Bundesliga

Davie Selke: "Vor Leipzig lief alles reibungslos" - Herthas Angreifer sprach ausführlich in Berlin

Herthas Angreifer sprach ausführlich in Berlin

Selke: "Vor Leipzig lief alles reibungslos"

Spürte in Berlin gleich "pures Vertrauen": Angreifer Davie Selke.

Spürte in Berlin gleich "pures Vertrauen": Angreifer Davie Selke. imago

Davie Selke über:

...seinen Fitnesszustand:

Spielersteckbrief Selke
Selke

Selke Davie

Trainersteckbrief Dardai
Dardai

Dardai Pal

Hertha BSC - Vereinsdaten
Hertha BSC

Gründungsdatum

25.07.1892

Vereinsfarben

Blau-Weiß

mehr Infos
Bundesliga - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
Bayern München Bayern München
29
2
FC Schalke 04 FC Schalke 04
23
3
RB Leipzig RB Leipzig
23

"Ich bin ungefähr bei 95 Prozent, würde ich sagen. Bei meinem ersten Spiel, als ich gegen Schalke reinkam, war das knackig, weil ich beim Anlaufen im Sturm auch nur hinterhergelaufen bin. Danach lag ich für mehrere zehn Minuten im Kältebecken. Im Spiel am vergangenen Donnerstag gegen Luhansk habe ich mich schon sehr fit gefühlt, auch wenn es in den letzten Minuten ein bisschen eng mit der Luft wurde. Aber ich bin schon nahe an 100 Prozent."

...seinen aufgrund der U-21-EM und des Knöchenmarködems verzögerten Einstand bei Hertha:

"Das war nicht gut und kein optimaler Start. Bei der EM lief es gut, da habe ich mich gut gefühlt und auf Hertha gefreut. Es war für mich wichtig, dass ich meine Zukunft vor dem Turnier kläre und mit einem freien Kopf zur EM fahre. Dann war ich hier die ersten Wochen verletzt, es war für den Einstieg schwer. Bei einer neuen Station, da will man sich gleich zeigen. Ich wurde aber hier gut betreut. Zehn Wochen sind schon ein Stück. Am Anfang habe ich nicht gedacht, dass es so lange dauern wird. Es war eigentlich meine erste große Verletzung. Ich bin sehr froh, dass jetzt der Fuß hält, ich gut zurückgekommen bin und ich keine Schmerzen mehr habe."

...seine Verletzung:

"In den ersten ein, zwei Wochen (nach seiner Genesung, Anm. d. Red.) habe ich schon gedacht, hoffentlich hält der Fuß, hoffentlich gibt es keinen Rückschlag, weil es unangenehm und auch eine eklige Stelle an der Außenseite des Fußes im engen Fußballschuh war. Ich habe ein paar Mal versucht, mein Schuh-Modell zu ändern. Ich spiele aber schon seit vier, fünf Jahren mit demselben Modell und habe dann gemerkt, dass ich kein gutes Ballgefühl habe. Im Endeffekt gab es aber nach meinem Trainingseinstig keine Probleme. Bis jetzt hält alles sehr gut."

...seine bislang vier Tore für Hertha, insbesondere den Treffer am Sonntag beim 3:3 in Wolfsburg:

"Das Tor in Wolfsburg war wichtig für uns. Es war das verrückteste Spiel, das ich erlebt habe. Es war ein glücklicher Punkt für uns. Es hat alles gepasst. Koen Casteels hält ihn erst super, ich kenne ihn ja aus Bremen, der Ball knallt mir dann gegen den Oberschenkel, und ich darf ihn reinschieben. Das Ding endet 3:3, ein Wahnsinns-Spiel. In den anderen Spielen wurde ich super bedient. Ich bin froh, dass ich die Situationen abschließen konnte, das ist meine Aufgabe als Stürmer. Es tut gut auf dem Weg zurück nach der Verletzung."

...die Lehren aus seiner ersten größeren Verletzung:

"Es gibt ja viel schlimmere Verletzungen. Ich habe einen Einblick bekommen, was es bedeutet, mal länger raus zu sein. Das war einfach schwer. Marco Reus hat mal gesagt, dass das Schlimmste an einer Verletzung die Einsamkeit ist. Das stimmt schon. Man ist alleine, man trainiert alleine, man ist alleine in der Reha, man ist ein bisschen von der Mannschaft abgeschottet. Es ist jetzt schön, wieder bei der Mannschaft zu sein."

...die Entscheidung, nach Berlin zu wechseln:

"Ich habe mich von Anfang an gut gefühlt bei Hertha. Wir hatten im Olympiastadion ein tolles Gespräch. Da habe ich pures Vertrauen gespürt, ich habe Wertschätzung gespürt. Ich bin froh, dass ich hier sein darf."

Es war eine Zeit, die schwierig war, aus der ich aber viel gelernt habe - nämlich, dass nicht immer alles so läuft, wie man es sich vorstellt, dass verschiedene Personen andere Ansichten haben als du.

Davie Selke über seine Zeit bei RB Leipzig

...seine Zeit bei RB Leipzig:

"Dort habe ich gesehen, dass es nicht nur nach oben geht. Vor Leipzig ist eigentlich alles reibungslos verlaufen, fast schon zu gut, muss man schon sagen. In Bremen war es damals wie im Film, es ging alles sehr, sehr schnell und sehr, sehr gut. Dann kam der Wechsel, der für Aufsehen gesorgt hat. Es war für mich ein interessanter Schritt, eine interessante Aufgabe. Und es war eine Zeit, die schwierig war, aus der ich aber viel gelernt habe - nämlich, dass nicht immer alles so läuft, wie man es sich vorstellt, dass verschiedene Personen andere Ansichten haben als du. Ich konnte daraus lernen, dass es im Fußball viele Facetten gibt."

...seinen persönlichen Anteil an der Situation in Leipzig:

"Die Frage habe ich mir auch oft gestellt. Ich habe gesehen, dass es verschiedene Ansichten gibt, auch über Leistung, und man da nichts machen kann und einem die Hände gebunden sind. Ich habe im Training immer versucht, Gas zu geben, ich habe auch oft Lob bekommen für meine Trainingsleistung. Ich habe damals sehr viel Unterstützung von Horst Hrubesch erhalten. Das war sehr besonders. Obwohl ich in Leipzig nicht so viel gespielt habe, wurde ich immer zur U21 eingeladen. Ich konnte das zum Glück immer zurückzahlen. Das ist sehr wichtig für mich. Immer wenn ich Vertrauen bekomme, will ich das zurückzahlen."

"Durch unser erstes Gespräch hier in Berlin hat er mein Vertrauen gewonnen": Davie Selke mit Trainer Pal Dardai (l.). imago

...den Trainertyp Pal Dardai:

"Pal Dardai ist ein guter Typ. Er redet mit einem immer. Man merkt, dass er vor nicht allzu langer Zeit noch Spieler war. Er war lange Spieler, verfügt über eine Riesenerfahrung. Durch unser erstes Gespräch hier in Berlin hat er mein Vertrauen gewonnen, weil ich ihm alles abgekauft habe, weil es tolle Argumente waren. Es ist eine super Kommunikation, er gibt mir ein richtig gutes Gefühl."

...den Spielertyp Davie Selke:

"Ich bin ein Typ, der ein gewisses Vertrauen des Vereins spüren muss. Nach den Kriterien habe ich auch meine Entscheidung im Sommer getroffen. Ich bin ein Spieler, der sich wohlfühlen muss, der ein gutes Umfeld braucht - ein Umfeld, das an ihn glaubt. Das habe ich hier vorgefunden."

...die Frage, ob ihm vor der Zeit in Leipzig bewusst war, dass er dieses Vertrauen benötigt:

"Ich glaube, das war mir nicht ganz so bewusst. Es war in Bremen schon ein sehr spezielles Umfeld, auch für mich. Deshalb war es für mich im Sommer auch ein Thema, dass ich mir eine Rückkehr gut vorstellen konnte, weil ich dieses Umfeld, diese Wohlfühloase, wieder wollte. Ich bin schon ein Spieler, der funktionieren kann, wenn er das Vertrauen des Trainers spürt. Das ist für mich wichtig. Dass ich hier relativ gut starten konnte, lag auch daran, dass auch während meiner Verletzung Pal Dardai oder Co-Trainer Rainer Widmayer immer wieder mit mir gesprochen haben. Da habe ich super Support bekommen. Ich bin momentan 100 Prozent zufrieden."

...die Bedeutung der Entwicklung junger Spieler wie Niklas Stark und Mitch Weiser bei Hertha für seine Wechselentscheidung:

"Es war der zweite wichtige Grund für meine Entscheidung. Mitch Weiser ist einen ähnlichen Weg gegangen wie ich. Er hat hier eine tolle Entwicklung genommen und mir immer erzählt, dass es wichtig für ihn war, dass er hier das Vertrauen bekommen und zu alter Stärke gefunden hat. Niklas auch. Wenn sich die Jung so vor deiner Nase entwickeln, will man dem nacheifern."

...die Frage, ob die langfristig laufenden Verträge mit den Angreifern Salomon Kalou und Vedad Ibisevic Thema bei seiner Verpflichtung waren:

"Ja, meine Frage war, wie die Planungen aussehen. Ich muss aber sagen, dass ich mich z.B. auf Ibisevic gefreut habe, weil ich denke, dass ich mir von so einem Stürmer eine Menge abschauen kann. Wenn man über 100 Bundesliga-Tore macht, spricht die Qualität für sich. Auch von Kalou kann ich lernen, wenn man sieht, was er erreicht hat und wie bodenständig er geblieben ist und wie gut er mit jungen Spielern umgeht. Riesenrespekt, da kann man sich auch menschlich eine Scheibe abschneiden."

...den Konkurrenzkampf mit Ibisevic und Kalou:

Davie Selke (im Hintergrund: Vedad Ibisevic)

Geht's weiter nach oben? Davie Selke (im Hintergrund: Vedad Ibisevic) geht mit breiter Brust und Bescheidenheit voran. imago

"Ich bin am vergangenen Donnerstag gefragt worden, ob ich davon ausgehe, dass ich in Wolfsburg wieder von Beginn an spiele. Das sehe ich nicht so. Wenn Spieler wie Ibisevic im Kader stehen, ist es nicht selbstverständlich, dass man im nächsten Spiel gleich wieder spielt. Ich denke auch, dass Pal Dardai ein Trainer ist, der mit Spielern einen gewissen Weg geht, das hat er auch bei Weiser oder Stark gezeigt. Diese Eigenschaft gefällt mir am besten an Pal Dardai. Ich stelle keine Ansprüche, nur weil ich gerade vielleicht zweimal getroffen habe. Es wäre super, wenn es so passt, dass wir zusammen auf dem Feld stehen könnten. In Wolfsburg hat es schon gut funktioniert."

Er ist ein toller Junge, er ist sehr bodenständig, sehr zurückhaltend. Manche Leute würden sich schämen, wenn sie wüssten, was für ein guter Junge er wirklich ist.

Davie Selkie über Timo Werner

...über die Kombination im Angriff aus einem klassischen Mittelstürmer und einer beweglicheren, zweiten Spitze:

"Jedes Team kann einen Spieler gebrauchen, der sich in die Kopfbälle reinwirft und versucht, die Bälle zu halten. Am besten ist es meiner Meinung nach, dann noch einen Spieler zu haben, der drumherum spielt und in die Räume geht. Das hat Timo Werner zum Beispiel in Leipzig gezeigt, wie das funktionieren kann. Timo hat eine tolle Entwicklung genommen. Ich finde es schade, wie manchmal über ihn nur aufgrund einer Aktion geschrieben wird. Er ist ein toller Junge, er ist sehr bodenständig, sehr zurückhaltend. Manche Leute würden sich schämen, wenn sie wüssten, was für ein guter Junge er wirklich ist. Und ich glaube, dass jede Mannschaft zwei verschiedene Stürmertypen gebrauchen kann – also einen klassischen Mittelstürmer wie beispielsweise Mario Gomez und einen zweiten, der mit Speed in die Räume geht, der nicht ganz so groß ist."

...zu der Frage, wie diese Rollenverteilung bei Hertha aussehen soll:

"Es gibt auch den Ansatz, zwei Stürmer zu haben, die beide groß sind, aber trotzdem unterschiedliche Eigenschaften haben. Das hat damals in Bremen mit Franco Di Santo und mir auch sehr gut geklappt. Da war er der Typ, der die Bälle vorne gehalten hat, und ich bin in die Gasse gegangen. Das ist hier auch der Fall, glaube ich. Vedo (Ibisevic, Anm. d. Red.) ist der etwas andere Typ, er macht die Bälle gut fest, und ich bin der Typ, der in die Tiefe geht."

...seine Schwächen:

"In der Jugend hat mein Trainer Roland Reichel mal zu mir gesagt: 'Du kannst mit dem Kopf nicht mal den Ball treffen.' Das war auch so, ich war ein richtig schlechter Kopfballspieler. Seitdem habe ich versucht, an meinem Kopfballspiel zu arbeiten. Ich finde es gut, dass es ein bisschen Früchte trägt. Ansonsten muss ich spielerisch noch zulegen. Der linke Fuß geht auch immer noch besser. Es gibt noch viele Sachen, die ich verbessern muss. Vieles kommt auch mit der Erfahrung."

Aufgezeichnet von Jan Reinold

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