Bundesliga

Wolfsburg: Kein Coach, ein entmachteter Boss, viele Fragen

Kruse, Pongracic, Brekalo und Co. - beim VfL drohen Konflikte

Wolfsburg: Kein Trainer, ein entmachteter Manager und viele Fragezeichen

Ein Bild vom letzten Spieltag: VfL-Manager Jörg Schmadtke (li.) und Ex-Trainer Florian Kohfeldt.

Ein Bild vom letzten Spieltag: VfL-Manager Jörg Schmadtke (li.) und Ex-Trainer Florian Kohfeldt. imago images

Bis zum späten Samstagnachmittag plante Florian Kohfeldt die neue Saison. Nach dem 2:2-Abschluss gegen Meister Bayern schwor der Trainer seine Mannschaft in der Kabine auf die kommende Spielzeit ein, rief den Angriff auf die internationalen Ränge aus - um wenige Stunden später entlassen zu sein. Seither türmen sich die Fragezeichen rund um den VfL noch ein bisschen mehr.

Die Führung: Boss Jörg Schmadtke wollte mit Trainer Kohfeldt weitermachen und tat dies auch öffentlich kund, letztmals noch am Spieltag gegen Bayern, an dessen Vorabend die Trennung besiegelt worden war. Der Wolfsburger Aufsichtsrat hatte sich eingeschaltet, folgte jedoch nicht Schmadtkes "Weiter so"-Plan, sondern der Auffassung von Sportdirektor Marcel Schäfer, der das Risiko sah, dass Kohfeldt zu belastet in die neue Saison gehen würde.

Schäfer setzte sich durch, was einer Entmachtung Schmadtkes gleichkommt. Der Manager, der noch bis Ende Januar 2023 unter Vertrag steht, zog in der brisanten und wichtigsten Personalfrage den Kürzeren. Bleibt er trotzdem bis zum Vertragsende in Wolfsburg? Eine Konstellation, die zweifelsohne Gefahren birgt. Der VfL benötigt dringend eine Aufbruchstimmung, die der grummelige Boss bislang nicht auszustrahlen versuchte. Obendrein rumort es in der Geschäftsstelle, Misstrauen bricht sich auf allen Ebenen Bahn.

Kovac ist ein Kandidat für die Kohfeldt-Nachfolge

Niko Kovac

Gab zuletzt in Monaco das Kommando und ist jetzt ein Kandidat beim VfL: Niko Kovac. imago images

Der Trainer: Viele Namen werden gehandelt, klar ist: Wunschkandidat Matthias Jaissle wird es nicht. Der 34-Jährige zieht ein weiteres Jahr in Salzburg vor. Eigner Volkswagen soll eine große Lösung vorschweben, in diesem Zusammenhang fällt vor allem der Name Niko Kovac (zuletzt Monaco, davor Bayern und Frankfurt). Aus Belgien wird Ex-Profi Vincent Kompany mit dem VfL in Verbindung gebracht, der Belgier ist auf seiner ersten Trainerstation beim RSC Anderlecht tätig, die Parallelen zum "Experiment" mit dem als Coach ebenfalls noch eher unerfahrenen Mark van Bommel lassen diese Lösung jedoch unwahrscheinlich erscheinen.

Erfolgreiche Trainer der Bundesligakonkurrenz wie Thomas Reis (Bochum) oder Bo Svensson (Mainz) müssten aus ihren Verträgen gekauft werden, Adi Hütter ist nach seinem Aus in Mönchengladbach auf den Markt gekommen. Und dann ist da noch der Name des erfolgreichen Ex-VfL-Trainers Bruno Labbadia, der freilich nur dann zum ernsthaften Thema werden würde, sollte Schmadtke, mit dem er nicht das beste Verhältnis hatte, vorzeitig gehen. Veränderungen könnte es beim VfL auch im Staff geben. Vor allem der desolate Fitnesszustand der Mannschaft wird hinterfragt.

Der Ballbesitz-Plan ist nur noch ein Randaspekt

Die Mannschaft: Der VfL will in der neuen Saison einen Schritt zurück machen und zurückkehren zu den Tugenden, die das Team noch unter Ex-Trainer Oliver Glasner ausgezeichnet haben: eine hohe Intensität und Aggressivität, schnelles Umschalten. Mit Jakub Kaminski (Lech Posen) und Patrick Wimmer (Arminia Bielefeld) wurden schon zwei passende Spieler verpflichtet. Der extreme Ballbesitz-Plan, wie ihn im vergangenen Sommer Mark van Bommel mitbrachte, ist nur noch ein Randaspekt.

Zudem muss sich die Führung der Mannschaft, die sich in diesem Jahr extrem gehen ließ, verändern. Trainer Kohfeldt benutzte bis zu seiner Entlassung zunehmend das Wort "Konsequenz", die nun sein Nachfolger an den Tag legen muss. Ohne Rücksicht auf Namen. Dadurch dürfte Max Kruse, der unter Kohfeldt eine Sonderrolle innehatte, einen schweren Stand bekommen. Nicht wenige rechnen spätestens im Winter und zum Beginn der neuen MLS-Saison in den USA mit dem Abgang des Offensivspielers, der im Januar für fünf Millionen Euro von Union Berlin gekommen war.

Was wird aus Pongracic und Brekalo?

Weitere Konflikte drohen: Marin Pongracic (zuletzt an Dortmund verliehen) kehrt zurück, hat aber trotz Vertrages bis 2024 keine Zukunft und streitet mit dem VfL vor Gericht (Kammertermin am 9. Juni, 13 Uhr) um Prämien. Auch Josip Brekalo (Vertrag bis 2023) ist nach seiner Leihe zum FC Turin formal schon bald wieder VfL-Spieler, hat aber eigentlich keine Lust mehr auf Wolfsburg - schlechte Vorzeichen. Ebenso wieder beim VfL unter Vertrag: Ex-Kapitän Josuha Guilavogui, der mit Girondins Bordeaux in Frankreich abgestiegen ist.

Thomas Hiete

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