Bundesliga

Zu kurzer Platz, Panoramablick und kalte Duschen: SC verabschiedet Dreisamstadion

Ex-Freiburg-Coach Volker Finke ist am Sonntag gegen Augsburg Ehrengast

Zu kurzer Platz, Panoramablick und kalte Duschen: SC verabschiedet Dreisamstadion

Stadion mit Waldblick: Freiburg verabschiedet sein Schmuckkästchen.

Stadion mit Waldblick: Freiburg verabschiedet sein Schmuckkästchen. imago images/Philip Schilf

Trainer Christian Streich wäre es fast lieber gewesen, es hätte einen Festakt gegeben und kein Bundesligaspiel, in dem es um wichtige Punkte geht, hat er vor dem Abschied aus dem Dreisamstadion gesagt. Es war dem 56-Jährigen anzumerken, dass er Sorgen hat, die großen Erwartungen an dieses letzte Bundesligaspiel in dem 1954 eingeweihten Stadion könnten seine Mannschaft zu sehr belasten. "Wir dürfen nicht zu viel wollen und müssen eine emotionale Balance hinkriegen", sagte Streich und wollte sich selbst "nicht zu sehr damit verstricken".

Das dürfte allerdings schwierig sein, nachdem rund um den Verein Erinnerungen an die vorherigen 22 Bundesligajahre und auch die in der 2. Liga hervorgekramt wurden. Und Streich weiß auch, dass am Sonntagabend einige auf der Tribüne sitzen, die mit dem Verein lange verbunden sind und ihn geprägt haben. Dazu gehört auch Volker Finke, der von 1991 bis 2007 Trainer beim Sport-Club war und mit ihm 1993 erstmals in die Bundesliga aufgestiegen ist. Das letzte Erstligaspiel gegen Augsburg werde auch für ihn "emotional, aber das Schöne ist, dass man keinen Abschied nehmen muss, weil weiter dort gespielt wird", sagt Finke. Denn für die Drittligamannschaft und die Bundesliga-Frauen des SC ist das Dreisamstadion die neue Heimat, wenn das Team von Streich ins Europa-Park Stadion umgezogen ist.

Mit seiner Anfangszeit habe das heutige Stadion allerdings nicht mehr viel zu tun, erinnert sich Finke: "Wir hatten gar kein Flutlicht am Anfang, und die Spieler sind teilweise zum Duschen nach Hause gefahren, weil es kein warmes Wasser gab." Drei große Ausbauphasen hat er in seinen 16 Jahren beim SC miterlebt und auch mit vorangetrieben. "Wir haben damals in Steine investiert, und nicht in Beine", sagt Finke. Auch wenn der verstorbene SC-Präsident Achim Stocker "das Geld lieber in die Mannschaft stecken wollte" und vor jeder Ausbaustufe sorgenvoll gefragt habe: "Trainer, bleiben wir drin?"

Zu kurz, zu breit und mit einem Meter Gefälle

Der Klassenerhalt ist bis heute das einzige Ziel, das von den SC-Verantwortlichen vor jeder Saison ausgegeben wird. Auch an dem ungewöhnlichen Spielfeld hat sich in den Jahren danach nichts geändert. Bis heute braucht der Verein eine Sondergenehmigung, weil der Platz kürzer ist als erlaubt. Mit 68 Metern hat zwar die vorgeschriebene Breite, aber fast einen Meter Gefälle zur Dreisam hin. Das war nach Ansicht von Finke "nie ein Nachteil, der Fußball war dadurch auch nicht schlechter". Im Gegenteil: "Es gab immer mehr Platz für Ballbesitz- und Kombinationsfußball, schnell nach vorne zu spielen, war dagegen schwieriger. Auch wenn das hinter uns immer mal wieder von der Tribüne gefordert wurde."

Die Enge im Stadion, dass die Zuschauer nicht nur den Trainern regelrecht im Nacken sitzen, sondern an allen Seiten so nah am Spielfeld dran sind, macht für den 73-Jährigen "viel von der Atmosphäre aus". Hinzu komme noch die Lage, dass "man von überall im Stadion den Schwarzwald im Blick hat, das ist besonders", schwärmt Finke. Im Gegensatz zum aktuellen Trainer, der inzwischen fast zehn Jahre die Profis betreut und über 25 Jahre im Verein arbeitet, wird er am Sonntag Zeit haben, in Erinnerungen zu schwelgen - zum Beispiel an die drei Heimsiege gegen die Bayern in den ersten Jahren.

Streich zwischen Freude und Wehmut

Wegen der dichten Atmosphäre und der besonderen Platzverhältnisse sind die Gegner nicht gerne ins Dreisamstadion gekommen. Jetzt hoffen sie beim Sport-Club darauf, dass es den Augsburgern am Sonntag auch noch mal so geht. Streich betonte, dass es seine Aufgabe und die seiner Mannschaft sei, "nicht zu angefasst zu sein".

Dass das auch für ihn nicht ganz einfach werden dürfte, hat er zumindest vor dem vorletzten Heimspiel gegen Köln schon zugegeben. "Wenn etwas schön ist und es gefällt mir irgendwo, ist es für mich nicht so einfach loszulassen von dem Schönen und der ganzen Atmosphäre, wie es gewachsen ist und geflickt wurde", sagte Streich da und fügte hinzu: "Ich freue mich aufs neue Stadion, aber ich vermisse jetzt schon das alte."

Daniela Frahm