leipzig oder andere Top-Teams gespielt haben, im Vorteil. Die Tabelle einzufrieren, könnte eine Klagewelle nach sich ziehen.

Viele Fragen bei den Aufstiegsregeln

Selbst wenn auf Absteiger verzichtet und auf 20 Vereine aufgestockt wird, müsste beispielsweise der HSV als Zweitliga-Dritter ein weiteres Jahr im Unterhaus verharren. Dort könnte es bei zwei Aufsteigern und ohne Absteiger sogar bei 18 Klubs bleiben, inklusive zwei Aufsteigern aus der 3.Liga. Dort wird es dann aber besonders eng werden, weil dort jetzt schon 20 Teams unterwegs sind. Verzichtet man auf Absteiger und kommen wie geplant vier Regionalliga-Teams hoch, würde sich die Zahl der Vereine auf 22 erhöhen. Wie mit dem Aufstiegsspiel zwischen den Ersten der West- und Nordost-Staffel verfahren werden soll, ist ebenfalls ungelöst.

Auch eine Annullierung der Saison ist ein Szenario, das kaum widerspruchslos hingenommen werden dürfte. Im Oberhaus gingen die internationalen Startplätze an die gleichen Klubs wie 2019 und damit die Schere bei den Finanzen weiter auseinander.

Die Statuten der DFL und des DFB sehen für den vermutlich eintretenden Fall keine Lösung vor, weshalb die 36 Profiklubs an diesem Montag in Frankfurt/Main intensiv diskutieren und vielleicht eine Änderung beschließen werden. Beim DFB wäre dafür wohl sogar ein außerordentlicher Bundestag nötig.

Zu den Szenarien gehört, die EM in den Winter zu verlegen. Das wäre zwei Jahre vor der WM, die für November und Dezember 2022 in Katar terminiert ist. Vielleicht stellt sich am Ende sogar die Frage, den Spielplan auf das Kalenderjahr umzustellen, wie es Nordeuropas Ligen üblich ist ...

750 Millionen Euro stehen für die Liga auf dem Spiel. In der kicker-Montagsausgabe erfahren Sie, wie die Klubs im Schatten der Corona-Pandemie arbeiten, wie es weitergehen könnte - und warum die Krise auch eine Chance für den Fußball bietet.

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Michael Ebert